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Hallo zusammen,

ich habe im Juli 2017 über die Webseite Seat24.de zwei Flüge für März diesen Jahres von Brüssel nach Praslin (Seychellen) und zurück gebucht. Die durchführende Airline von Brüssel (mit Zwischenstopp in Wien) nach Addis Abeba, sowie von Addis Abeba nach Mahe war Ethiopian Airlines. Die durchführende Airline von Mahe nach Praslin war Air Seychelles.

Als ich nun vor ca. 2 Wochen am Fluhafen Brüssel am Schalter einchecken wollte, wurde mir mitgeteilt, dass mein Flug storniert wurde. Die Tickets hätten einen "No-Go" Status;  Air Seychelles hätte die Tickets storniert (bereits Monate zuvor), da es einen Betrug mit den Kerosinsteuern (oder so) gegeben hätte. Leider konnte mir Ethiopian Airlines nicht weiterhelfen, da die Tickets nicht von Ihnen sondern Air Seychelles ausgestellt wurden. Darüberhinaus gab es den Flug so schon gar nicht mehr, da der Flug von Brüssel nach Addis Abeba nicht mehr in Wien, sondern in Mailand stoppte und auch die Flugzeit war vorverlegt worden.

Ich habe also sofort Seat24 angerufen, um mich zu informieren was los sei. Immerhin konnte ich im gleichen Augenblick meine Tickets online noch finden und der Status war confirmed. Nachdem mir ein deutschsprachiger Mitarbeiter nicht helfen konnte, ich hatte irgendeine Durchwahl angegeben, da es keine passende für mein Anliegen gab und ich bereits zum dritten Mal Anrief, wurde ich mit einem englischsprechenden und anfänglich freundlichem Herren verbunden. Während dieser sich meine Daten anschaute rutschte ihm ein "Holy s***" heraus und er stellte zu seinem erstaunen fest, dass mein Flug tatsächlich storniert wurde. Offenbar hatte Seat24's System nichts bemerkt, da auch meine Unterlagen in Ordnung aussahen und ich sogar noch 2 Tage zuvor eine Email erhielt, welche mir "Einen schönen Urlaub auf Praslin" wünschte. Ich fragte ihn, ob er mir nun einen Alternativflug verschaffen kann; immerhin habe ich bereits Hotel, Mietwagen, und Fähren vor Ort gebucht und es würde ein enormer Schaden entstehen, wenn ich nicht reisen könne. Er teilte mir mit, dass er nichts machen kann. Air Seychelles habe die Tickets storniert und müsse mich darüber informieren. Er sei dafür nicht verantwortlich und könne nichts ohne deren Zustimmung machen. Sein Ton wurde rauer und er verstand mein eigentlich sehr gutes Englisch plötzlich immer schlechter. Also fragte ich ihn konkret, wie nun die nächsten Schritte aussehen, ob ich nun Air Seychelles anrufen solle. Er bejahte dies, da er nichts machen kann und es nicht Seat24's Anliegen sei.

Also rief ich die deutsche Hotline von Air Seychelles an. Dort erreichte ich eine, nachdem ich Ihr mitteilte in Brüssel gestrandet zu sein, ebenfalls sehr "entnervte" Mitarbeiterin. Diese teilte mir mit, dass die Tickets storniert seien und damit nichts mehr anzufangen ist. Wenn ich dennoch reisen wolle, müsste ich neuee Tickets kaufen. Ich sagte Ihr mit, dass es nicht sein könne, dass ich nun im wahrsten Sinne des Wortes Tickets last Minute zu überteuerten Preisen erwerben müsse. Und, dass Air Seychelles mich nicht informiert hat und sie mir deswegen eine Alternative anbieten müssen. Dies wurde verneint und es wurde klar gestellt, dass meine Tickets ungültig ist und eine Neu-Buchung für mich der einzige Weg zu Reisen sei. Die Mitarbeiterin teilte mir auch mit, dass sie den "No-Go" Status auf "OK" ändern lassen wird, damit ich bei meinem Reiseanbieter mein Geld zurück fordern kann. Mit "No-Go" wäre alles eingefroren und ich könne weder Reisen noch einen Refund beantragen. Da die Situation ausweglos war bedankte ich mich für das Telefonat und forderte Sie auf, mir den Sachverhalt und die Änderung des Status mir bitte schriftlich an meine Emailadresse zu bestätigen. Diese Email ist bis heute nicht eingetroffen.

Die Situation war ausweglos und keiner konnte/wollte mir helfen. Die Mitarbeiterin von Ethiopian Airlines teilte mir mit, dass Sie für mich leider nichts tun kann; die Tickets seien von Air Seychelles ausgestellt und storniert worden. Sie könne für mich nur einen neuen Flug über Ethiopian Airlines buchen, sollte ich noch mitfliegen wollen.

Nach langer Überlegung, den ganzen Telefonaten und aufgrund von Alternativlosigkeit (Flüge von anderen Airports wie Amsterdam, Köln, Düsseldorf waren nicht günstiger und hätten mir mindestens einen Urlaubstag geraubt und ich war extra per Flugzeug nach Brüssel angereist und hätte ansonsten am Flughafen schlafen müssen) habe ich also über Ethiopian Airlines 2 neue Tickets nach Mahe gebucht. Da meine ursprünglichen Flüge jedoch nach Praslin gingen und ich folglich dort mein Hotel gebucht hatte musste ich also separat noch 2 Tickets von Mahe nach Praslin buchen.

Ich habe nun drei Fragen:

1) Wer ist für den entstandenen Schaden verantwortlich; hätte mich Air Seychelles informieren müssen oder ist es ein Fehler von Seat24 die Flugstornierung "verschlafen zu haben"?

