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Guten Tag.
Ich, Clemens,63 Jahre, interessiere mich seit gut einem halben Jahr für juristische Dinge.
Da ich Frührentner bin, habe ich auch entsprechend die Zeit dazu, mich mit verschiedenen Dingen zu beschäftigen.
Durch einen Vorfall im Bekanntenkreis, haben sich bzgl. des Themas "örtlichen und sachlichen Gerichtszuständigkeiten" bei mir ein paar Fragen ergeben und ich hoffe, hier ein paar interessante und hilfreiche antworten zu finden 8auch mit dem Hintergrund, meiner Bekannten in ihrem Verfahren etwas helfen zu können).

Sie hat bei einem Reiseveranstalter (dessen Geschäftssitz im Bezirk des Landgerichts Gießen liegt) eine Reise nach Ruanda (Ostafrika) gebucht. Soviel ich weiß, ist sie nicht nur zum Spaß dahin gereist.
Jedenfalls sollte ihr Flug von Frankfurt am Main starten.
Sie ist in Würzburg wohnhaft.
Nun jedoch gab es einige Probleme mit der Unkunft und noch ein paar andere Sachen, die meine Bekannte dazu gebracht haben, dass sie ihren Reiseveranstalter wegen Reisemangel verklagt.

So und nun frage ich mich welches Gericht dafür zuständig ist?
Sie hat ja mit dem Reiseveranstalter einen Reisevertrag abgeschlossen.
Ich habe mich etwas informiert und mir zunächst gedacht, dass sie ihre Klage in Frankfurt einreichen muss, da die "Erfüllung" des Vertrages ja erst dort begonnen hat.

Ich fragte sie, wie sie mit ihrem Fall voran kommt und sie meinte zu mir, dass sich das Gericht in Frankfurt für als Unzuständig sieht, da es sich eben keinen Gerichtsstand nach 29 ZPO sieht.
Deshalb wurde das Ganze nach Würzburg weitergeleitet, weil sie ihren Wohnort dort hat.
Dort wird jedoch wiederum darüber gestritten, ob diese auch tatsächlich dafür zuständig sind oder nicht etwa der Geschäftsort des Reiseveranstalters, Gießen.

Weiterhin habe ich mir dann die Frage gestellt, was denn eigntl. überhaupt Anwendung findet? ZPO oder die Verordnung (EU), weil es sich um einen Auslandsflug handelt.

Aber auch das LG Gießen ist sich anscheinend nicht sicher, ob sie denn zuständig sind!
Das wird momentan noch geklärt.

Keiner von uns blickt da momentan durch und anscheinend auch nicht die Gerichte.

Deshalb wollte ich wissen, wie ihr das seht und ob ihr mir diese ganze Prozedur mit der Gerichtsbarkeit erklären könnt und wie das geregelt wird, wenn Abflugort, Wohnort und Geschäftsort in Deutschland bzw. EU liegen, das Reiseziel jedoch außerhalb der EU sich befindet.

Gefragt in Reisevertragsrecht von
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Hallo Clemens, 

das ist ja eine sehr komplizierte Angelegenheit. 

Findet die EG-VO Anwendung oder die ZPO? 

So wie ich das verstanden habe, hat ihre Bekannte eine Pauschalreise gebucht. Deshalb würde ich meinen, dass in aller erster Linie das deutsche Pauschalreiserecht gilt, welches sich aus §§ 651 a ff. BGB ergibt. Daraus resultiert meiner Meinung nach, dass auch die ZPO anwendbar ist

Wo liegt der Klageort bzw. die Gerichtszuständigkeit?

Wie Sie bereits selber erwähnt haben, ergibt sich der Gerichtsstand aus § 29 ZPO: 

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

Der Wohnsitz der Klägerin wäre Würzburg. Der Reiseveranstalter ist in Gießen ansässig. Der Flug sollte in Frankfurt a.M. starten und der Urlaub in Ruanda stattfinden. 

Um ihre Frage zu klären, möchte ich das folgende Urteil kurz besprechen. Dies können Sie auf reise-recht-wiki.de einsehen:

OLG Frankfurt, Urt. v. 17.11.2015, Az.: 11 SV 72/15

Vorliegend hat der Kläger bei dem Beklagten Reiseveranstalter eine Reise nach Uganda mit Abflugsort in Frankfurt gebucht. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person bestimmt sich n. § 13 ZPO am Wohnsitz des Klägers. Dies ist in diesem Fall in Nürberg-Fürth. Die Beklagte hatte ihren Geschäftssitz im Bezirk des Landgerichts Koblenz. Die anschließende Klage wegen Reisemängeln hat der Kläger beim Landgericht Frankfurt erhoben.

Allerdings hat sich das LG Frankfurt vorliegend für unzuständig erklärt und hat die Sache an wiederum an das LG Nürnberg Fürth verwiesen.

Es begründete diese Verweisung damit, dass bei einem Reisevertrag der Ort des Abflugs keinen Gerichtsstand gemäß § 29 ZPO begründe. Fraglich wäre trotzdem, ob das LG Nürnberg-Fürth zuständig sei. Dies hänge von der Anwendbarkeit der Verordnung (EG) 44/2001 (Brüssel I VO), jetzt VO (EU) 1215/2012 (Brüssel I a VO) ab. Die Beantwortung dieser Frage wurde insofern offen gelassen, als dass dies der EuGH klären müsste. Daher hat sich das LG Nürnberg-Fürth für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Koblenz weiterverwiesen. Dies verwies wiederum den Rechtsstreit und hat sich für unzuständig erklärt. Dies war der Meinung, dass die Weiterverweisung durch das LG Nürnberg-Fürth nicht möglich gewesen sei gem. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO.Das Landgericht Frankfurt hätte den Rechtsstreit nicht verweisen können, ohne auch die gesetzlichen Rechtsfolgen hiervon zu aktivieren. Daher hat das Landgericht Koblenz die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt vorgelegt, damit dieses die Zuständigkeit bestimmen könne.

Letztendlich entschied das OLG Frankfurt, dass tatsächlich das LG Koblenz zuständig sei, da dieses durch bindende Verweisung des Landgerichts Nürnberg-Fürth für zuständig erklärt wurde. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hingegen war durch die vorherige Verweisung des Landgerichts Frankfurt nicht gebunden. Denn das Landgericht Frankfurt hatte bei seiner Verweisung die Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth offen gelassen. Damit war seine Verweisung nicht im Rahmen des § 281 ZPO erfolgt und konnte dementsprechend auch keine Bindungswirkung gem. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPOentfalten. Das angerufene Gericht müsse das zuständige Gericht ermitteln. Wenn es dies nicht abschließend tut, ist eine Verweisung unzulässig.

Zusammenfassend bedeutet dies, dass es tatsächlich möglich ist, dass der Gerichtsstand in Gießen liegt. Natürlich ist dies ein sehr komplizierter Sachverhalt, weshalb hier keine eindeutige Aussage gegeben werden kann, sondern leidglich eine Vermutung. 

Bei ganz konkreten Rechtsfragen ist es sicherlich ratsamer, einen Fachanwalt zu befragen.

Hier auch ein Forenbeitrag in dem die ganzen Grundlagen bereits besprochen wurden:

http://flugrechte.eu/13618/reiseveranstalter-fluggesellschaft-verklagen-flugverspätung?show=13618#q13618

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