Lieber Fragesteller,
du hast eine Pauschalreise für September 2016 in die Türkei gebucht. Geplant war eine Flugreise mit der Airline Sun Express. Der Flug sollte um 12.40 starten. Nun wurden dir umfangreiche Änderungen mitgeteilt, welche sowohl die Flugzeit, als auch die Airline betreffen. Die neue Flugzeit sieht einen Abflug um 19:40 Uhr vor. Die Ankunft wäre dann erst um 23:45 Uhr in Antalya. Des Weiteren wird dieser Flug nicht von Sun Express, sondern von Corendon Airlines durchgeführt. Du fragst dich nun, ob eine solche Änderung zulässig ist und wie du gegebenenfalls vorgehen könntest.
Etwaige Anspruchsgrundlagen könnten sich aus dem Reisevertragsrecht des BGB gemäß § 651 a-m BGB ergeben.
I. Wirksamer Reisevertrag
Zunächst müsste ein wirksamer Reisevertrag gemäß § 651 a BGB bestehen. Gegenstand des Reisevertrages ist die Reise, die durch § 651 a Abs. 1 BGB als 'Gesamtheit von Reiseleistungen' definiert wird. Gemeint ist damit die sogenannte Pauschalreise des modernen Tourismus, die aus einem 'Leistungspaket' zu bestehen pflegt. Es handelt sich um mindestens zwei Reiseleistungen, wobei keine dieser Leistungen nur untergeordneten Charakter haben darf. Laut deinen Ausführungen hast du eine Pauschalreise gebucht, sodass die erste Voraussetzung erfüllt ist.
II. Reisemangel
Des Weiteren müsste der Reisevertrag mangelbehaftet sein. Die wesentliche Pflicht des Reiseveranstalters besteht darin, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften besitzt und nicht mit Mängeln behaftet ist (§651c Abs. 1 BGB). Ein Reisemangel im Sinne von § 651 c BGB liegt demnach vor, wenn eine wesentliche Reiseleistung einen Fehler aufweist oder nicht die zugesicherten Eigenschaften enthält. Eine Flugbeförderung stellt eine wesentliche Reiseleistung dar, deren Abweichungen unter Umständen zu einer Reisepreisminderung führen oder andere Ansprüche begründen können. Dies wird darauf zurückgeführt, dass der Transport in der Regel einen der wichtigen Bestandteile eines Pauschalreisevertrages ausmacht. Zu unterscheiden ist an dieser Stelle zwischen der Änderung der Flugzeiten und der des ausführenden Luftfahrtunternehmens.
1. Änderung der Flugzeiten
Die Änderung der Flugzeiten könnten einen solchen Reisemangel darstellen. Umstritten ist jedoch, ob der erste und der letzte Tag sind als Urlaubstage gewertet werden können, weil diese der An- bzw. Abreise dienen. Dies wird grundsätzlich bejaht, sodass eine Verlegung des Hinfluges um 7 Stunden keinen Reisemangel begründen könnte. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass möglicherweise auch der erste Urlaubstag von einer solchen Verlegung betroffen ist, da die Nachtruhe erheblich gestört werden könnte.
BGH Urteil vom 17. April 2012, Az. X ZR 76/11 (einfach zu finden, wenn di bei Google „reise-recht-wiki BGH X ZR 76/11“ eingibst)
„Das Entfallen der Nachtruhe durch Vorverlegung des Rückfluges stelle demnach einen Reisemangel gemäß § 651 c BGB dar und berechtige zur Reisepreisminderung.“
In deinem Fall handelt es sich zwar nicht um eine Vorverlegung des Rückfluges, jedoch kann eine Vergleichbarkeit der Umstände angenommen werden. Unter Betrachtung der Gesamtumstände würde ich das Vorliegen eines Reisemangels wegen der Flugzeitenverschiebung bejahen. Du reist mit 3 Kindern, was die Störung der Nachtruhe umso mehr in den Mittelpunkt stellt. Meiner Ansicht nach ist eine solche Verschiebung einer Familie mit Kleinkindern nicht zumutbar.
2. Änderung der ausführenden Airline
Zudem könnte die Änderung bezüglich des ausführenden Luftfahrtunternehmens einen Mangel darstellen. Die Verbraucherzentrale führt dazu aus, dass die Bedenken gegen eine bestimmte Fluggesellschaft grundsätzlich nicht ausreichen, um einen Teil des Reisepreises zurückzufordern, die Reise nicht anzutreten, ohne Stornogebühren bezahlen zu müssen, oder auf Kosten des Reiseveranstalters einen Ersatzflug zu buchen. Ein Mangel könne demnach nur angenommen werden, wenn die Ersatzairline Technische Mängel oder Sicherheitsrisiken aufweist. Dies müsstest du jedoch darlegen und beweisen.
Vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 22.2.1996, Az.: 51 C 7830/95 (einfach zu finden bei Google unter "AG Düsseldorf 51 C 7830/95 reise-recht-wiki")
Nur wenn du bei der Buchung eine bestimmte Fluggesellschaft vereinbart hast, kann der Flug mit einem anderen Unternehmen einen Mangel darstellen.
Vgl. AG Hamburg, vom 04.03.2004, AZ: 4 C 378/02 (einfach bei Google „reise-recht-wiki AG Hamburg 4 C 378/02“ eingeben und Volltext durchlesen)
Wird bei der Buchung einer Pauschalreise vom Reiseveranstalter darauf hingewiesen, dass die Flüge nur von einer deutschen Fluggesellschaft und / oder nur mit Flugzeugen, die nicht älter als 5 Jahren sind, durchgeführt, kann der Reiseveranstalter nicht nachträglich den Urlauber auf eine ausländische Fluggesellschaft und / oder auf einen Flug mit einem 20 Jahren alten Flugzeug umbuchen. Der Pauschaltourist hätte also in solchen Fällen das Recht, die Pauschalreise kostenlos zu stornieren.
Vgl. AG Düsseldorf, vom 02.03.2006, AZ: 32 C 16126/05 (bei Google unter „reise-recht-wiki 32 C 16126/05“ zu finden)
Der Wechsel der Fluggesellschaft stellt demnach nur dann einen Mangel dar, wenn entweder eine bestimmte Gesellschaft, oder eine bestimmte Eigenschaft der Gesellschaft, zugesichert wurde (z.B. auch mit Zahlung eines Aufschlages), oder die andere Gesellschaft in Bezug auf Leistungen und Sicherheitsstandard niedriger eingestuft ist. Bezüglich der Sicherheitsstandards dürfte auch ein Blick auf die schwarze Liste der EU interessant sein. Diese listet die ihrer Ansicht nach unsicheren Fluggesellschaften auf.
Hier der Link zur schwarzen Liste:
http://ec.europa.eu/transport/modes/air/safety/air-ban/doc/list_de.pdf
Corendon Airlines gilt ebenso wie die Sun Express als sichere Airline. Zudem denke ich nicht, dass eine Reisebestätigung ausreichend ist, um die Zusicherung der Sun Express, als ausführende Airline, zu begründen. Leider ist mir daher kein Grund ersichtlich, warum eine solche Umbuchung einen Reisemangel gemäß § 651 c BGB darstellen sollte.
Fortsetzung folgt...