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Hallo, ich habe eine etwas spezielle Frage zu der EU-Fluggast-Verordnung 261/04:

Unser Flug mit Air France - KLM von Berlin über Paris Charles-de-Gaulle nach Nizza war etwas verspätet aus Berlin losgekommen. Leider haben wir wegen der Verspätung Berlin - Paris den Weiterflug nach Nizza verpasst und sind in Nizza mit über 6 Stunden Verpätung angekommen. Habe dann Air France um Zahlung unserer Entschädigung von 1600 € (400 € pro Person) gebeten. Erst hat Air France gar nichts gemacht. Dann habe ich nochmal ein Einschreiben mit Rückschein nach Frankreich geschickt. Jetzt kam die Antwort, dass man bereit wäre uns 250 € pro Person zu zahlen. Die Flugstrecke Paris Charles-de-Gaulle Nizza wäre unter 1500 Kilometer und deswegen zahlt Air France nur 250 euro.

Ich bin aber der Meinung, dass uns 400 € pro Person zusteht, da wir ja nicht schuld an der Flugverspätung Berlin - Paris Charles-de-Gaulle sind. Außerdem haben wir nicht zwei getrennte Flüge bei Air France - KLM, sondern einen Komplettflug gebucht.

Welche Flugstrecke ist denn für die Entschädigung relevant? Wird da die Gesamtstrecke angesetzt oder wie berechnet sich das?

1. Wird bei der Berechnung der Entschädigung der Ausgleichszahlung 261/04 jeder Flug einzeln betrachtet, also TXL - CDG mit 852 Kilometer Entfernung (Berlin - Paris Charles-de-Gaulle) und CDG - NCE mit 694 Kilometer (Paris Charles-de-Gaulle Nizza) 

oder

2. Oder wird die Strecke TXL - NCE (Berlin Nizza, wie wir es ja auch gebucht hatten) mit 1087 Kilometer Entfernung angesetzt

oder

3. Oder kann man die Gesamtstrecke also die Summe der beiden einzelnen Flugabschnitte (TXL - CDG = 852 km + CDG - NCE = 694) = 1546 Kilometer Entfernung ansetzen?

Gibt es da Urteile? So was müsste doch eigentlich sehr wichtig sein und irgendwo in Gesetzen oder Urteilen entschieden sein.

Gefragt in Europäische Fluggastrechte von
wieder getaggt
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9 Antworten

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Sehr geehrter Fragesteller!

Ansprüche aus der Verordnung 261/2004 begründen sich nach der Ankunftsverspätung (Vgl. AG Rüsselsheim, 20.11.2012, Aktenzeichen: 3 C 1226/12 (32)).

Gem. Art. 7, Abs. 1 Verordnung 261/2004 wird bei der „der Ermittlung der Entfernung […]der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.“ Logischerweise beginnt die Berechnung an dem Ort, an dem der Fluggast zum ersten Mal verspätet befördert wird.

Gem. Art. 7, Abs. 4 Verordnung 261/2004 erfolgt die Berechnung nach der Methode der Großkreisentfernung (vgl. EuGH, 1. Urteil vom 04.09.2014, Aktenzeichen: C-452/13). Das heißt, sofern ich nicht völlig falsch liege, dass nur die Entfernung zwischen Berlin und Nizza, die nach der Großkreisentfernung ermittelt wurde, zur Feststellung der Höhe der möglichen Ausgleichszahlung herangezogen wird.

Vergleichen Sie dazu auch AG Bremen, Urteil v. 22. November 2013, Aktenzeichen 4 C 564/12. Hier geht es um einen Flug von Bremen nach Lissabon mit Umstieg in Paris. Der Flug startete schon in Bremen verspätet. Die Strecke wurde nach der Methode der Großkreisentfernung zwischen Bremen und Lissabon berechnet, ohne den Umstieg in Paris zu beachten.

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Lieber Fragesteller,

Bei einem Flug der sich in Teilstrecken aufteilt, kommt es auf die geflogene Strecke an und welches Unternehmen das Ticket ausgestellt hat.

