Guten Tag,
Ihr Flug von Barcelona nach Berlin wurde aufgrund eines technischen Defekts annulliert. Ihnen wurde darüber hinaus gesagt, dass Sie in dem Fall keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung hätten, da technische Defekte einen sogenannten außergewöhnlichen Umstand begründet. Sie fragen sich nun, ob dies der Wahrheit entspricht.
Wird der Flug des Fluggastes annulliert, kann er also nicht mehr so durchgeführt werden wie geplant und muss der Start daher aufgegeben werden, so kann der Fluggast Gebrauch von Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 machen.
Danach steht dem Fluggast unter anderem eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 zu. Diese muss eine Airline nur dann nicht zahlen, wenn sie den Fluggast mehr als 2 Wochen vor dem planmäßigen Start über die Annullierung in Kenntnis setzt oder aber die Annullierung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückgeht.
Ob technische Defekte auch einen außergewöhnlichen Umstand begründen, soll durch folgende Urteile geklärt werden:
LG Darmstadt, Urteil vom 1.12.2012, Az. 7 S 66/10 (bei Google einfach eingeben: "7 S 66/10 reise-recht-wiki.de")
Hier wurde entschieden, dass ein technischer Defekt keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt.
AG Frankfurt, Urteil vom 24.6.2011, Az. 31 C 961/11 (16) (bei Google zu finden unter: "31 C 961/11 reise-recht-wiki.de")
Ein technischer Defekt ist kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Artikel 5 der EU-Fluggastrechteverordnung, wenn er eintritt, trotz dass das Luftfahrtunternehmen die gesetzlich vorgeschriebenen Wartungsmaßnahmen ordnungsgemäß vorgenommen hat.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 19.7.2010, Az. 3 C 257/10 (35) (den Volltext finden Sie unter: "3 C 257/10 (35) reise-recht-wiki.de")
Ein defektes Ventil stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar.
AG Frankfurt, Urteil vom 7.10.2010, Az. 29 C 1352/10 (46) (bei Google einfach eingeben: "29 C 1352/10 (46) reise-recht-wiki.de")
Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gelegentlich auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsleistung wegen Annullierung eines Fluges befreien können.
Wie Sie sehen begründet ein technischer Defekt nach der Rechtssprechung keinen außergewöhnlichen Umstand, weswegen Sie meiner Meinung nach durchaus einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung geltend machen können.
Die Höhe ergibt sich aus Artikel 7 Absatz 1 :
a) 250€ bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500km oder weniger
b) 400€ bei allen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500km und 3500km
c) 600€ bei allen Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500km
In Ihrem Fall kommt meiner Meinung nach eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250€ pro Person gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung in Betracht.
Dieser Beitrag stellt jedoch nur meine Rechtsmeinung dar. Es steht Ihnen daher selbstverständlich frei zusätzlich einen Anwalt um Hilfe zu bitten.