Guten Tag,
es muss zunächst beantwortet werden, ob grundsätzlich ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung vorliegt, danach, wer diese zu zahlen hat.
Zunächst: Reicht die Verspätung von 45 Minuten aus?
Ein Ausgleichsanspruch nach der EU-Fluggastrechteverordnung ist normalerweise erst ab einer Verspätung von mindestens drei Stunden fällig. Diese wurde mit dem ersten Flug deutlich verfehlt. Allerdings kommt es in Ihrem Fall darauf nicht an, denn entscheidend ist nur, wie hoch die Verspätung an Ihrem eigentlichen Ziel – also in den USA – ist. Dies ist auch im Interesse der Passagiere, für die etwaige Zwischenzeiten an Flughäfen deutlich weniger interessant sind als der Zeitpunkt, zu dem sie am eigentlichen Ziel sind. Sie schreiben, dass die Verspätung in den USA ein ganzer Tag war. Damit liegt ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung vor.
Unter Umständen kann dies sogar als ein Fall der Nichtbeförderung gewertet werden, da Sie erst einen Tag später in den USA ankamen. Dies ist für den Anspruch jedoch unerheblich, da dieser sowohl bei großer Verspätung als auch bei Nichtbeförderung besteht.
An wen richtet sich dieser Anspruch?
Zahlen muss immer die Airline, die verantwortlich für die Verspätung ist. In Ihrem Fall beruft sich AirFrance darauf, gerade nicht verantwortlich zu sein, da der letzte Flug nicht von AirFrance, sondern von Delta Airlines durchgeführt werden sollte.
Verantwortlich für die Verspätung ist jedoch AirFrance. Denn deren Flug war zwar nur um 45 Minuten verspätet, löste aber die wesentlich größere Verspätung am Ende Ihrer Flugreise aus. Da es um diese Verspätung geht, hat AirFrance auch die Ausgleichsleistung zu zahlen.
Die Behauptung von AirFrance, sie hätten mit der Sache nichts zu tun, ist also falsch. Leider wird in vergleichbaren Fällen die verantwortliche Fluggesellschaft häufig versuchen, die Verantwortung mit dem gleichen Argument von sich zu weisen. Hiervon darf man sich jedoch nicht verunsichern lassen, denn der Anspruch besteht unstreitig.
Urteile:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.12.2011, Az. 29 C 655/12 (11)
(zu finden über Google mit der Suche „29 C 655/12(11) reise-recht-wiki“)
Verpasst ein Passagier einen Anschlussflug deswegen, weil sein erster Flug verspätet war, so hat e einen Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichsleistung gegen die Airline, die für den ersten Flug verantwortlich war. Denn entscheidend ist, dass der Passagier mit einer großen Verspätung an seinem eigentlichen Ziel ankam, weil sein erster Flug verzögert war.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 25.08.2008, Az. 29 C 884/08-21
(zu finden über Google mit der Suche „29 C 884/08-21 reise-recht-wiki“)
Verpasst ein Passagier einen Anschlussflug, weil der Vorflug verspätet war und kann er deswegen erst Stunden später einen weiteren Flug nehmen, so liegt nach diesem Urteil eine Nichtbeförderung vor. Diese zieht einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung nach sich.
EuGH Luxemburg, Urteil vom 19.11.2009, Az. C-432/07
(zu finden über Google mit der Suche „C-432/07 reise-recht-wiki“)
Eine Flugverspätung ab drei Stunden ist zwar keine Annullierung, Fluggäste haben jedoch auch in diesem Fall Ansprüche auf Ausgleichsleistungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung. Denn sie sind bei einer so großen Verspätung häufig ähnlich betroffen wie Passagiere, deren Flug annulliert wurde.
Daher ist für diesen Anspruch unerheblich, ob eine Nichtbeförderung oder eine Verspätung von mindestens drei Stunden festgestellt wird.