Bucht man einen Flug, der sich auf mehrere Teilstrecken aufteilt, so ist auf dem Flugticket angegeben, von welcher Luftfahrtgesellschaft der jeweilige Flug durchgeführt wird. Oftmals haben die großen Luftfahrtkonzerne Tochtergesellschaften, die die Zubringerflüge zu den Langstreckenflügen durchführen. Kommt es nun am Zielflughafen der gesamten Reise zu einer Verspätung, dann gilt diese Verspätung für den einheitlich gebuchten Flug, sprich für den gesamten zurückgelegten Weg. Dabei ist es unerheblich, ob man seinen Ausgangsflughafen mit Verspätung verlassen hat (vgl. AG Hannover, Urt. v. 06.12.2012 – 452 C 5686/12, einfach zu googlen unter "452 C 5686/12 Reise-Recht-Wiki.de").

Dem Fluggast steht eine Ausgleichszahlung zu, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der dafür erforderlichen Voraussetzungen gemäß der Fluggastrechteverordnung (Art. 6 VO (EG) Nr. 261/2004) abhängt (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – C 11/11, einfach zu googlen unter "C 11/11 Reise-Recht-Wiki.de"). Es soll keine künstliche Aufteilung des einheitlich gebuchten Fluges stattfinden, da der Zwischenstopp in der Regel kein Reiseziel ist und nur der Umsteigemöglichkeit dient.

Diesen Anspruch erheben Sie gegenüber der Fluggesellschaft, die Ihnen das Ticket ausgestellt hat. Dieses ändert sich auch dann nicht, wenn die Fluggesellschaften untereinander kooperieren und der Fluggast dadurch mit verschiedenen Airlines fliegt, obwohl er nur bei einer gebucht hat (Code-Sharing). Dieses ergibt sich aus der Rechtsprechung (vgl AG Köln, Urteil vom 12.11.2007,119 C 310/07; Bei Google ganz einfach unter "119 C 310/07 Reise-Recht-Wiki.de" zu finden) und der Fluggastrechteverordnung selber (Art. 3 V VO (EG) Nr. 261/2004).

Viel Erfolg!

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Hallo Fragesteller,

 

Die Verordnung 261/2004 der Europäischen Gemeinschaft ist auf Ihren Fall anwendbar.

Zu der Frage auf welche Entfernung es bei Ihrem Flug ankommt, ist zu sagen, dass die tatsächliche Verspätung am Endpunkt maßgeblich ist (Art. 7, Abs.1 VO). Das heißt, es kommt auf die Verspätung an Ihrem tatsächlichen Urlaubsort, in Ihrem Fall Nizza, an. Zur Berechnung möglicher Ausgleichszahlungen wird also auch die Strecke von Ihrem Abflug zu Ihrem Ankunftsort gewertet, d.h die Strecke Berlin – Nizza (1087 km).

 

Möglicherweise liegt auch „Code-Sharing“ vor, d.h. Fluggesellschaften teilen sich mehrere Fluggesellschaften denselben Flug, fliegen also mit unterschiedlichen Flugnummern (im Gegensatz zu einem Direktflug, wo mehrere Flugzeuge unter denselben Flugnummern fliegen).

 

Für die Wartezeit kommen zusätzlich Ansprüche aus Art. 9 der VO in Betracht:

 

- Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,

- Hotelunterbringung und Transport zwischen Flughafen und Unterbringung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt,

 

- zwei unentgeltliche Telefonate, Faxe oder E-Mails.

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Lieber Fragesteller,

Ihr Flug mit Air France - KLM von Berlin über Paris Charles-de-Gaulle nach Nizza war etwas verspätet aus Berlin losgekommen. Leider haben Sie wegen der Verspätung Berlin - Paris den Weiterflug nach Nizza verpasst und sind in Nizza mit über 6 Stunden Verpätung angekommen.

Bei einer Verspätung kann Ihnen ein Anspruch aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung auf Ausgleichszahlungen zustehen.

Der Europäische Gerichtshof in Brüssel  hat  in einem Urteil die Passagierrechte deutlich gestärkt. Demnach haben Reisende nun auch Recht auf Entschädigungszahlung durch die Fluggesellschaft, wenn sie wegen eines nur leicht verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug verpasst haben.

