Guten Tag,
leider kam es auf Ihren Rückflug aus Peking zu einem Problem mit dem Flugzeug, so dass Sie letztendlich nur mit einer Verspätung von 21 Stunden wieder zu Hause angekommen sind. Grund für die Verspätung war, dass ein Triebwerk ein Leck hatte und daher massig Öl herausgeflossen war. Auf Ihr Bitten nach einer Entschädigung wurde lediglich geantwortet, dass ein technischer Defekt vorlag, so dass ein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden kann und deshalb keine Entschädigung gezahlt werden müsse. Sie fragen sich nun, ob diese Aussage korrekt ist.
Generell ist dazu zu sagen, dass sich eventuelle rechtliche Schritte aus der europäischen Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 herleiten lassen. Diese regelt nämlich etwaige Ansprüche für Flugreisende bei einer Annullierung, erheblichen Verspätung oder einer Nichtbeförderung.
In ihrem Fall müsste man m. E. nach zuerst Art. 3 der VO einer Untersuchung unterziehen. Dieser Artikel regelt den Anwendungsbereich der Verordnung. Diese gilt nämlich nur für solche Flugreisende, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten, oder sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Dies bedeutet also, dass das Flugunternehmen, mit dessen Sie von Peking aus nach Deutschland eingereist sind, eins der europäischen Gemeinschaft gewesen sein muss. Sollte dies nicht der Fall sein, so stehen Ihnen leider keine Ansprüche aus der Verordnung zu, so zumindest meiner Meinung nach.
Ist dies allerdings der Fall, so ist sollte man einen Blick auf Art. 7 der Verordnung werfen. In diesem ist nämlich die Höhe der Ausgleichszahlungen je nach Strecke aufgelistet. Bei einer Entfernung über 3.500 km kommt eine Entschädigung in Höhe von 600 Euro in Frage.
Richtigerweise gibt es Ausschlussgründe für diese Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung. Eine Ausnahme ist in Art. 5 III der VO geregelt. Dies bedeutet, dass wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorlag, der auch dann nicht hätte vermieden werden können, wenn alle möglichen Maßnahmen zur Vermeidung des Umstands getätigt wurden.
Fraglich ist nun, ob ein technischer Fehler, der v.a. am Triebwerk aufgetreten ist, einen solchen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Dazu sind diese zwei Urteile sehr interessant:
AG Rüsselsheim, Urt. v. 11.08.2010, Az.: 3 C 774/10 (Google-Suche: „reise-recht-wiki 3 C 774/10“)
Das Risiko, dass an dem eingesetzten Fluggerät selbst ein Defekt auftritt, fällt grundsätzlich in den betrieblichen Einflussbereich von Luftfahrtunternehmen und begründet keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Fluggastrechtverordnung. Die Seltenheit eines Defekts steht dieser Auffassung nicht entgegen.
AG Rüsselsheim, Urt. v. 27.08.2010, Az.: 3 C 517/10 (einfach eingeben bei Google-Suche: „reise-recht-wiki 29 C 1462/12“)
Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeuges auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung befreien könnte, die Ausgleichszahlung zu leisten. Ein technisches Problem mit einem Ölfilter eines Triebwerkes ist kein außergewöhnlicher Umstand, ebenso die Verhinderung des vor Ort befindlichen Monteurs.
Wie Sie sehen, gelten technische Defekte in der Regel nicht als außergewöhnlicher Umstand. Insofern müsste eine Zahlungspflicht bestehen. Allerdings denke ich, dass ein Fachanwalt tiefer gehende Fragen besser klären kann.