Hallo,
aufgrund einer Verspätung des ersten Fluges, die allerdings keine Stunde betrug, habt ihr den Anschlussflug nach Johannesburg verpasst und seid erst einen Tag später als geplant dort angekommen. Nun fragt ihr, ob ihr einen Anspruch auf Ausgleichszahlung habt, obwohl die Flüge nicht von derselben Airline durchgeführt wurden und die Verspätung auf einem Blitzeinschlag beruht.
Dazu zunächst einmal ein passendes Urteil (einfach zu finden, indem du bei Google „20a C 219/14 reise-recht-wiki.de“ eingibst):
AG Hamburg, Urt. v. 08.01.2015, Az: 20a C 219/14
Eine Fluggesellschaft ist auch dann für die Verspätung am Endziel verantwortlich, wenn die Flüge nicht bei ihr gebucht worden sind, der Flug durch die Fluggesellschaft jedoch im Rahmen eines Code-Sharing Abkommens tatsächlich erbracht worden ist.
Ein Blitzschlag auf einem vorgehenden Flug, welcher eine Verspätung durch eine daraufhin veranlasste Untersuchung begründet, stellt keinen außergewöhnlichen Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO dar.
So weit so gut. Ich werde versuchen, das zu begründen:
Grundsätzlich ist es so, dass eine solch enorme Verspätung am Ankunftsort wie eine Annullierung des Fluges behandelt wird. Hier ist Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechteverordnung entscheidend:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn, (…)
Dieser nimmt Bezug auf Artikel 7 der Verordnung:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.
Die Entfernung Hamburg – Johannesburg liegt unstreitig über 3.500 km, weshalb euch zunächst ein Anspruch in Höhe von 600€ zustehen würde. Allerdings beruft sich Lufthansa darauf, dass die Flüge nicht bei Lufthansa gebucht und auch nicht von ihr durchgeführt wurden. Außerdem sei der eigentlich verspätete Flug nicht mal eine Stunde zu spät in München gelandet.
Das ist erstmal nicht falsch. Einen Anspruch können Reisende erst geltend machen, wenn die Verspätung 3 Stunden oder mehr erleiden. Allerdings ist die Ankunftsverspätung am Zielort entscheidend. Die beträgt in eurem Fall (mit einem Tag Verspätung) weit mehr als 3 Stunden, weshalb das Argument nicht überzeugt, dass di eigentliche Verspätung nicht mehr als eine Stunde beträgt.
Allerdings ist der Anspruch auf Ausgleichszahlung an eine Voraussetzung geknüpft. Nämlich an einen einheitlichen Beförderungsvertrag. Lufthansa hat in eurem Fall bemängelt, dass die Flüge nicht bei ihr gebucht und auch nicht von ihr durchgeführt wurden. Bei einem Beförderungsvertrag ist es so, dass sich das Flugunternehmen dazu verpflichtet, die Flugverbindung zu garantieren und sich der damit verbundenen Haftung bewusst ist. Dieser Beförderungsvertrag liegt also vor, wenn Lufthansa für die gesamte Flugstrecke verantwortlich ist. Also, wenn alle Flüge von Lufthansa durchgeführt werden oder bei ihr gebucht worden sind.
Das ist hier zwar nicht der Fall, aber du sprichst vom sogenannten Code-Sharing. Hier kommt Artikel 2 der Verordnung ins Spiel:
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
(…)
b) „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt;
(…)
Lufthansa ist also aufgrund des Code-Sharings ausführendes Luftfahrtunternehmen und haftet für die Verspätung am Endziel. Hier liegt nämlich ein einheitlicher Buchungsvorgang vor, lediglich die ausführenden Fluggesellschaften wechseln sich in der Reihenfolge der Flüge ab.
Meiner Meinung nach, habt ihr also einen Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von 600€. Ich empfehle euch dennoch den Gang zum Anwalt, weil er sich mit dieser Thematik besser auskennt und die jeweiligen Einzelfälle rechtlich besser beurteilen kann.