Laut Urteil ist für den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung allein die Verspätung am Endziel entscheidend. Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Fall mehrteiliger Flüge (also z.B. Zubringerflug von Berlin nach Frankfurt und nachfolgende Langstrecke von Frankfurt nach New York) eine getrennte Betrachtung jeder einzelnen Flugstrecke erfolgen muss. Dies galt bisher auch, wenn beide Flüge in Verbindung gebucht wurden. Im Fall einer Verspätung des Zubringerfluges unter einer Verspätungszeit von drei Stunden konnten Fluggäste bis zu dem Urteil vom 26. Februar 2013 keine Rechte geltend machen – auch wenn die Verspätung am Endziel wegen des verpassten Anschlussfluges erheblich war, sprich mehr als drei Stunden. Die verspätete Landung am Endziel war also nicht relevant für einen Entschädigungsanspruch.

Auch in Ihrem Fall ist nur die Verspätung am Endziel relevant und diese beträgt ca. 6 Stunden.

LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")

Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.

EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)

Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).

Die Höhe der Augleichszahlungen bemisst sich wie folgt:

  • Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
  • Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
  • Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€

Um Ihre Frage abschließend zu beantworten: Wie Sie bereits richtig festgestellt haben, haben Sie einen Komplettflug gebucht und keine getrennten Flüge. Damit konnten Sie als Fluggast auf Grund der Ihnen so angebotenen Verbindung darauf vertrauen, diese auch so wahrzunehmen. Air France ist demnach für beide Strecken vernatwortlich und auch für die Verspätung und muss deswegen die Ausgleichszahlungen für die komplette Strecke entrichten.

 

 

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Lieber Fragesteller,

Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen: 

Ihre Frage betrifft einen hochumstrittenen Umstand bei der Entschädigung wegen Flugverspätung und Flugannullierung: Wie ist die Entfernung definiert und wie wird die Entfernung berechnet? In Art. 7 Abs. 1 S. 2 EU-Fluggastverordnung Nr. 261/2004 heißt es: „Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.“ Die Gretchenfrage aber lautet: Wie ist die Entfernung bei Umsteige-Flügen mit mehreren Flugsegmenten und Zwischenlandung(en) (nicht Stopover) zu berechnen? Ist die Summe der tatsächlich geflogenen Teilstrecken anzusetzen oder nur die Entfernung vom ersten Abflughafen zum letzten Zielort nach der Großkreisentfernung unberücksichtigt der "abgeflogenen" Teilstreckenfolge?

Wie z.B. bei Ihnen:

1. Berlin TXL – Nizza NCE mit Entfernung 1087 km = 250 EUR Ausgleichszahlung pro Person
 
oder
 
2. Berlin TXL – Paris Charles-de-Gaulle CDG mit Entfernung 853 km addiert mit
Paris Charles-de-Gaulle CDG – Nizza NCE mit Entfernung 694 km und in Gesamtsumme als Entfernung 1547 km = 400 EUR Ausgleichszahlung pro Person.
 
So etwas bekommen die Prozessbevollmächtigten der Fluggesellschaften natürlich sofort mit. Und wenn es irgendwelche Einwendungsmöglichkeiten im Prozess gibt, werden die garantiert auch gebracht. In einem aktuellen Fall weigert sich Lufthansa einem Fluggast die weiteren geltend gemachten 150 EUR zu zahlen. Der Fluggast flog mit LH981 von Dublin DUB nach Frankfurt am Main FRA mit Entfernung 1090 km und weiter mit LH832 von Frankfurt am Main FRA nach Kopenhagen CPH mit Entfernung 679 km, in Summe DUB-FRA-CPH also 1769 km. Lufthansa argumentiert, dass die Flugstrecke für die Beförderung von Dublin (DUB) nach Kopenhagen (CPH) nach der Großkreisentfernung 1246 km beträgt und zahlte erstmal gar nichts. Der Fluggast wollte das nicht auf sich sitzen lassen und verlangte 400 EUR, weil die Flugstrecke nach seiner Berechnung in Summe 1769 km beträgt. Nachdem der Fluggast Klage gegen Lufthansa erhoben hatte, zahlte Lufthansa ihm (Oh Wunder devil) 250 EUR. Nach Erledigungserklärungen ging es dann nur noch um die Differenz von 150 EUR.
 
