Guten Tag M. Close,
Ihr Flug von Düsseldorf nach Hawaii über Paris und Seattle wurde geändert. Es wurde ein Zwischenstopp in Los Angeles hinzugefügt und ein Weiterflug so verschoben, dass Sie im Endeffekt erst einen Tag später an Ihrem Zielort eintreffen, da Sie in L.A. übernachten müssen. Sie fragen nun, ob AirFrance für diese Übernachtung aufkommen muss, und ob Sie den Flug insgesamt stornieren können.
Ihnen könnten dergestalt Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung zustehen. Dazu müsste es sich zunächst bei der Verschiebung um eine Annulierung Ihres Fluges handeln.
A. Annulierung
Tritt eine Verzögerung von mind. 7 Stunden auf, dann handelt es sich gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung um eine Flugannulierung nach Art. 5 dieser Verordnung.
Dazu das folgende Urteil:
Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (einfach für Sie zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: Az C-83/10 reise-recht-wiki.de)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Ihre Flüge wurden so umgebucht, dass Ihnen nicht nur ein weiterer Zwischenstopp, sondern auch ein längerer Aufenthalt in L.A., hinzugebucht wurden. Ihre ursprüngliche Flugroute wurde deshalb sehr wahrscheinlich so verändert, dass der Start einiger Ihrer Weiterflüge aufgegeben und verlegt wurde. Von einer Annulierung kann deshalb wahrscheinlich ausgegangen werden. Ein anderer Hinweis könnte außerdem sein, dass sich die Flugnummer einer Ihrer Flüge geändert hat.
> Ihre Ansprüche ergeben sich somit wahrscheinlich aus Artikel 5 und 7 der EG-VO 261/2004.
B. Übernachtung
Trifft Artikel 5 der EU-VO zu, also eine Annulierung, können Sie einen Anspruch auf Betreuungsleistungen gemäß Artikel 9 geltend machen.
Das heißt laut Artikel 9 hat Ihnen Ihre Airline folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls
– ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
– ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
(2) Außerdem wird den Fluggästen angeboten, unentgeltlich zwei Telefongespräche zu führen oder zwei Telexe oder Telefaxe oder E-Mails zu versenden.
Die Übernachtung in L.A. hat Ihre Fluggesellschaft Ihnen also wahrscheinlich zu bezahlen. Dazu müssen Sie sicher im Nachhinein einen Beleg vorlegen, sollte die Airline Ihnen in L.A. nicht von sich aus ein Hotelzimmer zur Verfügung stellen und buchen.
C. Stornierung
Wird auf Artikel 5 Bezug genommen, im Fall einer Annulierung also, könnten Sie außerdem die Möglichkeit haben einen Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung haben.
Das heißt, dass Sie wählen können zwischen:
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Sie haben also möglicherweise tatsächlich die Option Ihren Flug zu stornieren und Ihre Flugscheinkosten von der Airline zurückzuverlangen.
D. Anspruch auf Auslgeichszahlungen
Darüber hinaus könnten Sie, sollten Sie den Flug nicht stornieren, einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben. Aber: Dies gilt nicht, soweit die Fluggesellschaft außergewöhnliche Umstände geltend machen kann und sich diese Umstände auch dann nicht hätte vermeiden lassen können, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären oder Sie, gemäß Artikel 5 (1) c) i), mindestens zwei Wochen vor dem Abflug informiert wurden. Dazu ist Ihrer Nachricht allerdings nichts weiter zu entnehmen.
Sollte dies nicht der Fall sein gestalten sich mögliche Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 EU-VO folgendermaßen:
> Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro: Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger
> Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro: Bei einer Verspätung von 3 Stunden bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km
> Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro: Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen
Abschließend ist also zu sagen, dass Sie wahrscheinlich die Möglichkeit haben Ihren Flug zu stornieren, oder aber, sollten Sie ihren Flug wie von AirFrance vorgeschlagen wahrnehmen, die Übernachtung in L.A. AirFrance in Rechnung stellen. Es könnte natürlich sein, so wie seiun kommentierte, dass die EU-VO in Ihrer Gesamtheit nicht anwendbar ist - doch entnahm ich Ihrer Nachricht, dass AirFrance alle Flüge ausführen würde, beziehungsweise nichts Gegenteiliges. In diesem Fall handelt es sich um ein ausführendes Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft, und der Anwendungsbereich der EU-VO wäre eröffnet.