Guten Tag,
anscheinend kam es auf ihrer Flugreise von München nach Punta Cana mit der ausführenden Airline Eurowings zu einer verspäteten Ankunft am Endziel in Höhe von 3, 5 Stunden. Das Flugzeug, welches ursprünglich eingesetzt werden sollte litt anscheinend unter einem technischen Defekt, weshalb ein Ersatzflugzeug organisiert wurde. Sie fragen sich nun, ob Sie trotzdem einen Anspruch auf die Ausgleichszahlungen haben und wenn ja, in welcher Höhe.
Verspätung
Dass auch Verspätungen neben Annullierungen und Nichtbeförderungen zu verschiedenen Ansprüchen aus der europäischen Fluggastrechteverordnung führt, ist schon lange bekannt. Einheitlich anerkannt ist indes auch ab welcher Verspätungshöhe es zu einer möglichen Anspruchsbegründung kommen kann. Dies kann Ihnen auch folgendes Urteil verdeutlichen:
EuGH, Urt. v. 07.09.2017, Az.: C-559/16 ( einfach zu finden, wenn man bspw. in der Suchmaschine Ecosia eingibt: „ reise-recht-wiki C 559/16“)
Die Höhe des Ausgleichsanspruchs bei Verspätungen eines Flugs wird nach der Luftlinienentfernung zwischen dem Startflughafen und dem Zielflughafen zu berechnet. Entscheidend ist eine Ankunftsverspätung am letzten Zielort in Höhe von mindestens 3 Stunden.
Bei Ihnen beträgt die letztliche Ankunftsverspätung nun wohl 3, 5 Stunden, weshalb ein Anspruch grds. schon mal bestehen könnte. Ebenso könnte man in diesem Fall von einer Annullierung ausgehen, da das erste Flugzeug nun nicht starten konnte und Ihnen ein Erstazflug angeboten wurde.
Ausgleichszahlung – Höhe?
Fraglich ist nun, in welcher Höhe diese Ausgleichsleistungen ausgezahlt werden müssten. Richtigerweise findet man in Art. 7 I dazu eine kurze Staffelung:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Die Flugstrecke (gerechnet anhand der Großkreismethode) beträgt in ihrem Fall eindeutig mehr als die 3.500 km, die unter c) angegeben sind. Daher wäre zunächst davon auszugehen, dass die Entschädigungshöhe 600 Euro beträgt.
Allerdings ist richtigerweise in Art. 7 II c) normiert, dass die Ausgleichsleistungen um 50 Prozent gekürzt werden können, wenn Sie einen Ersatzflug bereit gestellt bekommen, der es Ihnen ermöglicht mit einer Verspätung von lediglich 4 Stunden ihr Ziel zu erreichen. Dies ist bei Ihnen gelungen. Da es sich bei dem betreffenden Flug um ein Ersatzflugzeug handelte, würde ich durchaus davon ausgehen, dass dies vorliegend eine Alternative Beförderung darstellt, und die Ausgleichsleistungen gekürzt werden können.
Außergewöhnlicher Umstand?
Da Eurowings hier bereits Ausgleichsleistungen angeboten hat, erkennt das Luftfahrtunternehmen wohl an, dass es sich bei einem technischen Defekt nicht um einen außergewöhnlichen Umstand handelt, der das Luftfahrtunternehmen von der Zahlungspflicht befreit. Dies ist in meinen Augen auch richtig, bestätigt durch diese beispielhaften Urteile:
KG Berlin, Urt. v. 30.04.2009, Az.: 8 U 15/09 (einfach in einer Suchmaschine folgendes suchen: „reise-recht-wiki: 8 U 15/09“
Verspätet sich ein Flug durch einen Defekt am Flugzeug, so ist die Fluggesellschaft als Schuldner im Verzug. Entstehen den Fluggästen durch die Verspätung Mehrkosten, so ist die Fluggesellschaft zum Ersatz dieser verpflichtet.
AG Rüsselsheim, Urt. v. 11.06.2010, Az.: 3 C 387/10 (einfach in einer Suchmaschine folgendes suchen: „reise-recht-wiki: 8 U 15/09“
Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeuges auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung befreien könnten, die Ausgleichszahlung zu leisten.
Zum Schluss möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass diese Beitrag hier im Wesentlichen nur meine Persönliche Meinung zum Ausdruck bringen kann. Hinsichtlich einer konkreten Rechtsberatung ist nämlich immer ein Fachanwalt aufzusuchen.