Das Amtsgericht verurteilte Lufthansa lediglich zur Zahlung von 250 EUR, weil „für die Bemessung der Entschädigung sei die Entfernung nach der Großkreismethode von Dublin nach Kopenhagen maßgebend. Da diese Entfernung weniger als 1500 km betrage, stehe dem Kläger nur ein Anspruch in Höhe von 250,- € zu. Diesen Anspruch habe die Beklagte bereits erfüllt. Es komme für die Bemessung der Entschädigung hingegen nicht auf die tatsächlich mit dem Flugzeug zurückgelegte Strecke an, also von Dublin nach Frankfurt am Main und von Frankfurt am Main nach Kopenhagen.
 
Dagegen legte der Fluggast Berufung beim Landgericht Köln ein (LG Köln, Az: 11 S 230/16). Das LG Köln setzte die Berufung aus, um dem Europäischen Gerichtshof die entscheidenden Rechtsfragen im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vorzulegen. 
 
Übrigens: Nach Zustellung und Bekanntgabe des Beschlusses hat Lufthansa dem Fluggast die restlichen 150 EUR gezahlt. Nachtigall ick hör Dir trapsen ...
 
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Hier noch der Beschluss des LG Köln (LG Köln, Az: 11 S 230/16) mit den von Ihnen erfragten Referenzurteilen:

Der Erfolg der Berufung und des Klageantrags hängt davon ab, wie der Begriff „Entfernung" in Art. 7 Abs. 1 VO auszulegen ist, nämlich, ob der Begriff die nach der Groß-kreismethode zu ermittelnde direkte Entfernung zwischen Abflug- und letztem Zielort umfasst oder ob die tatsächlich zurückgelegte Strecke maßgebend ist. Nur unter Zugrundelegung der tatsächlich zurückgelegten Strecke, also bei Addition der Teilstrecken zwischen Dublin und Frankfurt am Main sowie Frankfurt am Main und Kopenhagen, beträgt die Entfernung mehr als 1.500 km und weniger als 3.500 km, so dass dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 400,- € zustehen würde.


Der Begriff der „Entfernung" in Art. 7 Abs. 1 VO wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich ausgelegt.

Nach einer Auffassung soll die tatsächlich zurückgelegte Strecke maßgebend sein, Teilstrecken sollen also zur Ermittlung der Entfernung addiert werden (AG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.10.2013, Az: 29 C 1952/13 (81)AG Düsseldorf, Urt. v. 28.09.2015, Az: 45 C 21/15; Führich, Reiserecht, (7. Aufl. 2015), § 42 Rn. 4; Hk-FluggastVO/Keiler, Art. 7 Rn. 19; für Österreich BGHS Wien, Urt. v. 15. 2.2016, Az: 16 C 129/15k-12). Hierfür wird die streckenabhängige Staffelung der Ausgleichsansprüche in Art. 7 VO angeführt, der sich entnehmen lasse, dass der europäische Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Unannehmlichkeiten für den Fluggast mit der Entfernung wachsen. Aus diesem Bezug zur tatsächlich geflogenen Strecke lasse sich auch ableiten, dass bei der Bemessung der Entfernung bei Umsteigeflügen auf die Summe der Entfernungen der Teilstrecken, also der zwischen dem Startflughafen und Zwischenlandeort· einerseits und der zwischen diesem und dem Endziel andererseits abzustellen ist (AG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.10.2013, Az: 29 C 1952/13 (81); BeckOK FluggastrechteVO/ Maruhn (2. Edition Stand 10.04.2017), Art. 7 Rn. 12). Des Weiteren entspreche diese Auslegung dem Inhalt des Beförderungsvertrages, mit dem gerade die Flugstrecke gebucht. worden ist. Außerdem fielen bei Umsteigeverbindungen zusätzliche Flughafengebühren an, die im Ticketpreis bereits enthalten seien und gegebenenfalls im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms für jeden Flugabschnitt Gutschriften erfolgten, so dass auch hier nicht auf die direkte Verbindung von Start- und Zielort abgestellt werde. Darüber hinaus bringe jede Zwischenlandung ein theoretisches Risiko einer Verzögerung der Personen- oder Gepäckbeförderung mit sich (vgl. Hk-FluggastVO/Keiler, Art. 7 Rn. 19). Zum Teil wird für diese Auffassung auch auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14.10.2010 (Xa ZR 15/10) angeführt.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.10.2015 - Xa ZR 15/10 - befasst sich jedoch nicht mit der vorliegenden Fragestellung. Gegenstand dieser Entscheidung ist vielmehr die Frage, ob bei einer Annullierung einer Teilstrecke nur die Entfernung dieser Teilstrecke, und nicht die Entfernung bis zum letzten Zielort der Reise, maßgebend sein soll. Indem der Bundesgerichtshof den eigentlichen Zielort der Reise für maßgebend hält, hat er nicht entschieden, dass einzelne Teilstrecken – auf dem Weg zum letzten Ziel – zu addieren sind oder die direkte Strecke nach der Großkreismethode zu berechnen ist (so versteht auch BGHS Wien, Urt. v. 15. 2.2016, Az: 16 C 129/15k-12, zitiert nach juris, diese Entscheidung).

