Generell haftet die Fluggesellschaft nach Art. 17 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen (bei Google Suche eingeben: "Art. 17 Montrealer Übereinkommen Reise-Recht-Wiki.de" kommt sofort an erster Stelle) für Schäden am aufgegebenen Gepäck.
Es stellt sich also die Frage, ob
1. der Koffer selbst auch als Gepäck zählt, oder nur dessen Inhalt,
2. ob Risse und Kratzer am Koffer auch als ersatzfähige Schäden zu werten sind und
3. inwieweit die Haftung durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Fluggesellschaft ausgeschlossen werden darf.
(1) Zuerst einmal sind auch Koffer, Reisetaschen und ähnliches als Gepäck anzusehen. Es kommt dabei nicht auf die speziellen Gegenstände an, sondern darauf, ob diese bei der Reise mitgeführt werden.
(2) Das führt dazu, dass der Luftfrachtführer in gewissem Maße auch für Schäden am Koffer haften muss. Allerdings schränkt der Art. 17 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen diese Haftung für folgenden Punkt ein: Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn der Schaden auf die Eigenart des Gepäcks zurückzuführen ist.
Dies bedeutet konkret auf die Transporttaschen bezogen: Gerade Koffer und Reisetaschen dienen dem Schutz der mitgeführten Gegenstände vor Verschmutzung und Beschädigung. Mit einer gewissen reisebedingten Inanspruchnahme des Gepäcks muss daher immer gerechnet werden.
Beispielhaft:
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2011, Az. 22 S 270/10 - Schadensersatz für Kofferschaden bejaht (bei Google Suche eingeben: "22 S 270/10 Reise-Recht-Wiki.de" kommt sofort an erster Stelle)
Hier ging es um einen beschädigten Koffer (Hartschale eingedellt, abgebrochenes Rad); die Fluggesellschaft kam für den Schaden am Koffer auf, da das Ausmaß der Beschädigung nicht mehr im "normalen" Bereich lag.
Bis zu welchem Maße eine Beschädigung noch hinzunehmen ist, entscheidet im Streitfall das Gericht. Ein Schadensprotokoll kann daher nicht von vornherein verweigert werden. Ebenso wenig können Ansprüche allein aus der Aufgabe eines solchen Protokolls heraus gezogen werden. Das Schadensprotokoll dient in erster Linie der Beweissicherung und kann zudem als Schadensanzeige fungieren. Ob dann tatsächlich der geltend gemachte Anspruch begründet ist, bleibt im Einzelfall abzuwarten.
(3) Neben der Haftungsbeschränkung durch zum Beispiel das Montrealer Übereinkommen kann der Luftfrachtführer auch bestimmte Teile des Beförderungsvertrages und der Schadenshaftung im Zuge der Privatautonomie beider Vertragsparteien auch durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gestalten.
Es gelten dabei die Regelungen der §§ 305 ff. BGB: Die AGB müssen wirksam in den Vertrag miteinbezogen worden sein (die andere Partei muss auf die AGB hingewiesen worden sein) und diverse Klauseln sind unzulässig (keine überraschenden oder mehrdeutigen Klauseln, keine unangemessene Benachteiligung durch die Klauseln, etc.).
Die AGB sollen den Verbraucher nicht juristisch knebeln, sondern das bestimmte Rechtsverhältnis umfassend regeln und gesetzliche Lücken schließen.
Bezüglich der Haftung verbietet § 309 Nr. 7 BGB den Haftungsausschluss für Gesundheitsschädigung und die Verletzung von Körper und Leben. Abgesehen von den allgemein gültigen Grundsätzen (Treu und Glaube, keine unangemessene Benachteiligung, ...) ist die Haftungsregelung für Sachschäden durch AGB nicht gemäß §§ 305 ff BGB beschränkt.
Eine AGB-Klausel, welche eine Haftung für kleinere Mängel und Schönheitsfehler von vornherein ausschließt, ist auch nicht unzulässig: Durch das Montrealer Übereinkommen ist eine Haftung für Schäden, die auf die Eigenart des Gepäcks zurückzuführen sind, ohnehin ausgeschlossen. Das Gepäck bleibt während der Reise nun einmal selten vollkommen unversehrt. Kleinere Beschädigungen kommen immer vor. (Praktisch können solche Schäden auch selten der Fluggesellschaft zugeschrieben werden.) Da die Haftung für solche Mängel ohnehin gesetzlich ausgeschlossen ist, erleichtert die konkrete AGB nur den Rechtsverkehr.
Letzte Anmerkung:
Nachdem ein Anspruch auf Schadensersatz besteht, muss dieser zuletzt auch form- und fristgerecht geltend gemacht werden.
Es ist darauf zu achten, dass jeder Schaden gesondert aufzuführen ist. Wenn infolge der Kofferbeschädigung auch Inhalte des Koffers verloren gingen, so muss dies ebenfalls angezeigt werden. Von einer Kofferbeschädigung muss der Luftfrachtführer nicht automatisch auch auf eine Inhaltsbeschädigung schließen.
Abgesehen von dieser Formbesonderheit gelten die üblichen Fristen für eine Schadensmeldung nach dem Montrealer Übereinkommen: Sofort nach Entdeckung, spätestens jedoch binnen einer Ausschlussfrist von 7 Tagen nach Erhalt des Gepäcks.