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Guten Abend.

Mein Name ist Thomas S. und ich bin im Jahr 2016 selber als Passagier von dem "wilden Streik" und den ganzen Flugverspätungen bzw. -ausfällen betroffen gewesen. Genauer genommen handelte es sich um den Flug X3 2814 von Düsseldorf nach Faro, am 5.10.2016 um 06:10Uhr. Stattdessen wurde uns 10Min vor dem regulären Start mitgeteilt, dass der Flug annuliert wurde, einen alternativen Flug gab es nicht. 

Wie so viele andere Betroffene auch, verlange ich auch eine Entschädigung von TUIfly.
Nachdem ich sie ganz höflich um eine Entschädigung gebeten habe, diese mir jedoch abgelehnt haben, möchte ich nun eigntl. vors Gericht ziehen. Allerdings sind mir die Anwaltskosten doch etwas zu hoch, weshalb ich mich nun erstmal hier informieren möchte, ob überhaupt tatsächlich Chancen für eine Entschädigungssumme da sind oder nicht.

Damals habe ich mit einem Passagier die Nummern ausgetauscht und seitdem stehen wir regelmäßig im Kontakt. Er zum Beispiel ist vors Gericht gezogen.
Leider ohne Erfogl. Das Gericht ist der Meinung gewesen, dass es sich bei dem Flugausfall um einen außergewöhnlichen Umstand handlte und deshalb dem Kläger kein Anspruch auf Ausgleichszahlung zusteht.
In der Begründung hieß es wohl, dass man zwar grundsätzlich bei einem Flugausfall, der wegen fehlenden Personals -egal aus welchen Gründen- grds. nicht von einem außergewöhnlichen Umstand auszugehen ist. Stattdessen seien solche Umstände, die sich innerhalb der betrieblichen Sphäre der Fluggesellschaft immer ereignen können und deshalb nicht "außergewöhnlich" sind.
In diesem Fall ist es jedoch so gewesen, das an dem besagten Tag 05.10.2016, knapp 70% des Cockpit-Personals und knapp 43% des Kabinenpersonals fehlten, was sehr hoch ist.
Aufgrund dieser hohen Quote ist ein außergewöhnlicher Umstand nach Art. 5 Abs. 3 VO begründet.
Außerdem wurden ab dem 05.10. große Teile der Flüge annuliert und nicht wie an den Vortagen verspätetet durchgeführt.

Ich möchte gerne wissen, ob das so stimmt?
Ich habe mich im Internet dazu belesen, jedoch konnte ich bisher nichts konkretes finden, wann von einem außergewöhnlichen Umstand im vorliegenden den Fall auszugehen ist und wann nicht.
Gibt es eine bestimmte Ausfall-Quote der Mitarbeiter, ab der man dann auch von einem außergewöhnlichen Umstand sprechen kann?
Wie ist denn die Lage zu beurteilen, wenn Pauschalreise auf dem Hinflug bereits durch TUIfly nicht erfüllt wird?

Ich danke euch!

Gefragt in Europäische Fluggastrechte von
wieder getaggt von
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Hallo Thomas,

zunächst möchte ich auf das Anliegen des wilden Streiks eingehen.

Wie du sicher schon bemerkt hast, gibt es unterschiedliche Rechtsprechungen dazu, auch weil dein Freund selbst davon betroffen war. Hier einmal die beiden Meinungen von zwei Gerichten, die ich hier stellvertretend nenne:

AG Frankfurt a.M., Urt. v. 03.03.2017, Az.: 31 C 117/17 (16)
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund massenhafter angeblicher Krankmeldungen des Flugpersonals, so kann sich die Airline nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen.

AG Brühl, Urt. v. 20.02.2017, Az.: 3 C 480/16
Ein außergewöhnlicher Umstand gem. Art. 5 III der VO liegt selbst bei massenhaften unberechtigten Krankmeldungen von Mitarbeitern nicht vor. Ein solcher "Wilder Streik" ist nicht vergleichbar mit einem regulären, von einer Gewerkschaft organisierten Streik.

Weil die Gerichte unterschiedlich entschieden haben, wurde die Frage dem EuGH vorgelegt. Dieser hat im April 2018 eine Entscheidung veröffentlicht, die du bei Interesse unter folgendem Link nachlesen kannst:

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=201149&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

Der EuGH hat hierbei zwei wichtige Voraussetzungen festgelegt:

Zum einen dürfe das Ereignis, das zu den Behinderungen führte, nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit sein. Zum anderen dürfe es von der Airline nicht beherrschbar sein.

Der wilde Streik bei TUI wurde durch den sogenannten „Management Letter“ ausgelöst. Dieser Brief war eine Ankündigung von TUI über eine überraschende Umstrukturierung. Ein Streik der Mitarbeiter als Reaktion auf eine Umstrukturierung ist nicht ungewöhnlich, weshalb der EuGH den wilden Streik 2016 als Teil der normalen Geschäftstätigkeit betrachtet. Was die Unbeherrschbarkeit angeht, so hat das Gericht entschieden, dass der Streik durchaus beherrschbar war. Nach der Einigung zwischen Konzern und Betriebsrat endete der Streik sofort.

Daraus folgt, dass der wilde Streik 2016 kein außergewöhnlicher Umstand ist, TUI muss also jedem betroffenen Passagier eine Entschädigung zahlen.

Zu deiner Frage, wann ein Streik ein außergewöhnlicher Umstand ist, lege ich dir folgenden Link ans Herz:

http://passagierrechte.org/Au%C3%9Fergew%C3%B6hnliche_Umst%C3%A4nde#Streiks

Hier heißt es, dass ein Streik als außergewöhnlicher Umstand gilt, wenn er vom Unternehmen nicht vorhersehbar war. Die Flugunternehmen haben bei einer Vorhersehbarkeit Zeit, sich um Ersatzpiloten zu kümmern. Ein Streik kann also durchaus ein außergewöhnlicher Umstand sein, allerdings reicht die bloße Existenz eines Streiks nicht aus. Eine Fluggesellschaft muss begründen können, dass der Streik nicht vorhersehbar war und nicht genügend Zeit war, um Maßnahmen zu treffen, die den Streik abmildern können.

Deine letzte Frage bezieht sich darauf, was bei einem Hinflug einer Pauschalreise passiert, der wegen eines Streiks annulliert wurde.

In diesem Fall ist es immer ratsam sich mit dem Reiseveranstalter in Verbindung zu setzen. Es besteht dann die Möglichkeit den Flug umzubuchen und die Pauschalreise dennoch anzutreten. Sollte der Hinflug dadurch später stattfinden, kann der Reisende eine anteilige Erstattung des Reisepreises verlangen. Dies ist aber von Fall zu Fall unterschiedlich. Für eine konkrete Beantwortung fehlen hier Informationen.

Ich habe hier lediglich meine eigene Meinung geschrieben. Falls es einen konkreten Fall geben sollte, wende dich sicherheitshalber an einen Anwalt, damit Einzelfragen besser beantwortet werden können.

Ich hoffe, ich konnte dennoch etwas Licht ins Dunkel bringen

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