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Die Europäische Kommission vertritt in ihren Leitlinien für die Auslegung VO (EG) Nr. 261/2004 die Ansicht, dass „die Entfernung, die bei großer Verspätung bei der Ankunft für den zu leistenden Ausgleich maßgeblich ist, nach der Methode der Großkreisentfernung zwischen dem Abflugsort und dem Endziel, also für die „Reise", ermittelt werden und nicht durch Addition der Großkreisentfernungen der einzelnen relevanten Anschlussflüge, die die „Reise" bilden." (Punkt 4.4.10 - Ziffer 4, lit. d, C x, S. 21*). Diese Auffassung wird von zahlreichen Gerichten geteilt (LG Landshut, Urt. v. 16.12.2015, Az: 13 S 2291/15; jeweils zitiert nach BeckOK Fluggastrechte-VO/Maruhn (2. Edition Stand 10.4.2017), Art. 7 Rn. 12; AG Hamburg; Urt. v. 3. 6.2015 – 120a C 28/15; AG Nürtingen 28.5.2015 – 12 C 394/15; AG Wedding Urt. v. 14.10.2015 - 22a C 193/15, jeweils zitiert nach BeckOK Fluggastrechte-VO/Maruhn (2. Edition Stand 10.4.2017), Art. 7 Rn. 12).

Auch die Kammer schließt sich ihr an. Mit der Europäischen Kommission ist sie der Meinung, dass der Wortlaut der Vorschrift die Bemessung nach der direkten Verbindung nahelegt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der europäische Gesetzgeber davon ausgegangen sein soll, dass die Unannehmlichkeiten für den Fluggast mit der Entfernung wachsen. Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004/EG wurde nämlich ursprünglich und nach ihrem Wortlaut für die Annullierung von Flügen konzipiert. Im Falle einer Annullierung ist ein Fluggast aber während der Reise keinen Unannehmlichkeiten ausgesetzt, da eine solche nicht stattfindet. Es liegt vielmehr nahe, dass der Verordnungsgeber davon ausgegangen ist, dass mit wachsender Entfernung auch der Preis für den Flug steigt und er die Entschädigung in ein angemessenes Verhältnis zu diesem setzen wollte (ähnlich LG Landshut, Urt. v. 16.12.2015 - 13 S 2291/15, zitiert nach juris unter Verweis auf die Ausführungen der Kommission in der Begründung zum Vorschlag der späteren Fluggastrechte-Verordnung, wonach die Kopplung der Ausgleichszahlung an die Flugscheinpreise erfolgen sollte). Würde man die Teilstrecken zur Bemessung der Entfernung in Art. 7 VO addieren, hätte dies zur Folge, dass für Umsteigeverbindungen eine höhere Entschädigung gezahlt werden könnte als bei einer entsprechenden Direktverbindung, obwohl der Preis für Direktverbindungen in der Regel höher ist als für Umsteigeverbindungen. Die Addition der Teilstrecken würde daher zu einem Missverhältnis von Entschädigung und Reisepreis führen.