2) Wie ist der Schaden bemessen? Nach den EU Fluggastrechten (600 Euro p.P. fix) oder nach dem Montrealer Abkommen (Schaden in Höhe der Mehrkosten, welche ich tragen musste)?

3) Ich habe bis heute kein Geld für die stornierten Flüge zurück erhalten. Ist es klug dies von Seat24 zurück zu fordern oder hätte das eventuell Nachteile in einem Rechtsstreit?

Vielen Dank für Eure Hilfe und viele Grüße

Tobias
Gefragt in Flugannullierung von
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1 Antwort

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Hallo Tobias,

Sie haben Flüge mit Air Seychelles gebucht. Diese wurden jedoch storniert, ohne, dass Sie darüber informiert wurden.

Sie fragen sich nun, welche Ansprüche Sie gegen die Fluggesellschaft durchsetzen können. Mögliche Ansprüche ergeben sich aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung. Dafür müsste zunächst eine große Verspätung oder Annullierung vorliegen.

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach für Sie zu finden, wenn Sie eingeben: EuGH C-83/10 reise-recht-wiki.de)

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird.

Da Ihr Flug komplett storniert wurde, liegt in Ihrem Fall auf jeden Fall eine Annullierung des ursprünglich gebuchten Fluges vor.

Sie können demnach einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 haben.

Die Höhe der Ausgleichsazhlungen bemisst sich nach der Entfernung und ergibt sich aus Artikel 7 der VO Nr. 261/2004.

- Bei einer Strecke von bis zu 1500km und einer Verspätung ab 2 Stunden: 250€

- Bei einer Strecke von 1500km bis 3500km und einer Verspätung ab 3 Stunden: 400€

- Bei einer Strecke von 3500km oder mehr und einer Verspätung ab 4 Stunden: 600€

Der Anspruch auf Ausgleichszahlungen entfällt jedoch, wenn der Fluggast gem. Art. 5c)i) mindestens 14 Tage vor dem Abflug von der über die Flugverlegung informiert wird.

Art. 5 c)i) VO Nr. 261/2004:

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet

Sie wurden überhaupt nicht informiert und fragen sich nun, wer denn eigentlich dafür verantwortlich gewesen wäre, Sie über die Annullierung zu informieren. Die Fluggesellschaft oder Seat24, bei der Sie die Flüge gebucht haben. Hier hilft ein Blick in die Verordnung, denn mögliche Ansprüche richten sich immer gegen die Fluggesellschaft und guckt man auf Art. 5 lässt sich auch diesem entnehmen, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen dafür verantwortlich ist, den Fluggast zu unterrichten. Air Seychelles hätte Sie also über die Annullierung informieren müssen. Da Sie dieses versäumt haben, steht Ihnen meines Erachtens schonmal ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004.

Zudem haben Sie im Falle einer Annullierung auch einen Anspruch auf anderweitige Beförderung aus Art 8 VO Nr. 261/2004:

Nach Art. 8 kann der Fluggast zwischen folgenden Optionen wählen:

  • der vollständigen Erstattung der gesamten Flugscheinkosten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde
  • einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühstmöglichen Zeitpunkt
  • einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt auf Wunsch des Fluggasts

Sie hatten also die Möglichkeit gehabt, den Flug zu stornieren und die Flugkosten zurückzubekommen. Diese sollten Sie auf jeden Fall von Ihrer Fluggesellschaft zurückfordern. Denn Air Seychelles hätte Ihnen anderweitig eine Alternativbeförderung zu vergleichbaren Beförderungsbedingungen anbieten müssen. Das bedeutet, dass der Fluggast einen Anspruch auf den gleicher Flughafen, die gleiche oder sogar höhere Buchungsklasse, die gleiche Abflugzeit, die gleiche Ankunftszeit am letzten Zielort und einen Non-Stop-Flug, wenn keine Zwischenlandung vereinbart. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen sind klar: Die Fluggesellschaft hat dem Fluggast eine Alternativbeförderung anzubieten. Dieses wurde Ihnen nicht gewährleistet. Die zusätzlichen Kosten die Ihnen dadurch entstanden sind, können Sie im Wege des Aufwendungsersatzes geltend machen. Denn Sie können sämtliche Kosten und Aufwendungen von der Fluggesellschaft verlangen, die zur Mängelbeseitigung objektiv erforderlich waren. Erforderlich sind Aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender Fluggast für eine vertretbare, d.h. geeignete und Erfolg versprechende Maßnahme der Mängelbeseitigung halten konnte und musste.
Ich denke also, dass Sie sowohl einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegenüber der Fluggesellschaft als auch einen Ersatz der Kosten für die neu gebuchten Flugtickets und alle anderen Mehrkosten haben.
Da Ihr Fall jedoch relativ komplex ist, könnte es hilfreich sein, einen 
Fachanwalt im Reiserecht zu Rate zu ziehen.

Beantwortet von (20,610 Punkte)
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Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort.
Den Reisepreis habe ich mittlerweile erstattet bekommen, sodass ich mich nun um den Aufwendungsersatz und die Ausgleichszahlung kümmern kann.

Hierzu habe ich jedoch noch zwei konkrete Fragen bzgl. Ihrer Antwort und zwar:
1) Betreffend EG Art. 7 VO Nr. 261/2004: Ist ausführende Airline (und damit Ansprechpartner hinsichtlich der Ausgleichszahlung) Air Seychelles, da die Tickets von dieser ausgestellt wurden; oder ist es Ethiopian Airlines, weil der erste Flugabschnitt von Ethiopian Airlines geflogen werden sollte? Auf den Tickets steht eindeutig ET XXX und darunter operated by Ethiopian Airlines.

2) Ist der Rechtsstandort (da Abflugort Brüssel) Belgien, sodass es ratsam ist einen beglischen Rechtsanwalt zu konsultieren?
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