Hey,
das klingt ja erstmal ärgerlich, aber zum Glück bist du noch rechtzeitig angekommen.
Ich gehe mal davon aus, dass du einen Nur-Flug-Vertrag hattest, d.h. du hast keine Pauschalreise gebucht.
Deswegen ergeben sich die rechtlichen Ansprüche nicht aus dem deutschen Reiserecht, sondern aus der europäischen Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004.
Dein erster Flug wurde leider annulliert. Grund war eine Kollision zweier Flugzeuge auf dem Rollfeld. Möglich ist, dass du trotzdem einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen hast. Ebenso kommen Ansprüche auf Betreuungs- und Unterstützungsleistungen in Betracht.
Der Anspruch auf die Entschädigungszahlung ist insbesondere in Art. 7 der Verordnung bestimmt, wobei die Höhe der Entschädigungsbeiträge aufgelistet sind.
Art. 7 I differenziert wie folgt:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Klingt erstmal gut. Nur muss man folgendes beachten: In Art. 5 III der VO wird eine Ausnahme von dieser Zahlungspflicht statuiert. Dies bedeutet, dass keine Entschädigung gezahlt werden muss, wenn außergewöhnliche Umstände vorlagen. Solche Umstände müssen den Flugalltag massiv beeinträchtigen und müssen überaus unerwartet sein. Die Airline hat dann alle erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung einer größeren Verspätung oder Annullierung zu tätigen. Ob die Kollision zweier Flugzeuge auf dem Rollfeld einen solchen außergewöhnlichen Umstand darstellt ist fraglich. Hier habe ich ein paar Urteile gefunden, die sich auf ähnliche Vorkommnisse beziehen.
AG Nürtingen, Urt. v. 31.10.2016, Az.: 10 C 1551/15 (Google-Suche: „10 C 1551/15 reise-recht-wiki“)
Kommt es zu einer Flugannullierung, da das eingesetzte Flugzeug auf dem Weg zur Startbahn unverschuldet mit einem Flugzeug einer anderen Fluggesellschaft kollidiert, so ist darin kein außergewöhnlicher Umstand i.S.v. Art. 5 III der FluggastrechteVO zu sehen. Dem Fluggast steht ein Anspruch aus Art. 7 Abs. 1 der FluggastrechteVO zu.
LG Frankfurt a.M., Urt. v. 25.06.2015, Az.: 2-24 S 51/15 (Google-Suche: „2-24 S 51/15 reise-recht-wiki“)
Die Beschädigung eines geparkten Flugzeugs durch wegrollendes Fahrzeug des Flughafenbetreibers stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar. Dadurch resultierende Verspätungen müssen von der Airline in Form von Ausgleichsleistungen entschädigt werden.
EuGH, Beschl. v. 14.11.2014, Az.: C-394/14 (Google-Suche: „C-394/14 reise-recht-wiki“)
Bei der Kollision eines Flugzeugs mit einem Treppenfahrzeug ist von einem Umstand auszugehen, der als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens anzusehen ist. Insofern liegt kein Exkulpationsgrund in Form eines außergewöhnlichen Umstandes vor.
Alle drei Urteile bestätigen meine Vermutung, dass bei dem Vorfall, den du erlebt hast, ebenfalls nicht von einem außergewöhnlichen Umstand auszugehen ist. Dies bedeutet, dass du tatsächlich einen Anspruch auf die Entschädigungszahlungen hast.
Allerdings hat KLM dich ja auch schnellstmöglich auf einen anderen Flug umgebucht, so ist es auch in der Verordnung vorgeschrieben. Allerdings wird in Art. 7 II der VO erwähnt, dass deshalb eine Kürzung der Entschädigungszahlung möglich ist. Siehe hier:
(2) Wird Fluggästen gemäß Artikel 8 eine anderweitige Beförderung zu ihrem Endziel mit einem Alternativflug angeboten, dessen Ankunftszeit
a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger nicht später als zwei Stunden oder
b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 und 3 500 km nicht später als drei Stunden oder
c) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen nicht später als vier Stunden
nach der planmäßigen Ankunftszeit des ursprünglich gebuchten Fluges liegt, so kann das ausführende Luftfahrtunter- nehmen die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 um 50% kürzen.
Du musst nun schauen, ob dies auf deinen Fall zutrifft, dazu hast du ja keine Zeitangabe gegeben, wann du einen neuen Flug bekommen hast.
Außerdem wird in Art. 9 der Verordnung vorgeschrieben, dass man als wartender Fluggast auch einen Anspruch auf Betreuungsleistungen während der Wartezeit hat. Hattest du also innerhalb der Wartezeit Auslagen für Getränke oder Snacks, so kannst du diese Kosten meiner Meinung nach ebenfalls von der Airline zurückverlangen.