Hallo,
das war ja eine ganz schön große Flugverspätung. Vor allem mit zwei Kindern stelle ich mir das sehr stressig vor.
Was jetzt aber die Ansprüche angeht, betrachten wir erst einmal die Verspätung. Sie haben gesagt, der Flug wurde um 30 Stunden nach hinten verlegt.
Grundsätzlich stellt der Flugbeförderungsvertrag mit der Fluggesellschaft eine Vertragsverpflichtung für die Fluggesellschaft dar, die Fluggäste pünktlich zu den vereinbarten Flugzeiten zu befördern. Werden Fluggäste nicht püntklich befördert, liegt demnach grundsätzlich eine Pflichtverletzung aus dem Luftbeförderungsvertrag vor. Neben vielen weiteren möglichen Ansprüchen aus dem Vertrag, gewährt die europäische Fluggastverordnung (EG) Nr. 261/2004 Fluggästen weitgehende Rechte und Ansprüche, wenn der Flug annulliert worden ist oder eine Flugverspätung vorliegt.
Der Europäische Gerichtshof hat im sog. "Sturgeon"-Urteil entschieden, dass Fluggäste, deren Flug sich mehr als drei Stunden verspätet, die gleichen Ansprüche haben, wie Passagiere, deren Flug annulliert worden ist (vgl. EuGH, Urt. v. 19.11.2009, Rs. C-402/07 (Sturgeon v. Condor Flugdienst) und Rs. C-432/07 (Böck/Lepuschitz v. Air France). Dabei kommt es nicht auf den verspäteten Abflug, sondern allein auf die Ankunftsverspätung am letzten (Ziel-) Flughafen an, wie der Europäische Gerichtshof in der Nelson-Entscheidung und der Folkerts-Entscheidung für Gesamteuropa festlegte (vgl. EuGH, Urt. v. 23.10.2012, Rs. C-581/10 Nelson v. Deutsche Lufthansa AG und British Airways plc, EasyJet Airline Company Ltd. ua. v. Civil Aviation Authority; EuGH, Urt. v. 26.02.2013, Rs. C-11/11, Air France v. Folkerts).
Zu beachten ist jedoch, dass sich Fluggesellschaften tatsächlich gemäß des 14. Erwägungsgrundes der VO (EG) Nr. 261/2004 entlasten können, wenn die Flugannullierung oder die Flugverspätung auf "außergewöhnliche Umstände" zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Wann derartige "außergewöhnliche Umstände" vorliegen, müssen die Gerichte mühsam von Fall zu Fall entscheiden. Jedoch haben Sie in ihren Ausführungen nicht erwähnt, dass ein solcher Umstand vorlag.
Unter eine Annullierung versteht man gem. Art. 2 lit. l) der EG-VO 261/2004 die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war. Eine große Verspätung liegt hingegen dann vor, wenn der Flugpassagier mit einer Verspätung von mind. 3 Stunden an seinem Endziel ankommt. Nach Art. 1 lit. h) der Verordnung versteht man unter Endziel den Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein bzw. bei direkten Anschlussflügen den Zielort des letzten Fluges.
siehe dazu:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az.: C-83/10 (nachzulesen über die Google-Suche „C-83/10 reise-recht-wiki“)
je nach Strecke wird eine pauschale Ausgleichsleistung angeordnet, die zwischen 250 und 600 Euro variieren kann. Hier die genaue Staffelung:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
In ihren Fall würden Ihnen dann 400 Euro zustehen.
Jedenfalls ist noch Art. 9 von Bedeutung. Denn laut dessen Inhalt hat die Airline auch dafür Sorge zu tragen, dass Sie Mahlzeiten und Erfrischungen in einem angemessenem Verhältnis zur Wartezeit erhalten, sowie eine Hotelunterbringung, falls ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist und zudem die Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
AG Dortmund, Urteil vom 04.03.2008, Az.: 431 C 11621/07 (nachzulesen über die Google-Suche „431 C 11621/07 reise-recht-wiki“)
Nach der EU-Fluggastrechteverordnung muss ein Luftfahrtunternehmen einem Passagier eine Hotelübernachtung finanzieren, wenn eine Übernachtung wegen eines Flugausfalles notwendig wurde. Tut ein Unternehmen dies nicht und mietet der Passagier deswegen auf eigene Faust ein Hotelzimmer, so kann er die Kosten dafür ersetzt verlangen.
Hinsichtlich der Frage nach einem Aufwendungsersatz ist noch dieses Urteil interessant.
LG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.03.2011, Az 2-24 S 1/11 (zu finden über die Google-Suche „2-24 S 1/11 reise-recht-wiki“)
Neben den Ansprüchen auf eine Ausgleichszahlung kann auch ein Anspruch auf weitergehender Schadensersatz bestehen. Dies betrifft jeden Schaden, der direkt durch die Annullierung hervorgerufen wird, beispielsweise zusätzliche Flugkosten für einen Alternativflug.
Entgangene Urlaubsfreude können Sie dagegen nicht geltend machen, wenn Sie nur einen Flug gebucht haben. Denn dieser Anspruch bezieht sich lediglich auf Reiseverträge. Bei bloßen Flügen ist er nicht vorgesehen.
Haben Sie also einen Reisevertrag geschlossen, kommt so ein Anspruch in Betracht. Gerade bei Kurzreisen kann man davon ausgehen, dass eine Flugverspätung die Urlaubsfreude erheblich mindern kann. Sollten Sie also eine Komplettreise gebucht haben, ist es gut möglich, dass Sie den Reisepreis wegen entgangener Urlaubsfreude mindern können. Dieser Anspruch richtet sich dann jedoch gegen den Reiseveranstalter. Ein fester Prozentsatz der Minderung lässt sich nicht vorhersagen, dieser hängt von den Details Ihrer Situation ab.
Eine ähnliche Frage wie ihre gab es in diesem Forum schon einmal, schauen sie doch mal hier nach: http://flugrechte.eu/13062/abflug-stunden-später-geplant-flugannullierung-verspätung?show=13062#q13062
Das ist aber nur meine Meinung. Wenn sie eine zweite Meinung hören möchten, dann rate ich Ihnen, sich einen Anwalt zu nehmen, da sich dieser auf dem Gebiet besser auskennt.
Hier werden einige gute Anwälte empfohlen: https://www.flugrechte.eu/index.php?qa=615&qa_1=guter-fachanwalt-reiserecht&show=615#q615