Guten Abend,
Ihr Rückflug von Edinburgh nach Amsterdam konnte an Ihrem geplanten Abreisetag nicht stattfinden. Grund dafür war, dass das Flugzeug 2 Tage vor Ihrem Abflug von einem Blitz getroffen wurde, woraufhin es repariert werden musste. Daraufhin haben Sie Ihren Anschlussflug von Amsterdam nach München verpasst. Sie fragen sich nun welche Rechte Ihnen zustehen.
In Ihrem Fall findet meiner Meinung nach die EU-Fluggastrechteverordnung Anwendung. Wenn der Flug annulliert wurde, so steht dem Fluggast unter anderem ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 zu.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az. C-83/10 (bei Google zu finden unter: "C-83/10 reise-recht-wiki.de")
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben werden muss.
Im vorliegenden Fall ist meiner Meinung nach von einer Annullierung auszugehen, wodurch Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 haben könnten. Die Höhe der Zahlung richtet sich nach der Entfernung zwischen Start-und Zielflughafen. Die Entfernung zwischen Edinburgh und München beträgt 1.327,54 km. Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a steht Ihnen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250€ zu.
Ein Luftfahrtunternehmen ist jedoch dann nicht zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet, wenn es beweisen kann, dass die Annullierung aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes notwendig war.
Aufgrund des Blitzeinschlags musste das Flugzeug repariert werden. Deswegen denke ich, dass das Flugzeug aufgrund eines technischen Defekts , der durch den Blitzeinschlag zustande kam, nicht starten konnte. Fraglich ist jedoch ob ein technischer Defekt als außergewöhnlicher Umstand angesehen werden kann und die Airline damit von der Ausgleichszahlung entbunden wird.
Dazu habe ich folgende Urteile gefunden:
AG Rüsselheim, Urteil vom 11.08.2010, Az. 3 C 774/10 (31) (bei Google einfach eingeben: "3 C 774/10 (31) reise-recht-wiki.de")
Das Amtsgericht hat der Klägerin eine Ausgleichszahlung zugesprochen, da ein technischer Defekt keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt.
AG Köln, Urteil vom 10.3.2010, Az. 132 C 304/07 (bei Google auffindbar unter: "132 C 304/07 reise-recht-wiki.de")
Ein technischer Defekt im Triebwerk begründet keinen außergewöhnlichen Umstand.
AG Frankfurt, Urteil vom 7.10.2010, Az. 29 C 1352/10 (46) (bei Google eingeben: "29 C 1352/10 (46) reise-recht-wiki.de)
Eine defekte Benzinpumpe begründet ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand.
AG Rüsselheim, Urteil vom 20.7.2010, Az. 3 C 1316/09 (32) (bei Google eingeben: "3 C 1316/09 (32) reise-recht-wiki.de)
Sollte sich die Notrutsche auf unerklärliche Weise auslösen, so liegt dennoch kein außergewöhnlicher Umstand vor.
Wie Sie sehen begründen die meisten technischen Defekte keinen außergewöhnlichen Umstand, sodass Sie meiner Meinung nach einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 haben.
Hinzu kommt in Ihrem Fall allerdings noch das in Ihrem Fall der Zubringerflug annulliert wurde und es sich bei Ihnen nicht um einen einzigen Flug handelt, sondern um 2 Teilflüge. Ob Sie also tatsächlich einen Anspruch auf Ausgleichszahlung haben, richtet sich nach der Verspätung am Endziel, in Ihrem Fall München. So entschied nämlich der EuGH am 26.2.2013 (bei Google zu finden unter: "C-11/11 reise-recht-wiki.de").Das Amtsgericht Düsseldorf hat dazu am 5.7.2012 festgelgt das eine Verspätung von mind. 3 Stunden am Endziel vorhanden sein muss (bei Google zu finden unter: "51 C 14016/11 reise-recht-wiki.de).
Unabhängig von der Ausgleichszahlung könnten Sie jedoch auch einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 und 9 der EU-Fluggastrechteverordnung dem Luftfahrtunternhemen gegenüber geltend machen.
Artikel 8
1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) der binnen 7 Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte, sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt auf Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze
Gemäß diesem Artikel hätten Sie also das Recht gehabt von der zuständigen Airline einen Ersatzflug nach München zu verlangen.
Gemäß Artikel 9 ist das Luftfahrtunternehmen dazu verpflichtet im Falle einer Annullierung dem Fluggast die Verpflegung und Erfrischungen zustellen und auch die Kosten für eine zusätzliche Hotelübernachtung zu übernehmen, sollte diese nötig sein.
Ich möchte zum Schluss nocheinmal darauf hinweisen, dass es sich bei diesem Beitrag lediglich um eine Meinung handelt und das das Hinzuziehen eines Anwalts im Zweifelsfall ratsam wäre.