TAP Flugumbuchung ohne Information Recht auf die gebuchte Rückreise

Question

Sehr geehrte Damen und Herren,

zufällig rief ich am Donnerstag TAP an, um Informationen über die Mitnahme eines Instruments zu erhalten. Da wurden mir ganz andere Zeiten meines Rückfluges genannt als die der Flüge, die ich buchte. Statt am 28.4. würde ich erst am 29.4. in Berlin ankommen. Das ist für mich als Lehrerin, die am 29.4. Prüfungen durchzuführen hat, vollkommen unmöglich! Ich muss am 28.4. in Berlin ankommen.
TAP hat mich NICHT über diese Änderung informiert. Eine Kollegin bestätigte dies, da sich wohl die Flugnummer nicht änderte und somit das System die Flugzeitenänderung nicht erfasste. Hätte ich nicht angerufen, hätten wir morgens auf Porto Santo erfahren, dass unser Flug erst 12 h später stattfindet und wir somit 16 h später am Zielort ankommen. Das ist vollkommen inakzeptabel.
Ferner wurde unser Flug von PXO nach LIS von 11:05 auf 23:05 Uhr geändert, so dass wir am 29.4. um 0:40 Uhr in LIS ankommen. Aber von LIS nach TXL war immer noch für den 28.4. um 18:05 Uhr geplant. Der Anschlussflug wurde also nicht automatisch geändert und wir mussten selbst darauf hinweisen, dass wir demzufolge in LIS keinen Anschlussflug nach TXL gehabt hätten. Hier liegen eindeutig erhebliche Systemfehler vor. Nun haben wir einen Aufenthalt von 8 h 45 min in LIS bis es um 9:25 Uhr weiter nach TXL geht. NIEMALS hätten wir einen Flug mit einer Dauer von 15 h von PXO nach TXL gebucht! TAP bietet uns keinerlei Alternative an, was nicht akzeptabel ist. Erstens kann ich nicht am 29.4. auf der Arbeit fehlen. Tue ich es trotzdem, ist es ein Kündigungsgrund. Zweitens ist es unzumutbar, dass wir nachts 8 h 45 min im Flughafen in LIS verbringen ohne dass man uns ein Hotel und Verpflegung stellt. Ich bin dann im 4. Monat schwanger (Mutterpass kann gezeigt werden). Es ist unzumutbar, dass man uns so eine lange Reise ohne jeglichen Service zumutet.
Es gibt Alternativen mit anderen Fluggesellschaften, um am 28.4. in Berlin anzukommen, auf die wir ein Recht haben laut EG-Verordnung 261/2004. Wenn TAP nicht fliegt, muss TAP uns eben auf andere Fluggesellschaften umbuchen!
Zusammenfassend: Die Zeiten unseres Fluges wurden so drastisch geändert, dass wir 16 h später am Zielort und demnach an einem anderen Tag ankommen, ohne dass wir informiert wurden. TAP bemüht sich nicht, uns pünktlich an den Zielort zu bringen und kommt demnach nicht den dem Fluggast zugesicherten Rechten laut EG-Verordnung 261/2004 nach. Obendrein stellt TAP kein Hotel und Verpflegung für die Nacht von 8 h 45 min am Flughafen zur Verfügung. TAP sieht sich auch nicht in der Verantwortung für diese unmögliche Reisedauer und der problematischen Flugzeitenänderung, die mir erhebliche Probleme mit meiner Arbeit bereiten, irgendwelche Schadensersatzleistungen zu erbringen, obwohl wir nicht einmal über die Flugänderung informiert und der Anschlussflug auch nicht umgebucht wurde und demnach erst am Flugtag am Flughafen überrascht worden wären.

Wir fordern, dass TAP uns wie gebucht am 28.4.2019 von PXO nach TXL bringt und für seine Fehler Verantwortung übernimmt. Sind wir im Recht?

Mit freundlichen Grüßen
Jessica K.

Answer 1

Hi jessi,

Da hast du ja eine ganze Menge geschildert.

