Guten Tag,
in Ihrem Fall liegt meiner Meinung nach eine Annullierung Ihres EasyJet Fluges vor.
Zum Vergleich folgendes Urteil:
EuGH, Urteil vom 13.1.10.2011, Az. C-83/10 (ganz einfach zu finden bei Google unter: "C-83/10 reise-recht-wiki.de")
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird der Flug auf einen anderen Tag verlegt, so ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Bei einer Annullierung können für den Fluggast Ansprüche aus der EU-VO Nr. 261/2004 entstehen, genauer gesagt aus Artikel 5.
Danach hat der Fluggast im Fall einer Annullierung einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8, auf Betreuungsleistungen gemäß Artikel 9, sowie auf eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7.
Ein Anspruch auf Betreuungsleistungen kommt in Ihrem Fall aber meiner Meinung nach nicht in Betracht, da hier eine tatsächliche Wartezeit am Flughafen vorausgesetzt wird.
Artikel 8
In meinen Augen können Sie jedoch einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 der Verordnung gegen EasyJet geltend machen.
Artikel 8 gibt dem Fluggast im Fall einer Annullierung eine Wahlmöglichkeit. Er kann entweder die Flugscheinkosten für seinen ursprünglich gebuchten Flug zurückfordern und mit diesem Geld dann neue Flüge buchen oder aber er verlangt von dem ausführenden Luftfahrtunternhemen eine Alternativbeförderung unter gleichen Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder zu einem späteren Zeitpunkt je nach Wunsch des Fluggastes.
Sie könnten also zunächst von EasyJet eine Alternativbeförderung fordern, die Ihren gewünschten Zeiten entspricht. Diese Alternativbeförderung kann auch durch eine andere Airline durchgeführt werden. Sollte EasyJet Ihnen allerdings keine für Sie akzeptable Alternative anbieten können, so sehe ich EasyJet in der Pflicht, Ihnen die Flugscheinkosten zu erstatten, damit Sie mit diesen neue Flüge buchen können, die Ihren Wunschzeiten entsprechen.
Artikel 7
Bei einer Annullierung ist die Airline aber auch verpflichtet dem Fluggast eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 zu zahlen, es sei denn er unterrichtet den Fluggast über die Annullierung mindestens 2 Wochen vor dem planmäßigen Abflug.
Sie wurden allerdings lediglich 3 Tage vor dem Abflug von der Annullierung informiert, sodass die Frist von EasyJet meiner Meinung nach nicht eingehalten wurde und Ihnen daher theoretisch eine Ausgleichszahlung zustehen sollte.
Es gibt jedoch noch einen Umstand, nach welchem die Airline diese Ausgleichszahlung nicht zahlen muss. Dies muss Sie dann nicht tun, wenn der Grund für die Annullierung ein sogenannter außergewöhnlicher Umstand war. Vögel im Triebwerk gelten z.B. als außergewöhnlicher Umstand während technische Defekte keinen solchen Umstand begründen.
Um zu klären ob ein solcher Umstand bei Ihnen vorlag, sollten Sie am besten nochmal bei der Airline nachfragen.
Sollte kein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen haben, so ergibt sich die Höhe der Ausgleichszahlung aus Artikel 7 Absatz 1:
- 250€ bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500km oder weniger
- 400€ bei allen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500km und 3500km
- 600€ bei allen Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500km
Da die Entfernung zwischen Marseille und Berlin weniger als 1500km beträgt, sehe ich EasyJet in der Pflicht, Ihnen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250€ pro Person zu zahlen.
Bitte beachten Sie, dass ich in diesem Beitrag nur meine persönlichen Gedanken zu Ihrer Situation äußern kann. Es ist daher in jedem Fall hilfreich sich zusätzlich einen Rat von einem Anwalt zu holen.