Sehr geehrter Fragesteller,
Sie schildern einen Fall einer ungewöhnlich langen Verspätung Ihres Gepäcks. Für Gepäckverspätungen gibt es internationale Vorschriften, die im Montrealer Übereinkommen geregelt sind. Dieses ist also in Ihrem Fall anwendbar.
Vorab: Manche Airlines neigen dazu, entweder falsche Informationen über Ihre Rechte bei verspätetem Gepäck zu streuen (der bekannte „Tagessatz“ als Entschädigung, der so jedoch nirgends festgelegt ist) oder aber eine Entschädigung direkt auszuzahlen – in Ihrem Fall also 160€. Das mag zunächst kulant wirken, ist aber in Wirklichkeit eine Möglichkeit für die Airline, deutlich günstiger dazustehen als sie eigentlich müsste. Denn die Ansprüche aus dem Montrealer Übereinkommen stellen Sie tatsächlich besser.
Richtig ist zumindest, dass KLM – gemäß Montrealer Übereinkommen der Luftfrachtführer, also die Airline, die Ihr Gepäck transportieren sollte – für den Schaden aufkommen muss. Wegen Ihrer Ansprüche müssen Sie sich daher an KLM wenden (und nicht etwa an den Betreiber des Zielflughafens).
In Ihrem Fall kam das Gepäck gar nicht im Urlaub an, weswegen Ihnen und vor allem Ihrer Frau wesentliche Gegenstände für den Urlaub fehlten. Sie haben daher gemäß Artikel 19 des Montrealer Übereinkommens einen Anspruch auf Schadensersatz. Zu ersetzende Schäden, die Ihnen wegen fehlendem Gepäck entstehen, sind beispielsweise alle zusätzlichen Kosten, die Sie auf sich nehmen mussten, um auch im Urlaub versorgt zu sein. In Ihrem Fall wird dies beispielsweise die Neuanschaffung von Kleidung für zwei Tage, im Fall Ihrer Frau sogar für den ganzen Urlaub sein. Auch weitere Gegenstände, die Sie im Urlaub nötigerweise nachkaufen mussten und die in Ihrem Koffer waren, stellen hier eine Grundlage für den Schadensersatz dar.
Gemäß Artikel 22, Absatz 2 des Montrealer Übereinkommens ist der Schadensersatz auf 1131 Sonderziehungsrechte pro Person begrenzt. Es handelt sich hierbei um eine künstliche Währung. 1131 Sonderziehungsrechte entsprechen derzeit etwa 1300€. Maximal bis zu dieser Höhe können Sie also beide Schadensersatz geltend machen. Der Schaden, den Sie erlitten haben, muss hierbei belegt werden.
Weiterhin müssen Sie die Verspätung schriftlich bei der Fluggesellschaft anzeigen. Dies muss nach dem Übereinkommen innerhalb von 3 Wochen, nachdem Sie ihr Gepäck endlich erhalten haben, geschehen. Zögern Sie also nicht mehr zu lange damit!
Urteile im einzelnen:
AG Frankfurt a.M. - Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84
(zu finden im Volltext unter der Google-Suche „32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki“)
Geht Gepäck verloren oder kommt es verzögert an, so hat ein Fluggast gegen das befördernde Luftfahrtunternehmen einen Anspruch auf Schadensersatz nach dem Montrealer Übereinkommen. Dies gilt für alle Luftfahrtunternehmen, die in Ländern ansässig sind, die Vertragspartner des Übereinkommens sind (dies ist hier der Fall).
OLG Frankfurt a.M. - Beschluss vom 29.06.2012, Az. 16 U 66/12
(zu finden im Volltext unter der Google-Suche „16 U 66/12 reise-recht-wiki“)
Ein Fluggast muss einen Gepäckverlust ausnahmslos bei der Fluggesellschaft anzeigen. Dies gilt auch dann, wenn Gepäck nur teilweise verloren gegangen ist, da das Unternehmen den Verlust auch einzelner Gepäckteile nachvollziehen können muss.
AG Frankfurt a.M. - Urteil vom 13.06.2013, Az. 29 C 2518/12(19)
(zu finden im Volltext unter der Google-Suche „29 C 2518/12(19) reise-recht-wiki“)
Kommt Gepäck verspätet oder gar nicht am Urlaubsort an, so ist es angemessen, wenn sich die Reisenden der Verspätung entsprechend mit komplett neuer Kleidung versorgen. Der daraus entstehende finanzielle Schaden muss nach dem Montrealer Übereinkommen durch das Flugunternehmen ersetzt werden.