Sie wollten von Dortmund nach London fliegen. Auf dem Flug kam es nun jedoch zu ein paar Komplikationen und Sie haben verschiedene Frage bezüglich Ihres Vorfalles.
1. Anspruch wegen der ursprünglichen Annullierung
Ihr ursprünglicher Flug von Dortmund nach London wurde annulliert.
Bei Annullierungen oder Flugverspätungen kommen Ansprüche aus der Europäische Fluggastrechte Verordnung EG-VO 261/2004 in Betracht:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az C-83/10 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Sie könnten also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegen die Fluggesellschaft haben. Die Höhe Ihres Anspruchs ergibt sich aus Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.
"Artikel 7 Ausgleichsanspruch.
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."
Sie haben also zunächst mal einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 EUR pro Fluggast.
2. Transferkosten Dortmund/Köln-Bonn
Sie wurden daraufhin auf einen Flug in Köln/Bonn umgebucht. Sie mussten also von Dortmund nach Köln/Bonn fahren. Nun fragen Sie sich, ob Sie diese Kosten zurückverlangen können.
Dazu hilft ein Blick auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung:
(3) Befinden sich an einem Ort, in einer Stadt oder Region mehrere Flughäfen und bietet ein ausführendes Luftfahrtunternehmen einem Fluggast einen Flug zu einem anderen als dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen an, so trägt das ausführende Luftfahrtunternehmen die Kosten für die Beförderung des Fluggastes von dem anderen Flughafen entweder zu dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen oder zu einem sonstigen nahe gelegenen, mit dem Fluggast vereinbarten Zielort.
Die Fluggesellschaft muss Ihnen also auch die Kosten für die Fahrt zwischen Dortmund und Köln/Bonn zurückerstatten.
3. Anspruch wegen Verspätung des neuen Fluges
Nun hatte jedoch leider auch der Flug, auf den Sie umgebucht wurden, eine Verspätung von über 3 Stunden.
Auch bei einer Verspätung von über 3 Stunden, also einer großen Verspätung, stehen dem Fluggast normalerweise Ansprüche aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 zu. Nun stellt sich die Frage, ob Sie wegen beider Flüge eine Ausgleichszahlung erhalten. Dazu folgendes Urteil:
BGH, Urt. v. 10.10.2017, Az: X ZR 73/16 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: X ZR 73/16 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Die Ausgleichspflicht bei Annullierung besteht unabhängig von der Möglichkeit des Fluggastes gegen die Fluggesellschaft, die den Ersatzflug durchführt, Ausgleichsansprüche wegen Verspätung geltend zu machen.
Demnach haben Sie auch wegen dem verspäteten Ersatzfluges einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Dieser stellt sich dann gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen. Falls der Flug also auch von Ryanair durchgeführt wurde, müssen Sie die Ansprüche gegen Ryanair geltend machen. Falls eine andere Fluggesellschaft den Flug durchgeführt hat, richtet sich der Anspruch gegen diese. Ich denke, dass Sie daher also eine erneute Ausgleichszahlung verlangen können.
Wegen der Komplexität des Falles könnte es aber sinnvoll sein, zusätzlich einen Fachanwalt zu Rate zu ziehen.