Lass mich das noch einmal kurz zusammenfassen:

Du hast einen Flug bei TAP Air Portugal von Porto Santo über Lissabon nach Berlin Tegel gebucht. Dabei haben sich die Flugzeiten so geändert, dass du erst einen ganzen Tag später in Berlin ankommen würdest, was für dich als Lehrerin gar nicht geht. 

Der Flug von Porto Santo nach Lissabon wurde um ganze 12 Stunden auf 23:05 verschoben und nach 9 Stunden Aufenthalt erst am nächsten Tag 09:25 nach Berlin.

Euch wurden weder Alternativen, noch Unterstützungsleistungen angeboten.

Jetzt fragst du dich, zu Recht, nach Ansprüchen Gegen TAP  Air Portugal.

Bei Flugzeitenverschiebungen hilft ein Blick in die EU-Fluggastrechteverordnung. Danach können sich Ansprüche bei Annullierungen ergeben, so Artikel 5 EU-VO:

Eine Annulierung ist dabei dann gegeben, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start deshalb aufgegeben wird. 

EuGH Az.: C- 83/10

Euer Flug wurde um 12 Stunden verschoben. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob sich die Flugnummer geändert hat. Denn es kann sein, dass der ursprüngliche Flug aufgegeben wurde, und ihr deshalb umgebucht wurdet. Dann würde es sich nicht mehr um denselben Flug handeln. Er würde auf jeden Fall nicht so durchgeführt werden können wie geplant.

AG Hannover, Urteil vom 21.04.2011, AZ: 512 C 15244/10
Bei einer Vorverlegung eines Fluges entspricht dies einer Annullierung des ursprünglichen Fluges, wenn die Vorverlegung um mehr als zehn Stunden beträgt.

Dem AG Hannover nach ist bei einer Vorverlegung eines Fluges eine zeitliche Grenze von 10 Stunden zu fordern. Selbiges gilt auch, wenn der Flug nach hinten verlegt wird. Gerade wenn man bedenkt, dass auf eure Situation besonders Rücksicht zu nehmen ist, weil du schwanger bist, kann man, denke ich, hier von einer Annullierung ausgehen. 

Angenommen, eine Annullierung läge vor, dann verweist Artikel 5 auf weitere Artikel, aus denen sich dann Ansprüche ergeben können:

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen

a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,

b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder(...)

Hier ist entscheidend, wann Sie über die Verschiebung informiert wurden. Wenn ihr früher als 2 Wochen im Voraus informiert wurdet, entfällt nämlich, siehe oben, ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Artikel 7. Falls nicht, würde sich dieser so ausgestalten:

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Je nachdem wann ihr informiert wurdet, müsste das eine Summe von 400 Euro pro Person ergeben. 

Zudem hättet ihr natürlich einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen aus Art. 8 VO Nr. 261/2004:

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, (...)

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Ihr könntet also auch eine Erstattung der Flugscheinkosten verlangen, und dann auf eigene Faust einen anderen Flug buchen. Das wäre wohl für euch das beste nach deinen Schilderungen. Ihr würdet denke ich den kompletten Flugpreis zurückerhalten, so zumindest auch die Rechtsprechung zu Artikel 8:

KG Berlin, Urteil vom 12.08.2014, Az.: 5 U 2/12

Ein Entgelt für die Bearbeitung stornierter oder nicht angetretener Flüge darf eine Fluggesellschaft nicht verlangen.

LG Frankfurt, Urteil vom 08.06.2014, AZ: 2-24 S 152/13 

Die Fluggesellschaft muss auch den verbleibenden Flugpreis zurückzahlen, wenn sie nicht nachweist, welche Erlöse durch einen anderweitigen Ticketverkauf erzielt wurden oder welche weitere Kosteneinsparung zu verzeichnen war. Dies gilt insbesondere bei Stornierungen lange vor Flugantritt.

Somit hättest du zumindest die Möglichkeit, selbst einen Flug zu buchen, und die Kosten von TAP Air Portugal übernehmen zu lassen. 

Zur Sicherheit und zur besseren Durchsetzung der Ansprüche, kann ich dir jedoch nur empfehlen, noch einmal Rücksprache mit einem Fachanwalt für Reiserecht zu nehmen.