Lieber Fragesteller,
Ihr Flug mit Air France - KLM von Berlin über Paris Charles-de-Gaulle nach Nizza war etwas verspätet aus Berlin losgekommen. Leider haben Sie wegen der Verspätung Berlin - Paris den Weiterflug nach Nizza verpasst und sind in Nizza mit über 6 Stunden Verpätung angekommen.
Bei einer Verspätung kann Ihnen ein Anspruch aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung auf Ausgleichszahlungen zustehen.
Der Europäische Gerichtshof in Brüssel hat in einem Urteil die Passagierrechte deutlich gestärkt. Demnach haben Reisende nun auch Recht auf Entschädigungszahlung durch die Fluggesellschaft, wenn sie wegen eines nur leicht verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug verpasst haben.
Laut Urteil ist für den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung allein die Verspätung am Endziel entscheidend. Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Fall mehrteiliger Flüge (also z.B. Zubringerflug von Berlin nach Frankfurt und nachfolgende Langstrecke von Frankfurt nach New York) eine getrennte Betrachtung jeder einzelnen Flugstrecke erfolgen muss. Dies galt bisher auch, wenn beide Flüge in Verbindung gebucht wurden. Im Fall einer Verspätung des Zubringerfluges unter einer Verspätungszeit von drei Stunden konnten Fluggäste bis zu dem Urteil vom 26. Februar 2013 keine Rechte geltend machen – auch wenn die Verspätung am Endziel wegen des verpassten Anschlussfluges erheblich war, sprich mehr als drei Stunden. Die verspätete Landung am Endziel war also nicht relevant für einen Entschädigungsanspruch.
Auch in Ihrem Fall ist nur die Verspätung am Endziel relevant und diese beträgt ca. 6 Stunden.
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Die Höhe der Augleichszahlungen bemisst sich wie folgt:
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Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
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Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
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Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Um Ihre Frage abschließend zu beantworten: Wie Sie bereits richtig festgestellt haben, haben Sie einen Komplettflug gebucht und keine getrennten Flüge. Damit konnten Sie als Fluggast auf Grund der Ihnen so angebotenen Verbindung darauf vertrauen, diese auch so wahrzunehmen. Air France ist demnach für beide Strecken vernatwortlich und auch für die Verspätung und muss deswegen die Ausgleichszahlungen für die komplette Strecke entrichten.