Lieber Mario,
zunächst einmal müsste ich noch ein Paar Infos von dir haben, um deine Fragen ausführlich beantworten zu können. Im Flugreiserecht wird nämlich grundsätzlich zwischen Nur-Flügen und Flügen unterschieden, die einen Teil einer Pauschalreise darstellen. Je nachdem welche dieser beiden Situationen auf deinen Flug zutrifft, zieht unter Umständen andere Rechte und Ansprüche nach sich.
Da aber in beiden Situationen grundsätzlich die Möglichkeit besteht Ansprüche nach der europäischen Fluggastrechte-VO geltend zu machen, werde ich im Folgenden lediglich hierauf eingehen.
Ansprüche nach VO (EG) 261/2004
Anwendungsbereich
Zunächst einmal müsste diese VO auf deinen Flug anwendbar sein. Dies ist gem. Artikel 3 Abs. 1 der VO dann der Fall, wenn es sich entweder um einen Flug handelt, der von einem Flughafen auf dem Gebiet der EU startet oder um einen Flug, der in das Gebiet der EU aus einem Drittstaat zurück führt, wenn es sich bei der durchführenden Fluggesellschaft um eine solche der Europäischen Gemeinschaft handelt. Daher wäre es wichtig zu wissen was Start-und Zielflughafen des Fluges sind und welche Airline den Flug durchführt.
Annullierung des Fluges
Ist die VO auf deinen Fall anwendbar, regelt sie grundsätzlich die Rechte bei Nichtbeförderung, Annullierung und Verspätung. In deinem Fall kommt wohl eine Annullierung des Fluges in Betracht. Nach der VO ist eine Annullierung dann gegeben, wenn eine Nichtdurchführung eines geplanten Fluges vorliegt, für den zumindest ein Platz reserviert war. In deinem Fall war dieser Flug für 20.10 Uhr geplant. Nach der Umbuchung wird dieser Flug nun aber nicht durchgeführt, sondern du wirst mit einem Flug um 09:35 Uhr befördert. Dies kann grundsätzlich eine Annullierung des Fluges darstellen, wenn die zeitlichen Änderungen erheblich genug sind. Die AGs Charlottenburg (AZ: 207 C 290/09), Königs Wusterhausen (AZ: 4 C 273/13) und auch Hannover (AZ: 512 C 15244/10) entschieden in unterschiedlichen Urteilen, dass im Fall einer Vorverlegung des Fluges um mehr als 10 Stunden eine Annullierung vorliegt. In deinem Fall ist auch eine solche Vorverlegung um mehr als 10 Stunden gegeben. Aus diesen Grund lässt es sich durchaus vertreten, auch in deinem Fall von einer Annullierung des Fluges auszugehen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Flugnummer beibehalten wurde, denn ein Flug bestimmt sich nicht nur nach der Flugnummer, sondern vor allem nach den Flugzeiten.
Anspruch auf Unterstützungsleistungen
Daher bestimmen sich in diesem Fall deine Rechte nach dem Artikel 5 in Verbindung mit den Artikeln 7 und 8 der VO. Hiernach hast du grundsätzlich einen Anspruch darauf zu wählen, ob du den gesamten Flugpreis erstattet haben möchtest und den Flug unter den neuen Bedingungen nicht antrittst oder ob du einen anderen Flug wählst und zwar einen Flug unter gleichen Bedingungen zum frühst möglichen Zeitpunkt oder nach deiner Wahl zu einem späteren Zeitpunkt gem. Artikel 8 Abs. 1 VO.
Anspruch auf Ausgleichsleistungen
Außerdem könnte dir ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gem. Artikel 7 VO zustehen. Voraussetzung hierfür ist, dass du nicht rechtzeitig über die Annullierung informiert wurdest und der Alternativflug von seinen Flugzeiten her nicht zu stark von dem ursprünglichen abweicht. Deinen Ausführungen entnehme ich, dass du über diese Änderungen gar nicht informiert wurdest. Aus diesem Grund kann ein Ausschließungsgrund gem. Artikel 5 Abs. 1 c) VO in deinem Fall gar nicht gegeben sein. Falls die Airline dich doch informiert haben sollte, ist dies in deinem Fall auch unschädlich, da ein Anspruch nur dann entfallen würde, wenn du über die Annullierung weniger als 7 Tage vor dem geplanten Abflug informiert wurdest und einen Alternativflug angeboten bekommen hast, der es dir ermöglicht, nicht mehr als 1 Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen. Bei dir startet der Alternativflug jedoch mehr als 10 Stunden zuvor.
Weiterhin besteht ein solcher Anspruch jedoch nur, wenn sich die Airline nicht auf das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes gem. Artikel 5 Abs. 3 VO berufen kann. Aus diesem Grund wäre es wichtig zu wissen, wieso dein Flug annulliert wurde. Ist diese Ursache etwas, was nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens ist und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist, liegt laut EuGH ein solcher außergewöhnlicher Umstand vor. (AZ: 459/07) Ist ein solcher Umstand gegeben, entfällt dein Anspruch auf Ausgleichsleistungen. Ist ein solcher Umstand jedoch nicht gegeben, hast du gem. Artikel 7 VO grundsätzlich Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichsleistung. Deren Höhe bemisst sich nach der Länge der Flugstrecke und liegt pro Passagier zwischen 250 € und 600 €.
Wie anfänglich bereits erwähnt, könnten dir auch Ansprüche aus anderen Anspruchsgrundlagen wie dem allgemeinen Reiserecht des BGBs zustehen, wenn der Flug ein Teil einer Pauschalreise ist.