Eine Reiserücktrittsversicherung ist eine Reiseversicherung, die abgeschlossen wird, um Stornierungskosten abzuwenden, falls eine Reise kurzfristig und unerwartet abgesagt werden muss.
Zum Grundkatalog der Leistungsfälle von Rücktrittsversicherung zählen Erkrankungen. Wenn unerwartet ein Reiseteilnehmer oder einer seiner nahen Angehörigen erkrankt oder einen Unfall hat, springt diese Versicherung ein. In der Regel gilt das für alle Familienmitglieder, die die Reise dann nicht antreten können. Das gilt zumindest dann, wenn die Reise zusammen gebucht wurde.
Nun fragen Sie sich, wie dieses sich im Falle einer Komplikation bei einer Schwangerschaft verhält und ob dieses eine Erkrankung begründet, welche zum Rücktritt berechtigt. Hier hat das AG München folgendes entschieden:
AG München, Urteil vom 3.4.2012, Az. 224 C 32365/11
Im zugrunde liegenden Streitfall buchte ein Ehepaar für sich und seinen Sohn Mitte Februar 2011 eine Reise nach Griechenland. Die Reise sollte im Mai stattfinden. Zum Zeitpunkt der Buchung war die Ehefrau bereits schwanger, die Schwangerschaft war bis dahin völlig komplikationslos verlaufen. Gleichzeitig mit der Buchung schlossen die Reisenden eine Reiserücktrittsversicherung ab.
Ende April kam es plötzlich zu vorzeitigen Wehen. Die behandelnde Ärztin riet daher von der Reise ab. Das Ehepaar stornierte die Reise und verlangte die Stornokosten in Höhe von 2535€ von Reiserücktrittsversicherung.
Diese lehnte die Zahlung jedoch ab. Schließlich sei die Schwangerschaft bereits bei der Buchung bekannt gewesen. Nach den Versicherungsbedingungen sei nur eine unerwartete schwere Erkrankung ein Versicherungsfall. Die Komplikationen seien völlig unerwartet gewesen, erklärte das Ehepaar und erhob Klage vor dem AG München.
Die zuständige Richterin gab den Reisenden Recht. Das Ehepaar habe einen Anspruch auf Ersatz der Stornokosten, da ein Versicherungsfall vorliege. Ein Versicherungsschutz bestehe nach den Versicherungsbedingungen dann, wenn die versicherte Person von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen werde und infolgedessen der Reiseantritt nicht möglich sei. Zwar sei das Vorliegen der Schwangerschaft bei Vertragsschluss bekannt gewesen. Jedoch habe zu diesem Zeitpunkt eine komplikationslos verlaufende Schwangerschaft vorgelegen, so dass keine Bedenken gegen die Durchführung der Reise bestanden habe. Die Schwangerschaft an sich sei keine Erkrankung. Das unerwartete Auftreten von Komplikationen während einer Schwangerschaft sei allerdings als unerwartete schwere Erkrankung anzusehen. Das Auftreten von vorzeitigen Wehen sei eine unerwartete schwere Komplikation.
Aufgrund dieses Urteils bin ich der Auffassung, dass ihr sehr wohl einen Anspruch auf die Übernahme der Stornokosten durch die Versicherung habt, da von der Richterin die vorzeitigen Wehen als unerwartete schwere Komplikation eingestuft worden sind, womit ein Versicherungsfall begründet wurde.
Ihr solltet euch daher meiner Meinung nach nochmals an die Versicherung wenden und auf euren Anspruch bestehen.
Zum Schluss möchte ich aber noch darauf hinweisen, dass dieser Beitrag lediglich eine Rechtsmeinung darstellt und keinen Rechtsrat. Diesen kann euch wohl nur ein Rechtsanwalt geben.