Hallo,
Sie haben mit der Familie einen Urlaub in Ägypten gemacht und konnten erst eineinhalb Tage später nach Hause fliegen.
Tatsächlich kann hier nicht merh die Rede von einer Verspätung sein. Im Gegenteil - hier liegt zweifelsfrei eine Annullierung vor.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az.: C-83/10 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: "EuGH C-83/10 reise-recht-wiki.de“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Im Falle der Annullierung steht dem Fluggast tatsächlich ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu. Die Höhe der Aussgleichszahlungen bemisst sich nach der Entfernung.
Im vorliegenden Fall haben Sie bereits 1.600 Euro erhalten.
Nun wollen Sie zusätzlich einen Anspruch gegen Ihren Reiseveranstalter geltend machen. Da es sich in Ihrem Fall um eine Pauschalreise handelt, haben Sie grundsätzlich richtigerweise sowohl einen Anspruch gegen die Fluggesellschaft, als auch gegen Ihren Reiseveranstalter, als Vetragspartner.
Der Reiseveranstalter hat jetzt durch deren Anwälte die Entschädigung bzw. Reisepreisminderung jedoch abgelehnt, weil er das angeblich nach der Rechtsprechung deutscher Gerichte nicht muss. Die behaupten, dass die die Entschädigung verrechnen dürften.
Es ist richtig, dass man in einem solchen Fall, in dem dem Fluggast sowohl eine Anspruch gegen die Fluggesellschaft, als auch gegen den Reiseveranstalter zusteht, davon ausgeht, dass der Fluggast überkompensioniert ist.
In diesem Fall werden die Ausgleichszahlungen auf den weitergehenden Schadensersatz der reisepreisminderung angerechnet. Damit ist die reisepreisminderung bereits in den 1.600 Euro enthalten, die Sie erhalten haben. Ein Reisepreisminderungsanspruch erlischt dann.
Wie genau in einem solchen Fall vorzugehen ist, ist jedoch umstritten. Es gibt tatsächlich Beispiele in der rechtsprechung, in denen es so praktiziert wird, wie weiter oben beschrieben.
LG Darmstadt, Urteil vom 06.04.2011, Az.: 7 S 122/10 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " LG Darmstadt 7 S 122/10 reise-recht-wiki.de")
Keine Anrechnung. Eine von einer Fluggesellschaft gezahlte Ausgleichsleistung und Entschädigung nach der Fluggastverordnung Nr. 261/04 kann auf einen Schadensersatzanspruch des Fluggastes angerechnet werden, nicht jedoch umgekehrt. Etwaige Zahlungen Dritter (wie z.B. des Reiseveranstalters) sind ohnehin nicht ohne Weiteres anrechnungsfähig.
LG Frankfurt, Urteil vom 29.11.12, Az.: 2-24 S 67/12 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " LG Frankfurt 2-24 S 67/12 reise-recht-wiki.de")
Anrechnung möglich. Wem auf Grund einer Flugverspätung bereits eine Ausgleichszahlung i.H.v. EUR 1.200,00 nach der Fluggastverordnung Nr. 261/2004 geleistet worden ist, steht kein weiterer Zahlungsanspruch gegenüber dem Reiseveranstalter wegen der insoweit mangelhaft erbrachten Reiseleistung zu, da die Ansprüche gemäß Art. 12 der Fluggastverordnung Nr. 261/2004 angerechnet werden können
Wie Sie diesen Urteilen entnehmen können, werden beide Ansichten vertreten. Es ist also vom Einzelfall abhängig.
Falls Ihnen etwas daran liegt dies abschließend zu klären, sollten Sie sich erneut der Hilfe eines Anwalts bedienen und versuchen Ihren Anspruch gegen den Reiseveranstalter auf Minderung durchzusetzten.