Hallo Thomas,
zunächst möchte ich auf das Anliegen des wilden Streiks eingehen.
Wie du sicher schon bemerkt hast, gibt es unterschiedliche Rechtsprechungen dazu, auch weil dein Freund selbst davon betroffen war. Hier einmal die beiden Meinungen von zwei Gerichten, die ich hier stellvertretend nenne:
AG Frankfurt a.M., Urt. v. 03.03.2017, Az.: 31 C 117/17 (16)
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund massenhafter angeblicher Krankmeldungen des Flugpersonals, so kann sich die Airline nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen.
AG Brühl, Urt. v. 20.02.2017, Az.: 3 C 480/16
Ein außergewöhnlicher Umstand gem. Art. 5 III der VO liegt selbst bei massenhaften unberechtigten Krankmeldungen von Mitarbeitern nicht vor. Ein solcher "Wilder Streik" ist nicht vergleichbar mit einem regulären, von einer Gewerkschaft organisierten Streik.
Weil die Gerichte unterschiedlich entschieden haben, wurde die Frage dem EuGH vorgelegt. Dieser hat im April 2018 eine Entscheidung veröffentlicht, die du bei Interesse unter folgendem Link nachlesen kannst:
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=201149&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1
Der EuGH hat hierbei zwei wichtige Voraussetzungen festgelegt:
Zum einen dürfe das Ereignis, das zu den Behinderungen führte, nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit sein. Zum anderen dürfe es von der Airline nicht beherrschbar sein.
Der wilde Streik bei TUI wurde durch den sogenannten „Management Letter“ ausgelöst. Dieser Brief war eine Ankündigung von TUI über eine überraschende Umstrukturierung. Ein Streik der Mitarbeiter als Reaktion auf eine Umstrukturierung ist nicht ungewöhnlich, weshalb der EuGH den wilden Streik 2016 als Teil der normalen Geschäftstätigkeit betrachtet. Was die Unbeherrschbarkeit angeht, so hat das Gericht entschieden, dass der Streik durchaus beherrschbar war. Nach der Einigung zwischen Konzern und Betriebsrat endete der Streik sofort.
Daraus folgt, dass der wilde Streik 2016 kein außergewöhnlicher Umstand ist, TUI muss also jedem betroffenen Passagier eine Entschädigung zahlen.
Zu deiner Frage, wann ein Streik ein außergewöhnlicher Umstand ist, lege ich dir folgenden Link ans Herz:
http://passagierrechte.org/Au%C3%9Fergew%C3%B6hnliche_Umst%C3%A4nde#Streiks
Hier heißt es, dass ein Streik als außergewöhnlicher Umstand gilt, wenn er vom Unternehmen nicht vorhersehbar war. Die Flugunternehmen haben bei einer Vorhersehbarkeit Zeit, sich um Ersatzpiloten zu kümmern. Ein Streik kann also durchaus ein außergewöhnlicher Umstand sein, allerdings reicht die bloße Existenz eines Streiks nicht aus. Eine Fluggesellschaft muss begründen können, dass der Streik nicht vorhersehbar war und nicht genügend Zeit war, um Maßnahmen zu treffen, die den Streik abmildern können.
Deine letzte Frage bezieht sich darauf, was bei einem Hinflug einer Pauschalreise passiert, der wegen eines Streiks annulliert wurde.
In diesem Fall ist es immer ratsam sich mit dem Reiseveranstalter in Verbindung zu setzen. Es besteht dann die Möglichkeit den Flug umzubuchen und die Pauschalreise dennoch anzutreten. Sollte der Hinflug dadurch später stattfinden, kann der Reisende eine anteilige Erstattung des Reisepreises verlangen. Dies ist aber von Fall zu Fall unterschiedlich. Für eine konkrete Beantwortung fehlen hier Informationen.
Ich habe hier lediglich meine eigene Meinung geschrieben. Falls es einen konkreten Fall geben sollte, wende dich sicherheitshalber an einen Anwalt, damit Einzelfragen besser beantwortet werden können.
Ich hoffe, ich konnte dennoch etwas Licht ins Dunkel bringen