Die Entscheidung des vorlegenden Gerichts hängt davon ab, ob bei der Berechnung der Entfernung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 S. 2 VO allein die unmittelbare Entfernung zwischen dem Abflug- und dem letzten Zielort entscheidend ist oder die tatsächlich zurückgelegte Flugstrecke (Addition der einzelnen Teilstrecken). Nur im zuletzt genannten Fall stünden dem Kläger weitere 150,- € zu, die er mit der Klage noch geltend macht.

Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Bartholl

RECHTSANWALTSKANZLEI BARTHOLL LEGAL SERVICES
Mommsenstraße 58
10629 Berlin
Telefon +49 (0) 30 5770 39830
www.ra-janbartholl.de

Beachten Sie bitte, dass die vorstehenden Ausführungen keinen Rechtsrat darstellen. Bedenken Sie bitte, dass hier im Rahmen des Meinungsaustausches ohne Kenntnis aller Umstände kein abschließender Rat gegeben werden kann. Der Meinungsaustausch auf dieser Plattform ersetzt keinen Rechtsrat durch einen Rechtsanwalt. Wer eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes oder einen rechtsverbindlichen Rechtsrat wünscht, sollte einen Rechtsanwalt kontaktieren.

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Ihr Flug von Berlin über Paris Charles-de-Gaulle nach Nizza hatte eine Verspätung. Sie haben dadurch einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Artikel 7 VO Nr. 261/2004. Nun stellt sich die Frage, wie hoch Ihre Ausgleichszahlungen sind. Maßgeblich dafür ist die Entfernung. Problematisch ist, wie diese bei einem Flug mit Zwischenlandung berechnet wird.

Hier ergeben sich zwei verschiedene Möglichkeiten:

1. Entfernung zw. Berlin und Paris 878 km + Entfernung zw. Paris und Nizza 686 km = 1.641 km

Würde die Berechnung also nach der tatsächlich zurückgelegten Strecke berechnet werden, hätten Sie einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 400 EUR.

2. Entfernung zw. Berlin und Nizza = 1.081 km

Würde die Berechnung nach der Strecke zwischen Berlin und Nizza erfolgen, hätten Sie jedoch nur einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 EUR

 

Fortsetzung...

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Fortsetzung...

Nun stellt sich die Frage, welche Methode anzuwenden ist. Hierzu hat das LG Landshut in einem ähnlichen Fall folgendes Entschieden:

LG Landshut, Urt. v. 16.12.2015, Az: 13 S 2291/15 (Dieses Urteil lässt sich im Volltext im Internet finden. Dazu einfach "Az: 13 S 2291/15 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Im vorliegenden Fall buchte der Kläger bei einem Luftfahrtunternehmen einen Flug von Rom über Amsterdam nach München. Aufgrund einer Abflugverspätung verpasste er seinen Anschlussflug und kam erst mit mehr als 3 Stunden Verspätung an seinem Zielflughafen an.

Der Kläger hat erstinstanzlich 250,–EUR zugesprochen bekommen. Er geht jedoch in Berufung, da ihm die Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung nicht richtig erscheint. Er beantragt weitere 150,–EUR aufgrund der Distanz die sich bei addieren der beiden Teilstrecken ergibt.

Das Landesgericht Landshut wies die Berufung, wie schon die Vorinstanz ab. Die Berechnung soll sich nicht aus den Teilstrecken ergeben, sondern errechnet sich nach der Großkreismethode aus der unmittelbaren Entfernung zwischen dem Ausgangsflughafen und dem letzten Zielort.

Nach dem Urteil des LG Landshut ist also die Großkreismethode anzuwenden, welche die unmittelbare Entfernung zwischen den Start- und dem Endzielort als maßgebliche Strecke heranzieht. Also in Ihrem Fall die Entfernung zwischen Berlin und Nizza. Damit beträgt die maßgebliche Entfernung unter 1500 km und Sie haben meines Erachtens wirklich nur einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 EUR.

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