Sie haben einen Flug bei Eurowings von Düsseldorf nach Atlanta für den 29.03.2020 gebucht. Nun wurde der Flug jedoch erheblich verändert und Sie fragen daher nach Ihren Ansprüchen.
Mögliche Ansprüche ergeben sich aus der europäischen Fluggastrechteverordnung. Die Ansprüche aus der Verordnung kommen dann in Betracht, wenn eine Annullierung oder große Verspätung vorliegt.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
In Ihrem Fall wurden sowohl die Flugzeiten, als auch die Flugroute und die Flugnummer Ihres ursprünglich gebuchten Fluges geändert. Es ist daher von einer Annullierung des ursprünglich gebuchten Fluges auszugehen.
Ansprüche ergeben sich dann aus Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechteverordnung:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet (...)
Sie könnten also zunächst einmal einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Artikel 7 EU-VO haben. Dieser Anspruch auf Ausgleichszahlungen entfällt gemäß Artikel 5 Absatz 1 c) i), wenn Sie über die Verschiebung der Flugzeiten mehr als 2 Wochen im Voraus unterrichtet werden. Sie wurden am 26.03.2020 über die Änderung des Fluges unterrichtet, der am 29.03.2020 stattfinden soll. Die Frist wurde in Ihrem Fall also nicht eingehalten. Daher könnte Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 haben:
"Artikel 7 Ausgleichsanspruch.
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."
Von diesem Anspruch auf Ausgleichsleistung kann sich die Fluggesellschaft allerdings außerdem befreien, wenn sich die Fluggesellschaft auf außergewöhnliche Umstände beruft, siehe Art. 5 Abs. 3, VO 261/2004 der EU-VO.
Ich gehe davon aus, dass Grund für die Annullierung das Corona-Virus war. Fraglich ist also, ob das Corona-Virus einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Gemäß EU-Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, wenn der Grund für Verspätung oder Annullierung „außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaft” liegt. Die drohende Coronavirus-Pandemie liegt außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaften und ist daher ein außergewöhnlicher Umstand.
Allerdings können sich die Airlines nicht Pauschalreise auf den Virus als “außergewöhnlichen Umstand” berufen. Streicht eine Fluggesellschaft einen Flug, kann die Stornierung nicht automatisch und pauschal auf Coronavirus zurückgeführt werden. Dass aufgrund des Ausbruchs des Viruses die Reiselust signifikant niedriger ist und deshalb nicht ausgebuchte Flüge annulliert werden, basiert auf wirtschaftlichen Überlegungen und könnte eine Entschädigungszahlung begründen.
Das bedeutet, dass ein außergewöhnlicher Umstand nur dann anzunehmen ist, wenn die Fluggesellschaft den Flug aufgrund des Viruses annullieren musste, nicht aber dann, wenn sich die Flüge aus rein wirtschaftlichen Gründen einfach nicht mehr lohnen.
Sie haben aber auf jeden Fall einen Anspruch auf die Betreuungsleistungen aus Artikel 8 VO Nr. 261/2004:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Sie haben also tatsächlich die Möglichkeit den Flug zu stornieren und die gesamten Fluggscheinkosten erstattet zu bekommen.
Ansonsten könnten Sie die Fluggesellschaft auch noch einmal kontaktieren und sie nach einer alternativen Beförderung fragen.
Weil es sich hierbei allerdings nur um meine persönliche Einschätzung handelt und kein Rechtsrat darstellen soll, empfehle ich jedoch das Einschalten eines Anwalts.