Lieber Fragensteller,
im Fall einer verspäteten Auslieferung des Gepäcks richten sich deine Ansprüche für gewöhnlich nach Artikel 19 des Übereinkommens von Montreal. Hiernach hat der Luftfrachtführer (d.h. die Airline) den individuellen Schaden zu ersetzten, der dem Reisenden durch die verspätete Beförderung seines Reisegepäcks entstanden ist.
Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist zunächst, dass der Luftfrachtführer die Verspätung auch zu verschulden hat. Dies ist gem. Artikel 19 Abs. 2 MÜ dann nicht der Fall, wenn der Luftfrachtführer nachweisen kann, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um einen Gepäckschaden zu vermeiden oder dass es ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen. Um zu bestimmen, ob der Luftfrachtführer alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, sind seine Handlungen mit denen eines fiktiven vernünftigen Luftfrachtführers zu vergleichen, der sich gedanklich ebenfalls an seiner Stelle befunden hätte. Hätte dieser anders gehandelt und hätte dadurch die Gepäckverspätung vermieden werden können?
Kommt man in deinem Fall zu dem Ergebnis, dass die Airline in deinem Fall die Gepäckverspätung zu verschulden hat, dann muss dir daraus auch ein Schaden entstanden sein. Denn im Rahmen des MÜ kann man nur den individuellen und konkreten Schaden geltend machen, der durch die Verspätung entstanden ist. D.h. es gibt keine Tagespauschalen oder der gleichen. Vielmehr muss man als Reisender der Airline gegenüber genau darlegen, welche Schäden und in welcher Höhe durch die Gepäckverspätung entstanden sind. Dies tut man am besten mit vorhandenen Quittungen oder anderen Nachweisen. Ein typischer Schaden, der in einem Fall wie deinem dem Reisenden entsteht, sind die Kosten für die Ersatzbeschaffung für Kleidung und Kosmetika bzw. Hygieneartikel. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die Airline immer nur solche Kosten zu ersetzten hat, die angemessen und notwendig sind. Was notwendige und angemessen ist, ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Als Orientierung für dich kommt hier ein Urteil des AG Frankfurt (AZ: 29 C 2518/12 (19)) in Betracht, indem das Gericht entschied, dass bei einer mehrtägigen Gepäckverspätung pro Reisenden ein Satz Unterwäsche, ein Satz Oberbekleidung, ein Satz Badebekleidung ein Paar Schuhe als angemessen und notwendig erachtet werden können. Weiterhin können aber z.B. auch Fahrtkosten zum Laden, um die Ersatzbeschaffungen zu tätigen, ersatzfähig sein.
Wichtig zu wissen ist außerdem, dass das MÜ keinen Anspruch auf Ersatz eines unbegrenzten Schadens gibt, sondern im Fall der Gepäckverspätung ein Schadenersatzanspruch pro Reisenden auf 1131 Sonderziehungseinheiten begrenzt ist. Schließlich ist es noch sehr wichtig, dass du als Reisender eine Schadensanzeige gegenüber der Airline aufgeben musst, in der du genau die entstandenen Schäden aufzeigen und konkrete Angaben zur Verspätung machen musst. Allein die Erteilung eines Suchauftrages in Form eines property irregularity reports ist hierfür nicht ausreichend. Eine solche Anzeige hat innerhalb einer Frist von 21 Tagen zu erfolgen.