Bei einer großen Verspätung, also einer Verspätung ab 3 Stunden, stehen dem Fluggast Ansprüche aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung gegenüber der Fluggesellschaft zu. Besonders interessant ist für Sie der Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004.
Tatsächlich kann eine Fluggesellschaft in bestimmten Fällen aber davon befreit werden, Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der europäischen Fluggastrechte Verordnung leisten zu müssen. Dies ist dann der Fall, wenn außergewöhnliche Umstände gemäß Artikel 5 Absatz 3 Grund für die Verspätung war.
Art. 5 Abs. 3 VO, Annullierung
„(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umständezurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmenergriffen worden wären.“
Der Art. 5 Abs. 3 VO verdeutlicht also zunächst, dass die Fluggesellschaft die Nachweispflicht, für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes, trifft. Kann sie dies nicht nachweisen, haftet sie im vollen Umfang.
AG Frankfurt, Urteil vom 17.01.14, 30 C 2462/13, (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "AG Frankfurt 30 C 2462/13 reise-recht-wiki.de" bei Google eingeben)
In diesem Urteil wird noch einmal hervorgehoben, dass die Fluggesellschaft substantiiert vortragen und darlegen muss , wie es zu dem außergewöhnlichem Umstand gekommen ist, wenn sie sich darauf berufen möchte.
Der Blitzeinschlag müsst also einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO darstellen. Ein außergewöhnlicher Umstand ist zu bejahen, wenn ein Ereignis nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, sondern außerhalb dessen liegt, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Es sollen Vorfälle erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als - jedenfalls in der Regel von außen kommende - besondere Umstände seine ordnungs- und plangemäße Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Bei einem Blitzschlag handelt es sich um einen solchen Vorfall, der üblicherweise nicht mit der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist.
Ein Blitzschlag kann also grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand begründen. In Ihrem Fall ereignete sich der Blitzschlag jedoch auf dem direkten Vorflug. Wie das behandelt wird, ist leider nicht ganz eindeutig. Dazu folgende Urteile:
Außergewöhnlichen Umstand bejahend:
AG Rüsselsheim, Urt. v. 18.01.2017, Az: 3 C 751/16 (31) (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 3 C 751/16 (31) reise-recht-wikI" bei Google eingeben)
Die Kläger hatten bei der Beklagten einen Flug von Punta Cana nach Frankfurt gebucht. Das dafür vorgesehen Flugzeug wurde bei der Landung in Punta Cana auf dem unmittelbaren Flug vorher durch einen Blitzschlag schwer beschädigt. Daher fand der gebuchte Flug nicht statt und die Kläger erreichten ihren Zielort erst einen Tag später als geplant. Dafür verlangen sie Ausgleichszahlung.
Das wies das Amtsgericht ab. Ein Ausgleichsanspruch bestehe nicht bei außergewöhnlichen Umständen. Ein solcher liege hier im Blitzschlag, da er von der Beklagten schlechthin nicht zu vermeiden war. Daran ändere auch der Umstand, das Blitzschläge eine häufig auftretende Gefahr im Flugverkehr seien, nichts. Es komme vornehmlich auf die Kontrollierbarkeit an. Irrelevant sei auch der strittige Punkt, ob der Flug annulliert oder mit großer Verspätung durchgeführt wurde.
Außergewöhnlichen Umstand verneinend:
AG Bremen, Urt. v. 15.12.2016, Az: 5 C 148/16 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 5 C 148/16 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Ein Fluggast forderte von einer Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung, weil sein Flug mit mehr als 3 Stunden Verspätung startete und ankam. Die Beklagte berief sich auf außergewöhnliche Umstände in Form einens Blitzschlages auf dem Vorflug der Maschine, in dessen Folge eine längere Inspektion habe durchgeführt werden müssen.
Das Amtsgericht Bremen sah in Blitzschlägen ins Fluggerät einen Umstand aus der betriebsinternen Risikosphäre, der zwar unbeherrschbar, aber vorhersehbar sei. Daher hätte die Beklagte von vornherein mehr Zeit für Inspektionen einplanen müssen und wurde folglich zur Leistung des Schadensersatzes verurteilt.
AG Hannover, Urt. v. 03.09.2014, Az: 461 C 12846/13 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 461 C 12846/13 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Die Kläger hatten bei der Beklagten einen Flug gebucht. Dieser wurde verspätet durchgeführt. Daher verlangen sie Ausgleichszahlung. Die Beklagte verteidigt sich damit, dass kurze Zeit vorher ein Flugzeug vom Blitz getroffen worden sei, und insofern ein außergewöhnlicher Umstand zur Verspätung geführt habe.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Es komme nicht darauf an, inwieweit der Blitzschlag tatsächlich mit der Verspätung zusammenhänge. Wenn die Beklagte nämlich keinerlei Kapazitäten oder Regelungen zum Auffangen von einzelnen Ausfällen vorhalte, liege es in ihrer Risikosphäre, wenn solche Ausfälle zu Verspätungen führen. Sie habe nicht alle ihr zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft, um die Verspätung zu vermeiden und sei daher zum Ausgleich verpflichtet. Das Vorhalten zumindest einiger Ersatzmaschinen und -Crews sei erwartbar und üblich.
Es ist daher nicht ganz eindeutig, ob ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt. Sie sollten daher die Fluggesellschaft erneut kontaktieren und Sie darum bitten, Ihnen die genauen Umstände des Falles zu schildern.
Wegen der Komplexität des Falles könnte es aber sinnvoll sein, zusätzlich einen Fachanwalt zu Rate zu ziehen.