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Sofern ein "direkter Anschlussflug" vorliegt, ist für die entfernungsabhängige Ausgleichszahlung die Gesamtstrecke (Berlin-Nizza) maßgeblich. "Direkt" ist eine zeitliche Komponente, die m.E. 4 Stunden nicht überschreiten darf. Allerdings auch nur dann, wenn die maßgebende Verspätung auf der ersten Teilstrecke eingetreten ist. Ausgleichspflichtiger ist in diesem Fall der ausführende Carrier der ersten Teilstrecke. Eine Nichtbeförderung auf der zweiten Teilstrecke bei verpasstem Anschlussflug liegt grds. mangels Einstiegsverweigerung seitens der Fluggesellschaft des Anschlussfluges nicht vor. Liegt hingegen die maßgebliche Verspätung von mindestens 3 Stunden am Zielort allein im Verantwortungsbereich des zweiten Carriers, ist auch nur diese Teilstrecke für die Berechnung der Ausgleichszahlung maßgebend. Der erste Carrier kann mangels Verantwortlichkeit für die Verspätung eh nicht in Anspruch genommen werden.

Liegt kein "direkter Anschlussflug" vor, sind die Einzelstrecken auf hinreichende Verspätung hin zu überprüfen. Mfg
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Lieber Fragesteller,

Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen: 

Ihre Frage betrifft einen hochumstrittenen Umstand bei der Entschädigung wegen Flugverspätung und Flugannullierung: Wie ist die Entfernung definiert und wie wird die Entfernung berechnet? In Art. 7 Abs. 1 S. 2 EU-Fluggastverordnung Nr. 261/2004 heißt es: „Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.“ Die Gretchenfrage aber lautet: Wie ist die Entfernung bei Umsteige-Flügen mit mehreren Flugsegmenten und Zwischenlandung(en) (nicht Stopover) zu berechnen? Ist die Summe der tatsächlich geflogenen Teilstrecken anzusetzen oder nur die Entfernung vom ersten Abflughafen zum letzten Zielort nach der Großkreisentfernung unberücksichtigt der "abgeflogenen" Teilstreckenfolge?

Wie z.B. bei Ihnen:

1. Berlin TXL – Nizza NCE mit Entfernung 1087 km = 250 EUR Ausgleichszahlung pro Person
 
oder
 
2. Berlin TXL – Paris Charles-de-Gaulle CDG mit Entfernung 853 km addiert mit
Paris Charles-de-Gaulle CDG – Nizza NCE mit Entfernung 694 km und in Gesamtsumme als Entfernung 1547 km = 400 EUR Ausgleichszahlung pro Person.
 
So etwas bekommen die Prozessbevollmächtigten der Fluggesellschaften natürlich sofort mit. Und wenn es irgendwelche Einwendungsmöglichkeiten im Prozess gibt, werden die garantiert auch gebracht. In einem aktuellen Fall weigert sich Lufthansa einem Fluggast die weiteren geltend gemachten 150 EUR zu zahlen. Der Fluggast flog mit LH981 von Dublin DUB nach Frankfurt am Main FRA mit Entfernung 1090 km und weiter mit LH832 von Frankfurt am Main FRA nach Kopenhagen CPH mit Entfernung 679 km, in Summe DUB-FRA-CPH also 1769 km. Lufthansa argumentiert, dass die Flugstrecke für die Beförderung von Dublin (DUB) nach Kopenhagen (CPH) nach der Großkreisentfernung 1246 km beträgt und zahlte erstmal gar nichts. Der Fluggast wollte das nicht auf sich sitzen lassen und verlangte 400 EUR, weil die Flugstrecke nach seiner Berechnung in Summe 1769 km beträgt. Nachdem der Fluggast Klage gegen Lufthansa erhoben hatte, zahlte Lufthansa ihm (Oh Wunder devil) 250 EUR. Nach Erledigungserklärungen ging es dann nur noch um die Differenz von 150 EUR. 
 
