Nach der heutigen Rechtsprechung wird die Entfernung in Bezug auf Flugverspätungen mit der Großkreismethode berechnet. Das bedeutet, dass die tatsächliche Entfernung zwischen dem ersten Abflughafen und dem Zielflughafen zugrunde gelegt wird. Sie halten diese Methode jedoch nicht für gerecht, da man durch Zwischenflüge / Anschlussflüge mehr Wartezeit in Kauf nimmt und man dadurch eine längere Strecke hinter sich lässt. Auch könne das ständige Umsteigen nervig sein und dadurch einen entspannten Flug zunichte machen.
Ihrer Auffassung nach sollte daher die tatsächlich zurückgelegte Strecke maßgebend sein, Teilstrecken sollen also zur Ermittlung der Entfernung addiert werden. Diese Auffassung wird teilweise auch in der Literatur und der Rechtsprechung (AG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.10.2013, Az: 29 C 1952/13 (81); AG Düsseldorf, Urt. v. 28.09.2015, Az: 45 C 21/15) vertreten. Hierfür wird die streckenabhängige Staffelung der Ausgleichsansprüche in Art. 7 VO angeführt aus der sich entnehmen lasse, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Unannehmlichkeiten für den Fluggast mit der Entfernung wachsen. Aus diesem Bezug zur tatsächlich geflogenen Strecke lasse sich dann auch ableiten, dass bei der Bemessung der Entfernung bei Umsteigeflügen auf die Summe der Entfernungen der Teilstrecken abzustellen ist (AG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.10.2013, Az: 29 C 1952/13 (81)). Außerdem bringe jede Zwischenlandung ein theoretisches Risiko einer Verzögerung der Personen- oder Gepäckbeförderung mit sich.
Die Europäische Kommission vertritt in ihren Leitlinien für die Auslegung VO (EG) Nr. 261/2004 jedoch die Ansicht, dass „die Entfernung, die bei großer Verspätung bei der Ankunft für den zu leistenden Ausgleich maßgeblich ist, nach der Methode der Großkreisentfernung zwischen dem Abflugsort und dem Endziel, also für die „Reise", ermittelt werden und nicht durch Addition der Großkreisentfernungen der einzelnen relevanten Anschlussflüge, die die „Reise" bilden."
Diese Auffassung wird auch von der Mehrzahl der Gerichte geteilt und stellt die herrschende meinugn dar. Bsp.: LG Landshut, Urt. v. 16.12.2015, Az: 13 S 2291/15; AG Hamburg, Urt. v. 3. 6.2015 – 120a C 28/15; AG Nürtingen 28.5.2015 – 12 C 394/15; AG Wedding Urt. v. 14.10.2015 - 22a C 193/15
Nach dieser Auffassung wird davon ausgegangen, dass der Wortlaut der Vorschrift die Berechnung nach der direkten Verbindung nahelegt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der europäische Gesetzgeber davon ausgegangen sein soll, dass die Unannehmlichkeiten für den Fluggast mit der Entfernung wachsen. Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004/EG wurde nämlich ursprünglich und nach ihrem Wortlaut für die Annullierung von Flügen konzipiert. Im Falle einer Annullierung ist ein Fluggast aber während der Reise keinen Unannehmlichkeiten ausgesetzt, da eine solche nicht stattfindet. Es liegt vielmehr nahe, dass der Verordnungsgeber davon ausgegangen ist, dass mit wachsender Entfernung auch der Preis für den Flug steigt und er die Entschädigung in ein angemessenes Verhältnis zu diesem setzen wollte. Würde man die Teilstrecken zur Bemessung der Entfernung in Art. 7 VO addieren, hätte dies zur Folge, dass für Umsteigeverbindungen eine höhere Entschädigung gezahlt werden könnte als bei einer entsprechenden Direktverbindung, obwohl der Preis für Direktverbindungen in der Regel höher ist als für Umsteigeverbindungen. Die Addition der Teilstrecken würde daher zu einem Missverhältnis von Entschädigung und Reisepreis führen.