Hallo Violetta,
Du bist von Köln/Bonn nach Hurghada geflogen und hattest dabei 3,5 Stunden verspätung. Jetzt fragst du, welche Entfernung zwischen beiden Orten relevant ist, und ob du Ansprüche gegen SunExpress hast.
Bei Flugverspätungen ergeben sich Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechteverordnung.
Art. 7 Ausgleichsanspruch.
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezuggenommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.
Der letzte Zielort ist Hurghada, sodass eine Entfernung von 3515 KM vorliegt und ein Anspruch in Höhe von 600 Euro besteht.
Grundsätzlich ist die Berechnungsart der Großkreisentfernung aber tatsächlich höchst umstritten. Zwar wird bei der Ermittlung der Entfernung der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt (§ 7 Abs. 1, S. 2 VO). Über den Ort, an dem die Berechnung beginnen soll, sagt die Verordnung jedoch nichts. Seither wird darüber diskutiert, ob eine Addition der Teilstrecken möglich ist, oder nicht.
Landgericht Landshut, Urteil vom 16.12.2015, Az. 13 S 2291/15 (einfach zu finden, wenn du Google folgendes eingibst: „13 S 2291/15 reise-recht-wiki.de“)
Das Landgericht Landshut hat entschieden, dass für die Ermittlung der Entfernung, welche Grundlage für eine Entschädigung nach der Fluggastrechteverordnung bei Verspätung, Annullierung und Nichtbeförderung ist, nicht die einzelnen Teilstrecken eines aus mehreren Flugsegmenten bestehenden Fluges zusammenaddiert werden dürfen. Bei der nach der Großkreismethode zu berechnenden Entfernung, ist vielmehr lediglich die Entfernung zwischen dem Startflughafen und dem Zielflughafen maßgebend. Da diese Frage von den deutschen Gerichten aber nicht einheitlich entschieden wird, hat das Landgericht Landshut die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Folgt man diesem Urteil, dürften Teilstrecken somit nicht addiert werden.
Anders entschied jedoch das Amtsgereicht Frankfurt.
AG Frankfurt, Urteil vom 11.10.2013, Az: 29 C 1952/13 (81) (einfach mal bei Google "29 C 1952/13 (81) resie-recht-wiki" eingeben)
Das Amtsgericht Frankfurt am Main entschied zu Gunsten des Fluggastes. Denn bei der Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung sei die Summe der Einzelstrecken maßgeblich und nicht der Abstand zwischen dem ersten Abflugort und dem letzten Zielort. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Fluggastrechte Verordnung bei der Staffelung der Ausgleichszahlungen davon ausgehe, dass die Unannehmlichkeiten für den Fluggast mit der Entfernung wachsen und somit einen Bezug zur tatsächlich geflogenen Strecke herstelle. Daher sei auf die Summe der Einzelstrecken abzustellen.
Dieser Streit ist jedoch in deinem Falle nicht zu entscheiden, da schon der Wortlaut der Verordnung dafür spricht, dass du einen Anspruch in Höhe von 600 Euro geltend machen kannst.
Dieses stellt jedoch nur eine Rechtseinschätzung dar, weshalb es für Sie sinnvoll sein könnte, einen Fachanwalt für Reiserecht einzuschalten.