Das Amtsgericht verurteilte Lufthansa lediglich zur Zahlung von 250 EUR, weil „für die Bemessung der Entschädigung sei die Entfernung nach der Großkreismethode von Dublin nach Kopenhagen maßgebend. Da diese Entfernung weniger als 1500 km betrage, stehe dem Kläger nur ein Anspruch in Höhe von 250,- € zu. Diesen Anspruch habe die Beklagte bereits erfüllt. Es komme für die Bemessung der Entschädigung hingegen nicht auf die tatsächlich mit dem Flugzeug zurückgelegte Strecke an, also von Dublin nach Frankfurt am Main und von Frankfurt am Main nach Kopenhagen.
 
Dagegen legte der Fluggast Berufung beim Landgericht Köln ein (LG Köln, Az: 11 S 230/16). Das LG Köln setzte die Berufung aus, um dem Europäischen Gerichtshof die entscheidenden Rechtsfragen im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vorzulegen. 
 
Übrigens: Nach Zustellung und Bekanntgabe des Beschlusses hat Lufthansa dem Fluggast die restlichen 150 EUR gezahlt. Nachtigall ick hör Dir trapsen ...
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Hier noch der Beschluss des LG Köln (LG Köln, Az: 11 S 230/16) mit den von Ihnen erfragten Referenzurteilen:

Der Erfolg der Berufung und des Klageantrags hängt davon ab, wie der Begriff „Entfernung" in Art. 7 Abs. 1 VO auszulegen ist, nämlich, ob der Begriff die nach der Groß-kreismethode zu ermittelnde direkte Entfernung zwischen Abflug- und letztem Zielort umfasst oder ob die tatsächlich zurückgelegte Strecke maßgebend ist. Nur unter Zugrundelegung der tatsächlich zurückgelegten Strecke, also bei Addition der Teilstrecken zwischen Dublin und Frankfurt am Main sowie Frankfurt am Main und Kopenhagen, beträgt die Entfernung mehr als 1.500 km und weniger als 3.500 km, so dass dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 400,- € zustehen würde.


Der Begriff der „Entfernung" in Art. 7 Abs. 1 VO wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich ausgelegt.

Nach einer Auffassung soll die tatsächlich zurückgelegte Strecke maßgebend sein, Teilstrecken sollen also zur Ermittlung der Entfernung addiert werden (AG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.10.2013, Az: 29 C 1952/13 (81)AG Düsseldorf, Urt. v. 28.09.2015, Az: 45 C 21/15; Führich, Reiserecht, (7. Aufl. 2015), § 42 Rn. 4; Hk-FluggastVO/Keiler, Art. 7 Rn. 19; für Österreich BGHS Wien, Urt. v. 15. 2.2016, Az: 16 C 129/15k-12). Hierfür wird die streckenabhängige Staffelung der Ausgleichsansprüche in Art. 7 VO angeführt, der sich entnehmen lasse, dass der europäische Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Unannehmlichkeiten für den Fluggast mit der Entfernung wachsen. Aus diesem Bezug zur tatsächlich geflogenen Strecke lasse sich auch ableiten, dass bei der Bemessung der Entfernung bei Umsteigeflügen auf die Summe der Entfernungen der Teilstrecken, also der zwischen dem Startflughafen und Zwischenlandeort· einerseits und der zwischen diesem und dem Endziel andererseits abzustellen ist (AG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.10.2013, Az: 29 C 1952/13 (81); BeckOK FluggastrechteVO/ Maruhn (2. Edition Stand 10.04.2017), Art. 7 Rn. 12). Des Weiteren entspreche diese Auslegung dem Inhalt des Beförderungsvertrages, mit dem gerade die Flugstrecke gebucht. worden ist. Außerdem fielen bei Umsteigeverbindungen zusätzliche Flughafengebühren an, die im Ticketpreis bereits enthalten seien und gegebenenfalls im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms für jeden Flugabschnitt Gutschriften erfolgten, so dass auch hier nicht auf die direkte Verbindung von Start- und Zielort abgestellt werde. Darüber hinaus bringe jede Zwischenlandung ein theoretisches Risiko einer Verzögerung der Personen- oder Gepäckbeförderung mit sich (vgl. Hk-FluggastVO/Keiler, Art. 7 Rn. 19). Zum Teil wird für diese Auffassung auch auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14.10.2010 (Xa ZR 15/10) angeführt.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.10.2015 - Xa ZR 15/10 - befasst sich jedoch nicht mit der vorliegenden Fragestellung. Gegenstand dieser Entscheidung ist vielmehr die Frage, ob bei einer Annullierung einer Teilstrecke nur die Entfernung dieser Teilstrecke, und nicht die Entfernung bis zum letzten Zielort der Reise, maßgebend sein soll. Indem der Bundesgerichtshof den eigentlichen Zielort der Reise für maßgebend hält, hat er nicht entschieden, dass einzelne Teilstrecken – auf dem Weg zum letzten Ziel – zu addieren sind oder die direkte Strecke nach der Großkreismethode zu berechnen ist (so versteht auch BGHS Wien, Urt. v. 15. 2.2016, Az: 16 C 129/15k-12, zitiert nach juris, diese Entscheidung).

