Hallo,
Ihr Flug von Berlin nach München mit der Lufthansa wurde wegen Eis und Schnee annulliert. Ihnen wurde angeboten, am nächsten tag mit dem Zug nach München zu fahren, eine Hotelübernachtung wurde ebenfalls bezahlt. Weil sie keine Sitzplatzreservierung bekamen, buchten sie einen Flug mit Airberlin und fragen sich jetzt, ob sie diese Kosten und die Stornokosten für das Hotel ersetzt bekommmen können.
Zunächst stellt sich die Frage ,was für Ansprüche sie schon wegen der Annullierung haben.
Grundlage dieser rechtlichen Bewertung ist in solchen Fällen die europäische Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004.
Mittlerweile ist anerkannt, dass auch Flugreisenden, die mit einer Verspätung von 3 Stunden an ihrem Ankunftsort landen, ein Entschädigungsanspruch zu stehen kann.
Insofern sollte der Theorie nach unproblematisch ein Anspruch auf die 200 Euro Entschädigung, die in der Verordnung vorgegeben sind, bestehen, sollte nicht eine Ausnahme gelten.
Diese Ausnahme könnte hier in Art. 5 III der Verordnung 261/2004 gesehen werden. Genauer gesagt geht es darum, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen (hier: Lufthansa) dann nicht zur Zahlung verpflichtet ist, wenn es nachweisen kann, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Anerkannt ist ferner, dass bestimmte Wetterbedingungen unter solche Umstände subsumiert werden können. Allerdings darf der Wortlaut „außergewöhnlich“ nicht missachtet werden. Insgesamt muss das Geschehnis soweit aus der normalen betrieblichen Sphäre hinaus ragen, dass es mehr als ungewohnt war.
Daher lässt sich festhalten, dass bestimmte Wetterverhältnisse zwar einen außergewöhnlichen umstand darstellen können, dies allerdings nicht immer zur Befreiung der Zahlungspflicht führen muss.
AG König Wusterhausen, Urt. v. 03.05.2011, Az.: 20 C 83/11 (zu finden durch Google-Suche: „ reise-recht-wiki 20 C 83/11“)
Die Enteisung eines Flugzeuges stellt keinen haftungsbefreienden außergewöhnlichen Umstand dar.
LG Darmstadt, Urt. v. 03.11.2010, Az.: 7 S 58/10 (zu finden durch Google-Suche: „ reise-recht-wiki 7 S 58/10“)
Notwendige Enteisungsmaßnahmen aufgrund von plötzlichem Wetterumschwung stellen außergewöhnlichen Umstand dar.
Wird ein Flug daher sofort wegen schlechten Wetters annulliert, muss die Airline diesen Schritt begründen, ansonsten liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, vgl. AG Frankfurt a.M., Urt. v. 31.08.2006, Az.: 30 C 1370/06-25. Allerdings wurden auch vereinzelt schlechte Wetterbedingungen nicht als außergewöhnliche Umstände anerkannt, wenn diese für die Jahreszeit und den Ort nicht ungewöhnlich waren. Dies gilt bspw. für starken Regen in den Herbstmonaten oder Schneefälle im Winter, vgl. BG Schwechat, Urt. v. 12.10.2012, Az.: 4 C 580/11 v-10.
Je nach Umständen des Einzelfalls lässt sich feststellen, dass sich Gerichte auch nicht immer ganz einig sind. Eine klaren Tendenz lässt sich allerdings dahingehend sehen, dass schnee und Eis im Winter wohl eher nicht als sonderlich außergewöhnlich anzusehen ist. Insofern müsste ein Anspruch auf die Zahlung der Ausgleichsleistung gegen Lufthansa zumindest nach meiner Sichtweise gegeben sein.
Nun bezüglich der Kosten für Ihren Flug. Ihnen wurde gemäß der Verordnung eine alternative Beförderungsmöglichkeit angeboten, welchen Sie jedoch nicht angenommen haben. Damit stehen Ihre Chancen schlecht, die Kosten für den Flug den Sie auf eigene Faust gebucht haben, zurück erstattet zu bekommen. Schließlich kriegen Sie auch die Flugkosten für den Flug erstattet den Sie nicht angetreten sind.
Wenn Sie sehr sicher gehen wollen, sollten Sie sich allerdings lieber an einen Fachanwalt wenden, denn nur ein solcher kann einen Rechtsrat erteilen.