Hallo,
auch wenn Ihr Flug in einem Nicht - Mitgliedsstaats der EU-Fluggastrechteverordnung startet, so kann diese in Ihrem Fall meiner Meinung nach aufgrund Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) dennoch angewandt werden, da darin steht, dass die Verordnung auch dann angewandt werden kann, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen von einem Flug aus einem Drittstaat in einen Mitgliedsstaat ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, seinen Sitz also innerhalb der EU hat.
Das ausführende Luftfahrtunternehmen in Ihrem Fall war Air France, ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz in der EU, sprich einem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft. Die Bedingung für die Anwendbarkeit der Verordnung wurde in Ihrem Fall also erfüllt.
Können Sie die Airline auf Entschädigung verklagen?
Bei Verspätungen oder Annullierungen von Teilflügen wird auf die letztendliche Verspätung am Zielort abgestellt. Damit für den Fluggast ein Entschädigungsanspruch entstehen kann, muss die Verspätung am Zielort mindestens 3 Stunden betragen.
Siehe dazu:
AG Düsseldorf, Urteil vom 5.7.2012, Az. 51 C 14016/11
Wird bei einem Flug mit Zwischenstopp der Zubringerflug annulliert, sodass der Fluggast den planmäßig stattfindenden Anschlussflug verpasst und die Verspätung am letzten Zielort mehr als 3 Stunden beträgt, so steht dem Fluggast ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung zu.
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az. C-11/11 (bei Google einfach eingeben: "C-11/11 reise-recht-wiki.de")
Verspätet sich ein Zubringerflug, sodass die Fluggäste den Anschlussflug verpassen und somit den Zielflughafen mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden erreichen, steht diesen eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der Verordnung zu.
Da Sie mit einer Verspätung von mehr als 24 Stunden in Bremen angekommen sind, denke ich, dass Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 gegen Air France haben.
Ihren Ausführungen kann ich allerdings keinen Grund für die Annullierung entnehmen. Sollte dieser nämlich in einem außergewöhnlichen Umstand liegen, so verfällt der Anspruch auf Ausgleichszahlung. Außergewöhnliche Umstände sind Ereignisse, die von dem Luftfahrtunternehmen weder beeinflussbar noch zu umgehen. Häufig verweisen Airlines auf technische Defekte als außergewöhnliche Umstände. In dieser Hinsicht kann ich Sie jedoch beruhigen, da technische Defekte keinen außergewöhnlichen Umstand begründen. Es wäre jedoch dennoch wichtig herauszufinden, welchen Grund die Annullierung hatte, da es durchaus auch andere Ursachen haben kann, dass ein Flug annulliert wird.
Sollte sich aber herausstellen, dass kein außergewöhnlicher Umstand Ursache für die Annullierung war, bemisst sich die Höhe der Ausgleichszahlung nach der unmittelbaren Entfernung zwischen dem Abflugort und dem letzten Zielort.
Aus Artikel 7 Absatz 1 ergeben sich daher folgende Höhen:
- 250€ bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500km oder weniger
- 400€ bei allen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500km und 3500km
- 600€ bei allen Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500km
Die Entfernung zwischen New York und Bremen beträgt knapp 6.100km. Daher würde sich in meinen Augen aus Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600€ ergeben.
Wo muss die Klage eingereicht werden? In Paris oder in Bremen?
Weiterhin stellt sich Ihnen die Frage, ob Sie die Klage in Paris oder in Bremen einreichen müssen. In der Verordnung wird leider keine Auskunft darüber gegeben, wo in solchen Fällen die Klage einzureichen ist. Daher muss ich mich auf einige Urteile beziehen:
EuGH, Urteil vom 9.7.2009, Az. C-204/08 (bei Google zu finden unter: "C-204/08 reise-recht-wiki.de")
Bei Klagen auf Ausgleichsansprüche des Reisenden gegenüber einem Luftfahrtunternehmen, hat der Reisende die Wahlfreiheit zwischen den Gerichten an Ankunfts- und Abflugort.
AG Nürnberg, Urteil vom 20.10.2015, Az. 22 C 1502/15
Fluggäste die Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung einklagen wollen, können diese entweder beim Gericht am Sitz der Airline, beim Gericht am Startflughafen oder beim Gericht am Zielflughafen einreichen.
Durch diese Urteile denke ich, dass Sie die Klage in Bremen einreichen können.
Da ich hier jedoch nur meine persönliche Rechtsmeinung zu Ihrem Thema darlegen kann, könnte sich das zu Rate ziehen eines Fachanwalts für Reiserecht in jedem Fall als vorteilhaft erweisen.