Guten Tag lieber Fragesteller,
leider ist ihr Flug sieben Stunden später losgeflogen und insgesamt sind Sie mit einer Verspätung von 17 Stunden in München angekommen. Grund für die Misere war, dass es zu electric smells kam. Jetzt fragen Sie nach einem Ausgleichsanspruch.
Generell gilt zu sagen, dass es sich zwar nicht um eine Annullierung handelt, was allerdings einem Ausgleichsanspruch in keiner Weise entgegen steht. Denn der EuGH hat entschieden, dass Flugreisenden ebenso Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechteverordnung zustehen, sobald diese mit einer Verspätung von 3 Stunden an ihrem Ankunftsziel ankommen.
Ergo könnte durchaus ein Anspruch aus Art. 7 der Verordnung in Betracht kommen. Die Höhe bemisst sich nach der Großkreismethode anhand der Entfernung des ersten und letzten Zielortes.
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Allerdings ist wichtig zu erwähnen, dass diese Zahlung von einem ausführenden Luftfahrtunternehmen nicht ausgeführt werden muss, wenn sogenannte außergewöhnliche Umstände vorliegen und es nachweisen kann, dass die sich die Verspätung auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Fraglich ist allerdings, was man denn alles zu einem außergewöhnlichen umstand zählen kann. Der Erwägungsgrund 14 der VO gibt darüber groben Aufschluss:
Wie nach dem Übereinkommen von Montreal sollten die Verpflichtungen für ausführende Luftfahrtunternehmen in den Fällen beschränkt oder ausgeschlossen sein, in denen ein Vorkommnis auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbe- dingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luft- fahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.
Beachten Sie bitte, dass diese Auflistung nicht abschließend ist, d.h. es können auch verschieden andere Umstände hinzukommen. Generell ist es dann immer von Vorteil zu recherchieren, ob es schon Urteile zu ähnlichen Vorfällen gab. Dies habe ich auch hinsichtlich der electric smells getan:
AG Erding, Urt. v. 13.03.2013, Au.: 3 C 2101/12 (zu finden über Google; einfach eingeben:„reise-recht-wiki 3 C 21001/12“)
Ein „electric smell“, ein technischer Defekt, stellt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der FluggastrechteVO dar, welcher die Fluggastgesellschaft von einer Inanspruchnahme befreit. Bei einem Defekt eines „Electric Smells“, handelt es sich jedenfalls nicht um einen vergleichbaren Fall, beziehungsweise begründet dies kein von außen kommendes Ereignis ähnlich einem Sabotageakt beziehungsweise einem terroristischen Angriff. Ein solches Vorkommnis liegt vielmehr gerade in der Risikosphäre der Beklagten als Luftfahrtunternehmen und kann daher nicht als von außen kommendes unbeherrschbares Ereignis im Sinne von Art. 5 III der VObewertet werden.
Ich denke, dass es in ihrem Fall sehr ähnlich aussehen wird. Deshalb glaube ich, dass Sie die Ansprüche unbedingt stellen sollten. Zudem ist es im Zweifel auch sinnvoll sich von einem Fachanwalt beraten zu lassen.