Bei deiner Pauschalreise von Madeira nach Frankfurt gab es Probleme mit dem Rückflug. Ihr solltet eigentlich um 13:55 Uhr starten, doch es gab eine Verspätung, sodass ihr erst 8 Stunden später als eigentlich geplant in Frankfurt ankamt. Tuifly meinte, dass es an Crew-Engpässen wegen kollektiver Krankmeldungen lag.
Du hast deshalb von Tuifly ebenfalls Enschädigungen verlangt, doch noch nichts erhalten, und nun fragst du dich, was du tun kannst.
Ich meine, dass du deinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen aus Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung entnehmen könntest, und du deshalb auch auf die 4x400 Euro kommst:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Ihr seid zu viert geflogen schreibst du, und ob der Entfernung von Madeira nach Frankfurt hast du 400 Euro pro Fluggast ausgewählt.
Ein solcher Anspruch kann dir bei eine Verspätung möglicherweise zustehen - du schreibst ja bereits, dass andere Fluggäste bereits Ausgleichszahlungen geltend gemacht habe und auch bezahlt worden sind. Aus Artikel 6 EU-VO ergibt sich eigentlich keine Verweisung auf Artikel 7, im Gegensatz zu Artikel 5 bei einer Annullierung. Aber es gibt dazu denke ich zwei Urteile, die weiterhelfen könnten:
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013, Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslösen – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Dem LG Frankfurt nach kann eine Verspätung von 3 Stunden am Ankunftsziel dennoch Ansprüche auf Ausgleichszahlungen auslösen.
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter ”reise-recht-wiki”
Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […] ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.
So auch der EuGH. Zwar sind beide Urteile auf das Verpassen von Anschlussflügen gerichtet, allerdings sprechen sie von der grundsätzlichen Möglichkeit von Ansprüchen auf Ausgleichszahlungen, obwohl nach Artikel 6 davon keine Rede ist.
Von einer Annullierung kann vermutlich nicht gesprochen werden - die Flugnummer deines Fluges hat sich nicht verändert, und wurde lediglich von 9 auf 17 Uhr verschoben, weil keine Crew zur Verfügung stand. Es handelt sich somit vermutlich um denselben Flug mit einer späteren Abflugzeit. Eine Verspätung.
Denkbar wäre also tatsächlich ein Anspruch aus Artikel 7 EU-VO wegen dieser Verspätung. Allerdings ist so ein Anspruch dann ausgeschlossen, wenn außergewöhnliche Umstände dazu geführt haben. Dazu:
AG Rüsselsheim, Urteil vom 7.11.2006 – Az.: 3 C 717/06 (32) (einfach zu finden bei Google unter Az.: 3 C 717/06 (32) im "reise-recht-wiki")
Ein außergewöhnlicher Umstand muss außerhalb der Sphäre des Luftfahrtunternehmens angesiedelt sein und auf höhere Gewalt bzw. Einwirkung durch Dritte zurückzuführen sein.
Was du beschreibst, diese kollektiven Krankschreibungen, klingt beinahe schon wie ein Streik. Eigentlich ist es so:
AG Frankfurt a. M. , Urt. v. 09.05.2006 - 31 C 2820/05-74 - (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: "AG Frankfurt 31 C 2820/05-74 reise-recht-wiki")
Ein Streik des eigenen Personals kann nur dann als außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO angesehen werden, wenn diese für die Fluggesellschaft nicht vorhersehbar war und der Fluggesellschaft im übrigen keine nicht vollkommen unzumutbare Möglichkeit blieb, auf den Streik zu reagieren und ihr Verhalten beispielsweise durch Beschaffung von Ersatz-Personal darauf einzustellen.
Nur falls dieser Streik nicht vorhersehbar war könnte es ein außergewöhnlicher Umstand sein. Darüber hinaus wird in diesem Urteil des AG Hannover erwähnt, dass es dennoch bei der Airline liegt eine Ersatz-Crew zu stellen, und diese genau erklären muss, warum das nicht möglich war:
Amtsgericht Hannover, Urteil vom 31.01.2011, Az.: 426 C 12868/10 (einfach zu finden unter dem Aktenzeichen über Google bei ”reise-recht-wiki.de”)
Die Berufung eines Luftverkehrsunternehmens auf einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 EGV 261/2004 kann nicht damit begründet werden, dass die für den Flug vorgesehene Crew nach einem verspäteten Flug zuerst eine Mindestruhezeit einhalten muss. Es obliegt dem Luftverkehrsunternehmen hier darzulegen, aus welchen Gründen keine Ersatz-Crew gestellt werden konnte.
In Anbetracht der kollektiven Krankschreibungen könnte es für Tuifly tatsächlich schwer gewesen sein eine Ersatz-Crew zu stellen. Das kann ich aber nicht pauschal sagen.
Insofern würde ich persönlich sagen, dass du Tuifly noch einmal zur Zahlung auffordern könntest, und falls das nicht hilft kannst du immer noch darüber nachdenken vielleicht einen Anwalt hinzuzuziehen.