Guten Tag,
ein von Ihnen gebuchter Flug hat sich um 6 Stunden verspätet, da der Flughafen ein technisches Problem bei der Datenübermittlung für die Flugsicherung hatte.
Da es sich um den Flughafen Wien-Schwechat handelt ist der Anwendungsbereich der EU-Fluggastrechteverordnung wahrscheinlich schonmal eröffnet, und Ansprüche aus derselben könnten Ihnen zustehen.
Aus Artikel 6 EU-VO sind Informationen zu Verspätungen wie Sie sie schildern zu entnehmen:
(1) Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug
a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr oder
b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km um drei Stunden oder mehr oder
c) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen um vier Stunden oder mehr
Es wäre wichtig zu wissen wohin Ihr Flug gehen sollte, um diesen einstufen zu können. Aber die von Artikel 6 ausgehenden Ansprüche könnten Ihnen meiner Meinung nach zustehen:
i) die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten,
ii) wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit erst am Tag nach der zuvor angekündigten Abflugzeit liegt, die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und,
iii) wenn die Verspätung mindestens fünf Stunden beträgt, die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a) angeboten.
Darüber hinaus kommen nach gängiger Rechtsprechung noch die mögliche Ansprüche auf Ausgleichszahlungen, welche auch bei einer Annulierung vorgesehen sind, hinzu:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Sie scheinen bereits darüber informiert zu sein, dass Ansprüche auf Ausgleichszahlungen gem. Artikel 5 Absatz 3 entfallen können, soweit die Fluggesellschaft sich auf außergewöhnliche Umstände berufen kann, die zu der Verspätung geführt haben.
Fraglich ist deshalb nun, ob ein technisches Problem der Datenübermittlung für die Flugsicherung ein außergewöhnlicher Umstand sein kann.
Zu einer Problematik der Datenübermittlung sind leider keine Urteile zu finden, dagegen eher für schlechte Wetterbedingungen, Streiks oder Probleme am Flugzeug selbst. Diese Entscheidung, ob etwas als außergewöhnlicher Umstand zu qualifizieren ist, ist einzelfallabhängig, und wird am Ende durch einen Richter zu entscheiden sein, falls Ihre Fluggesellschaft nicht kooperativ Ihnen gegenüber ist was eine Ausgleichszahlung angeht. Diese können Sie meiner Meinung nach in jedem Fall erst einmal einfordern, sollte Ihre Fluggesellschaft sich weigern Sie zu entschädigen, dann hat diese die Beweislast auf ihrer Seite und muss nachweisen, dass Sie die Verspätung nicht verhüten konnte und der Umstand der zur Verspätung führte außerhalb ihres Verantwortungsbreichs lag.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 20.07.2011, Az. 3 C 739/11 (36) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: AG Rüsselsheim 3 C 739/11 (36) reise-recht-wiki.de)
"Außergewöhnlichen Umstände" müsse außerhalb des Verantwortungsbereichs der Fluggesellschaft liegen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Sabotage oder terroristische Handlungen Ursache des technischen Defektes sind.
Ein Urteil was möglicherweise mit Ihrem Fall vergleichbar ist ist dieses hier:
BGH, Urteil vom 12. Juni 2014, Az. X ZR 104/13 (ebenfalls bei „reise-recht-wiki.de“ im Volltext nachzulesen)
Ein Radarausfall, der zu einem Flugausfall führt, ist ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 darstelle, so der BGH. Den Radarausfall qualifiziere zum außergewöhnlichen Umstand die Tatsache, dass es einem Luftfahrtunternehmen unmöglich und unzumutbar sei den Radarausfall zu beeinflussen oder abzuwenden. Der BGH führte weiter aus, dass der Ausfall der Radarsoftware sich auch über den Zuständigkeitsbereich der Airline hinaus auf die Arbeit der Fluglotsen am Rollfeld erstrecke. Eine Verantwortlichkeit des Luftfahrtunternehmens sei in diesem Zusammenhang daher abzulehnen, weil es zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf den Fehler hatte.
Versuchen Sie es dennoch, möglicherweise ist die Fluggesellschaft schon aus Kulanz bereit Sie ein wenig zu entschädigen.