Guten Tag,
Ihr Flug, startend in Mallorca, brachte Sie mit einer 7 stündigen Verspätung nach Stuttgart. Grund hierfür, war eine starke Beschädigung des Reifens, die wohl durch das Vorhandensein von Fremdkörpern auf der Start- und Landebahn entstanden ist. Als Sie von der Airline eine Entschädigung verlangten, weigerte sich Germanwings Ihnen diese zu zahlen und berief sich dabei auf einen außergewöhnlichen Umstand. Jetzt fragen Sie sich, ob Sie tatsächlich keinen Anspruch auf eine Entschädigung haben.
Bei kurzfristigen Flugannullierungen ist der Fluggast grundsätzlich zu einer Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung berechtigt. Diese muss die Airline nur dann nicht zahlen, wenn sie beweisen kann, dass der Grund für die Annullierung ein außergewöhnlicher Umstand war (vgl. Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung).
Als außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 5 Absatz 3 der Fluggastrechteverordnung 261/2004 werden Ereignisse bezeichnet, die zur Verspätung oder zur Annullierung eines Fluges führen und für ein Luftfahrtunternehmen weder beeinflussbar, noch zu umgehen sind.
Nun es ist jedoch leider so, dass die Fluggesellschaften sich der Existenz von Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung bewusst sind und somit nahezu jeden Grund für Annullierungen als außergewöhnliche Umstände deklarieren. Es gibt allerdings schon ein Urteil des EuGH, welches bereits eine große Gruppe an Gründen für eine Annullierung als außergewöhnlichen Umstand verneint:
EuGH, Urteil vom 17.9.2015, Az. C-257/14 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: "C-257/14 reise-recht-wiki.de")
Verspätet sich der Abflug aufgrund von technischen Problemen ist dem Fluggast eine Ausgleichszahlung zu zahlen. Technische Probleme sind keine "außergewöhnlichen Umstände" und für Verspätungen die daraus resultieren muss Ausgleich gezahlt werden.
Wie Sie sehen stellen technische Defekte keine außergewöhnlichen Umstand dar. Nun könnte man behaupten, dass auch ein geplatzter oder beschädigter Reifen einen technischen Defekt und somit keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Somit müsste Germanwings Ihnen eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 zahlen.
Zum Glück gibt es aber auch Urteile zu diesem speziellen Annullierungsgrund, weshalb man sich nicht auf Behauptungen stützen muss. Nämlich diese:
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 31.5.2011, Az. 20 C 84/11 (bei Google einfach eingeben: "20 C 84/11 reise-recht-wiki.de")
Ein geplatzter Reifen bei einem Flugzeug stellt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung dar.
LG Stuttgart, Urteil vom 7.12.2017, Az. 5 S 103/17
Nach Ansicht des Gerichts liegt im Fall einer Beschädigung eines Flugzeugreifens durch einen Fremdkörper auf Start- oder Landebahn kein außergewöhnlicher Umstand vor. Demzufolge hat die Fluggesellschaft die Passagiere für die durch diesen Zwischenfall entstandene Verspätung zu entschädigen.
Wie Sie sehen stellt die Beschädigung eines Flugzeugreifen aufgrund eines Fremdkörpers auf der Start-und Landebahn tatsächlich keinen außergewöhnlichen Umstand dar, wodurch ich der Meinung bin, dass Germanwings Ihnen tatsächliche eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 zu zahlen hat.
In Artikel 7 werden dabei folgende Höhen festgesetzt:
- 250€ bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500km oder weniger
- 400€ bei allen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500km und 3500km
- 600€ bei allen Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500km .
Da die Entfernung zwischen Mallorca und Stuttgart weniger als 1500km beträgt, denke ich, dass Germanwings Ihnen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250€ zahlen sollte.
Das Hinzuziehen eines Anwalts könnte sich in Ihrem komplexen Fall ebenfalls als Vorteil erweisen, da es mir in diesem Beitrag nur möglich ist, eine Rechtseinschätzung abzugeben.