Guten Tag Herr Hocker,
wenn Ihre Flugzeitenverschoben wurden, so kann diese Verschiebung als eine der 3 folgenden Dinge behandelt werden: Annullierung, Verspätung und Nichtbeförderung.
Von einer Verspätung kann in Ihrer Situation meiner Auffassung nach nicht die Rede sein, da Ihr Flug nicht später abfliegen soll sondern früher. Somit bleibt noch die Frage ob es sich um eine Nichtbeförderung oder um eine Annullierung handelt. Eine Nichtbeförderung ist gegeben, wenn den Fluggästen der Flug gegen ihren Willen verweigert wird, obwohl sie sich rechtzeitig am Flugsteig eingefunden haben. Eine Annullierung dagegen liegt dann vor, wenn der Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben werden muss. In Ihrem Fall können meiner Auffassung nach Ansprüche aufgrund einer Nichtbeförderung und einer Annullierung entstehen. Sie könnten aber auch einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Airline gegenüber geltend machen.
1. Ansprüche wegen Nichtbeförderung und Annullierung
OLG Hamburg, Urteil vom 6.11.2007, Az. 6 U 94/07 (bei Interesse können Sie diese Urteil gerne einsehen, wenn Sie bei Google eingeben:"6 U 94/07 reise-recht-wiki.de")
In diesem Fall wurde der Kläger wegen Überbuchung auf einen anderen Flug verlegt. Daraufhin verlangte der Kläger von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung, die die Beklagte allerdings zur Zahlung weigerte. Das Gericht hat im vorliegenden Fall entschieden, dass eine Verlegung auf einen anderen Flug gegen den Willen des Fluggastets, den Tatbestand der Nichtbeförderung erfüllt und dem Kläger deswegen Ansprüche wegen Nichtbeförderung zustehen. Es sei dabei nicht von Bedeutung weshalb die Verlegung erfolgte.
Da auch Sie gegen Ihren Willen auf einen anderen Flug verlegt wurden, denke ich das auch Sie Ansprüche wegen Nichtbeförderung aus der EU-Fluggastrechteverordnung haben. Gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung wären Sie daher dazu berechtigt von der Airline eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 und Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 und 9 einzufordern. Die Ausgleichszahlung würde in Ihrem Fall 600€ betragen, da Sie anhand der Entfernung zwischen Ziel- und Startflughafen berechnet wird, ungeachtet eventueller Zwischenstopps. Die Entfernung zwischen Sao Paulo und Köln beträgt 9.794 km. Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c steht dem Fluggast eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600€ zu, wenn die Entfernung mehr als 3500km beträgt. Es könnte jedoch schwierig sein diese Ausgleichszahlung letztendlich auch zu erhalten, da Sie mehr als 2 Wochen vor Abflug von der Verlegung Ihres Fluges in Kenntnis gesetzt worden.
Wenn Sie sich auf Artikel 8 beziehen wollen, so steht Ihnen die binnen 7 Tagen zu leistende vollständige Erstattung der Flugscheinkosten oder eine anderweitigere Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedinungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu. Sie können laut diesem Artikel auch eine Beförderung zu einem späteren Zeitpunkt (natürlich und gleichen Reisebedingungen) fordern.
Da Sie eine zusätzliche Hotelnacht in Sao Paulo buchen müssten, könnten Sie versuchen diese Kosten von der Airline erstattet zu bekommen. Dazu könnte folgendes Urteil behilflich sein:
AG Rüsselheim, Urteil vom 21.09.2011, Az. 3 C 56/11 (36) (bei Google einfach eingeben: "3 C 56/11 (36) reise-recht-wiki.de")
Wegen eines annullierten Fluges musste der Kläger eine zusätzliche Hotelnacht buchen. Das Gericht hat entschieden das die Kosten für diese Übernachtung von der Fluggesellschaft zu erstatten sind.
2. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
AG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2004, Az. 28 C 14629/04 (bei Google zu finden unter: "28 C 14629/04 reise-recht-wiki.de")
Der Flug des Klägers wurde um 7,5 Stunden vorverlegt, woraufhin dieser von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß §§ 280,283 BGB verlangte. Dieser Schadensersatz wurde dem Kläger zugesprochen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es sich in diesem Fall um einen Luftbeförderungsvertrag handle und dieser ein absolutes Fixgeschäft sei. Eine erhebliche Verschiebung der Flugzeiten macht die vertragliche Beförderungsleistung unmöglich, wodurch ein Schadensersatz wegen Nichterfüllung begründet wird.
Da Ihre Verschiebung sogar 12 Stunden beträgt, bin ich der Auffassung das dem Luftfrachtführer die vertragliche Beförderungsleistung auch hier unmöglich wird, sodass auch Ihnen ein solcher Schadensersatz wegen Nichterfüllung zustehen könnte. Die Höhe des Schadensersatzes wird dabei im Einzelfall entschieden.
Bei Bedarf können Sie natürlich selbstverständlich auch einen Anwalt hinzuziehen, da es sich hier lediglich um eine Rechtsmeinung handelt. Ich hoffe trotzdem das ich Ihnen weiterhelfen konnte und wünsche Ihnen bei Ihren nächsten Schritten viel Erfolg.