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Die Europäische Kommission vertritt in ihren Leitlinien für die Auslegung VO (EG) Nr. 261/2004 die Ansicht, dass „die Entfernung, die bei großer Verspätung bei der Ankunft für den zu leistenden Ausgleich maßgeblich ist, nach der Methode der Großkreisentfernung zwischen dem Abflugsort und dem Endziel, also für die „Reise", ermittelt werden und nicht durch Addition der Großkreisentfernungen der einzelnen relevanten Anschlussflüge, die die „Reise" bilden." (Punkt 4.4.10Ziffer 4, lit. d, C x, S. 21*). Diese Auffassung wird von zahlreichen Gerichten geteilt (LG Landshut, Urt. v. 16.12.2015, Az: 13 S 2291/15; jeweils zitiert nach BeckOK Fluggastrechte-VO/Maruhn (2. Edition Stand 10.4.2017), Art. 7 Rn. 12; AG Hamburg; Urt. v. 3. 6.2015 – 120a C 28/15; AG Nürtingen 28.5.2015 – 12 C 394/15; AG Wedding Urt. v. 14.10.2015 - 22a C 193/15, jeweils zitiert nach BeckOK Fluggastrechte-VO/Maruhn (2. Edition Stand 10.4.2017), Art. 7 Rn. 12).

Auch die Kammer schließt sich ihr an. Mit der Europäischen Kommission ist sie der Meinung, dass der Wortlaut der Vorschrift die Bemessung nach der direkten Verbindung nahelegt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der europäische Gesetzgeber davon ausgegangen sein soll, dass die Unannehmlichkeiten für den Fluggast mit der Entfernung wachsen. Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004/EG wurde nämlich ursprünglich und nach ihrem Wortlaut für die Annullierung von Flügen konzipiert. Im Falle einer Annullierung ist ein Fluggast aber während der Reise keinen Unannehmlichkeiten ausgesetzt, da eine solche nicht stattfindet. Es liegt vielmehr nahe, dass der Verordnungsgeber davon ausgegangen ist, dass mit wachsender Entfernung auch der Preis für den Flug steigt und er die Entschädigung in ein angemessenes Verhältnis zu diesem setzen wollte (ähnlich LG Landshut, Urt. v. 16.12.2015 - 13 S 2291/15, zitiert nach juris unter Verweis auf die Ausführungen der Kommission in der Begründung zum Vorschlag der späteren Fluggastrechte-Verordnung, wonach die Kopplung der Ausgleichszahlung an die Flugscheinpreise erfolgen sollte). Würde man die Teilstrecken zur Bemessung der Entfernung in Art. 7 VO addieren, hätte dies zur Folge, dass für Umsteigeverbindungen eine höhere Entschädigung gezahlt werden könnte als bei einer entsprechenden Direktverbindung, obwohl der Preis für Direktverbindungen in der Regel höher ist als für Umsteigeverbindungen. Die Addition der Teilstrecken würde daher zu einem Missverhältnis von Entschädigung und Reisepreis führen.

