Guten Tag,
für den Fall, dass Sie hier einen Flug und keine komplette Reise gebucht hatten, ergibt sich für Sie ein Anspruch wegen Gepäckverspätung.
Gepäckverspätungen sind in Art. 19 des Montrealer Übereinkommens (MÜ) geregelt. Darin heißt es, dass jeder Schaden ersetzt werden muss, der durch die Gepäckverspätung entsteht, wenn diese durch den Luftfrachtführer nicht verhindert werden konnte. Es ist in Ihrem Fall nicht ersichtlich, weswegen die Verspätung so ungewöhnlich war, dass sie nicht zu verhindern gewesen sein soll. Daher haben Sie zunächst einen Anspruch darauf, dass Ihr Schaden ersetzt werden muss.
Zu beachten ist allerdings eine Haftungsobergrenze. Diese liegt derzeit bei 1131 Sonderziehungsrechten pro Person. Hierbei handelt es sich um eine künstliche Währung, 1131 Sonderziehungsrechte entsprechen derzeit etwa 1300€. Über diesen Betrag hinaus muss bei Gepäckverspätungen oder Verlust des Gepäcks nicht gehaftet werden.
Da Sie also einen Schadensersatzanspruch bis zu dieser Grenze haben, muss als nächstes bestimmt werden, worin genau Ihr Schaden besteht. Der Schaden setzt sich zusammen aus allen finanziellen Aufwendungen, die Sie wegen der Gepäckverspätung zusätzlich auf sich nehmen mussten. Dies sind in Ihrem Fall zunächst die Neueinkäufe (Buggy, Kleidung, Windeln etc.), weiterhin können auch die Telefonkosten, die durch die Telefonate mit AirBerlin entstanden sind, als Schaden geltend gemacht werden. Für den Fall, dass Sie zusätzliche Fahrten auf sich nehmen mussten, um Ihr Gepäck in Empfang zu nehmen, können auch die Kosten hierfür als Schaden gelten.
Wenn AirBerlin nur 50% des angefallenen Betrages zahlen möchte mit dem Argument, die Dinge würden ja weiterhin genutzt, so ist dies zunächst ein sehr willkürlicher Betrag, der gesetzlich auch so nicht genannt ist. Plausibel mag dies allenfalls für die Kleidung erscheinen. Allerdings hätten Sie auch diese Anschaffungen nicht tätigen müssen, wenn das Gepäck pünktlich da gewesen wäre, da Sie die Babybekleidung eigentlich bereits haben. Die Anschaffungen waren für Sie also nach dem Urlaub überflüssig. Das Argument kann daher nicht gelten. AirBerlin muss den Schaden bis zur Grenze von 1300€ komplett ersetzen.
Einen Anspruch auf Rückzahlung des Flugpreises (bzw. Rückerstattung der Meilen) haben Sie jedoch nicht. Denn den Flug haben Sie antreten können, das einzige Problem des Fluges war die Gepäckverspätung. Das MÜ sieht hierfür nur den Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens nach Art. 19 MÜ vor.
Entgangene Urlaubsfreude können Sie ebenfalls nicht geltend machen, wenn Sie nur einen Flug gebucht haben. Denn dieser Anspruch bezieht sich lediglich auf Reiseverträge. Bei bloßen Flügen ist er nicht vorgesehen.
Haben Sie also einen Reisevertrag geschlossen, kommt so ein Anspruch in Betracht. Gerade bei Kurzreisen kann man davon ausgehen, dass eine Gepäckverspätung die Urlaubsfreude erheblich mindern kann. Sollten Sie also eine Komplettreise gebucht haben, ist es gut möglich, dass Sie den Reisepreis wegen entgangener Urlaubsfreude mindern können. Dieser Anspruch richtet sich dann jedoch gegen den Reiseveranstalter. Ein fester Prozentsatz der Minderung lässt sich nicht vorhersagen, dieser hängt von den Details Ihrer Situation ab.
Urteile:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84
(zu finden unter der Google-Suche „32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki“)
Geht Gepäck verloren oder kommt es verspätet an, so hat ein Fluggast gegen das befördernde Luftfahrtunternehmen einen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 19 des Montrealer Übereinkommens. Dies gilt für alle Airlines, die in Ländern ansässig sind, die Vertragspartner des Übereinkommens sind (Deutschland und Österreich zählen beide dazu).
AG Frankfurt a.M. - Urteil vom 13.06.2013, Az. 29 C 2518/12(19)
(zu finden unter der Google-Suche „29 C 2518/12(19) reise-recht-wiki“)
Wenn Gepäck verspätet oder überhaupt nicht am Urlaubsort ankommt, so ist es angemessen, wenn sich die Reisenden für die Zeit, in der sie kein Gepäck haben, mit komplett neuer Kleidung versorgen. Der daraus entstehende finanzielle Schaden muss nach dem Montrealer Übereinkommen komplett durch das Flugunternehmen ersetzt werden.
LG Berlin, Urteil vom 23.04.2013, Az. 22 O 197/12
(zu finden unter der Google-Suche „22 O 197/12 reise-recht-wiki“)
Ein Gepäckschaden (oder eine Gepäckverspätung) haftet das verantwortliche Luftfahrtunternehmen nur bis zu einer Obergrenze von ca. 1300€, unabhängig davon, wie groß der entstandene Schaden ist.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.05.2001, Az. 29 C 2166/00-46
(zu finden unter der Google-Suche „29 C 2166/00-46 reise-recht-wiki“)
Geht bei einer Pauschalreise Gepäck auf dem Flug verloren oder kommt es verspätet an, so kommt eine Minderung des Reisepreises in Betracht. Diese richtet sich danach, wie stark die Reise durch fehlendes Gepäck eingeschränkt ist.