Hallo Kerstin,
dein Flug von Palma nach Hannover wurde um knapp 12 Stunden nach hinten verschoben. Ihr wurdet umgebucht, und kamt dennoch erst gegen 2 Uhr Nachts Zuhause an. Airberlin meldet sich auf deine Rückfragen leider nicht zurück.
Du musstest wegen deiner späten Ankunftszeit einen Tag unbezahlten Urlaub nehmen, und fragst dich, ob dir Airberlin diese Kosten erstatten muss.
Für mich klingt es so, als läge eine Annulierung deines ursprünglichen Fluges vor, siehe Artikel 5 EU-VO. Diese Annahme unterstützen auch folgende Urteile:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden unter: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird.
Dein Hinflug wurde um 12 Stunden verschoben. Dazu ein paar Urteile:
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter ”reise-recht-wiki”
Kommt ein Fluggast mit einer Verspätung am Endziel von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit an - was unterhalb der in Artikel 6 der EU-VO festgelegten Grenzen liegt - kann diesem ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Artikel 7 EU-VO zustehen, "da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt."
Dies ergibt sich dem EuGH nach aus einer Auslegung von Artikel 7 EU-VO. Diese Haltung vertrat der EuGH bereits in 2012:
EuGH, Urteil vom 10.2012, Az: C-629/10 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst “ EuGH C 629/10 reise-recht-wiki.de“)
In diesem Urteil hat der EuGH mehrfach darauf hingewiesen, dass Grund für die Anwendungen der Ausgleichszahlungen der Umstand sei, dass ein Zeitverlust von mehr als 3 Stunden entstanden ist und die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten ausgeglichen werden sollen. Für den Passagier ist es nämlich allein entscheidend, wann er an seinem Zielort eintrifft und nicht, ob die Verspätung vor oder nach Abflug entsteht.
Die Verschiebung von 12 Stunden erscheint mir ausreichend, um eine Annulierung anzunehmen.
Dieser Artikel 5 eröffnet dann Ansprüche. Beispielsweise Artikel 8 auf anderweitige Beförderung. Du wurdest umgebucht, und scheinst also diese Möglichkeit in Anspruch genommen zu haben:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, (...)
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Meiner persönlichen Meinung nach hast du insofern deine Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung ausgeschöpft.
AG Bremen, Urteil vom 29.11.2013, Az 2 C 0049/13 (zu finden über die Google-Suche „2 C 0049/13 reise-recht-wiki“)
Nach der EU-Fluggastrechteverordnung sollen Airlines den Passagieren eines annullierten Fluges alternative Beförderungsmöglichkeiten anbieten, um keine Ausgleichszahlung zu erbringen. Voraussetzung dafür ist, dass es sich dabei um einen Ersatzflug handelt und nicht um eine andere Beförderungsart.
OGH Wien, Urteil vom 03.07.2013, Az 7 Ob 65/13d (zu finden über die Google-Suche „7 Ob 65/13d reise-recht-wiki“)
Liegen bei einer Flugannullierung keine außergewöhnlichen Umstände vor, die zu der Annullierung geführt haben, so muss die Airline, die den Flug durchführen wollte, eine Ausgleichszahlung erbringen, wenn keine Ersatzbeförderung durch einen anderen Flug stattfand. Dies gilt erst recht dann, wenn eine irgendwie geartete Beförderung nicht einmal angeboten wurde, sodass die Passagiere selbst zum Zielort gelangen mussten.
So sagen es meine ich auch diese Urteile. Hast du dich umbuchen lassen, dann fallen auch keine Ausgleichszahlungen mehr seitens der Airline an. Zahlungen, die ja vielleicht auch deinen Arbeitstag hätten ausgleichen können. Deine Ansprüche sind dann aber ausgeschöpft.
Du scheinst dich aber auch für ein Einklagen des entfallenen Entgelts für den unbezahlten Urlaubstag zu interessieren. Dann müsstest du dich an einen Anwalt wenden. Dieser wird dir professionell weiterhelfen und falls möglich natürlich die angefallenen Kosten für dich versuchen zu erstreiten. Ich möchte dich aber daran erinnern, dass auch ein Gerichtsverfahren, ebenso wie ein Anwalt selbst, Kosten aufwerfen. Womöglich würden sich Kosten und Nutzen dabei in deinem Fall nicht die Waage halten. Den Rat eines Anwalts einzuholen ist aber meine ich natürlich grundsätzlich empfehlenswert.
Es ist ärgerlich, dass Airberlin sich leider nicht zurück meldet. Vielleicht hilft ein formelles Schreiben deinerseits, und eine weitere Aufforderung zur Klärung.
Ansprüche kann ich allerdings nicht für eine Erstattung aus der EU-VO entnehmen. Die Umbuchung, für die du dich entschieden hast, entschädigt dich ja quasi schon für die Annulierung. Und es erscheint mir fraglich, ob bei einer Rückkehr um 2 Uhr Nachts Zuhause der folgende Arbeitstag zwingend frei genommen werden muss. Dies müsste wohl in einem Prozess geklärt werden.