Die Entscheidung des vorlegenden Gerichts hängt davon ab, ob bei der Berechnung der Entfernung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 S. 2 VO allein die unmittelbare Entfernung zwischen dem Abflug- und dem letzten Zielort entscheidend ist oder die tatsächlich zurückgelegte Flugstrecke (Addition der einzelnen Teilstrecken). Nur im zuletzt genannten Fall stünden dem Kläger weitere 150,- € zu, die er mit der Klage noch geltend macht.

Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Bartholl

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Beachten Sie bitte, dass die vorstehenden Ausführungen keinen Rechtsrat darstellen. Bedenken Sie bitte, dass hier im Rahmen des Meinungsaustausches ohne Kenntnis aller Umstände kein abschließender Rat gegeben werden kann. Der Meinungsaustausch auf dieser Plattform ersetzt keinen Rechtsrat durch einen Rechtsanwalt. Wer eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes oder einen rechtsverbindlichen Rechtsrat wünscht, sollte einen Rechtsanwalt kontaktieren.

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Ihr Flug von Berlin über Paris Charles-de-Gaulle nach Nizza hatte eine Verspätung. Sie haben dadurch einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Artikel 7 VO Nr. 261/2004. Nun stellt sich die Frage, wie hoch Ihre Ausgleichszahlungen sind. Maßgeblich dafür ist die Entfernung. Problematisch ist, wie diese bei einem Flug mit Zwischenlandung berechnet wird.

Hier ergeben sich zwei verschiedene Möglichkeiten:

1. Entfernung zw. Berlin und Paris 878 km + Entfernung zw. Paris und Nizza 686 km = 1.641 km

Würde die Berechnung also nach der tatsächlich zurückgelegten Strecke berechnet werden, hätten Sie einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 400 EUR.

2. Entfernung zw. Berlin und Nizza = 1.081 km

Würde die Berechnung nach der Strecke zwischen Berlin und Nizza erfolgen, hätten Sie jedoch nur einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 EUR

Fortsetzung...

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Fortsetzung...

Nun stellt sich die Frage, welche Methode anzuwenden ist. Hierzu hat das LG Landshut in einem ähnlichen Fall folgendes Entschieden:

LG Landshut, Urt. v. 16.12.2015, Az: 13 S 2291/15 (Dieses Urteil lässt sich im Volltext im Internet finden. Dazu einfach "Az: 13 S 2291/15 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Im vorliegenden Fall buchte der Kläger bei einem Luftfahrtunternehmen einen Flug von Rom über Amsterdam nach München. Aufgrund einer Abflugverspätung verpasste er seinen Anschlussflug und kam erst mit mehr als 3 Stunden Verspätung an seinem Zielflughafen an.

Der Kläger hat erstinstanzlich 250,–EUR zugesprochen bekommen. Er geht jedoch in Berufung, da ihm die Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung nicht richtig erscheint. Er beantragt weitere 150,–EUR aufgrund der Distanz die sich bei addieren der beiden Teilstrecken ergibt.

Das Landesgericht Landshut wies die Berufung, wie schon die Vorinstanz ab. Die Berechnung soll sich nicht aus den Teilstrecken ergeben, sondern errechnet sich nach der Großkreismethode aus der unmittelbaren Entfernung zwischen dem Ausgangsflughafen und dem letzten Zielort.

Nach dem Urteil des LG Landshut ist also die Großkreismethode anzuwenden, welche die unmittelbare Entfernung zwischen den Start- und dem Endzielort als maßgebliche Strecke heranzieht. Also in Ihrem Fall die Entfernung zwischen Berlin und Nizza. Damit beträgt die maßgebliche Entfernung unter 1500 km und Sie haben meines Erachtens wirklich nur einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 EUR.

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