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Liebes Forum,

vorerst vielen Dank für eure Zeit und Support!

Gestern wurde meine Schwiegermama von KLM nach hause geschickt...angeblich stimmte was mit dem Ticket nicht. Heute wollte ich das Regeln: jetzt sagt KLM, dass es no show war, also mein Problem.

Ich kann das Gegenteil nur sehr schwer beweisen.

Danke und Gruss

Martin
Gefragt in Reisevertragsrecht von
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2 Antworten

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Hallo, Martin!

Im ersten Schritt würde ich gern versuchen zu klären, welche Ansprüche Sie eventuell haben könnten. Mangels genauer Beschreibung Ihrerseits gehe ich davon aus, dass Sie nur eine Flugbuchung besaßen und keine Pauschalreise.

(1)      Ansprüche wegen Nichtbeförderung

Grundsätzlich regelt die Verordnung Nr. 261/2004 Probleme, die Fluggäste auf ihren Flügen haben könnten. Damit Sie etwaige Ansprüche aus der Verordnung 261/2004 geltend machen könnten, muss entweder eine Flugannullierung, eine Flugverspätung, eine Nichtbeförderung oder Herabstufung vorliegen. Da der Flug weder annulliert wurde noch sich verspätet hat, könnte im Prinzip nur eine Nichtbeförderung bzw. Beförderungsverweigerung im Sinne von Art. 2 Buchst. j) VO 261/2004. Die „Nichtbeförderung“ wird dort wie folgt definiert:

„[...]die Weigerung, Fluggäste zu befördern, obwohl sie sich unter den in Artikel 3 Absatz 2 genannten Bedingungen am Flugsteig eingefunden haben, sofern keine vertretbaren Gründe für die Nichtbeförderung gegeben sind[...]“

Und darin könnte das Problem liegen – eine fluggastrechtlich relevante Nichtbeförderung könnte erst dann vorliegen, wenn die Beförderung am Flugsteig, das heißt beim Boarding verweigert wird, nicht jedoch beim Check-in. Eine solche Auslegung dieser Vorschrift der Verordnung Nr. 261/2004 habe ich bereits in einem Gerichtsurteil gesehen, dass ich jetzt leider nicht mehr finden kann.

Auf der anderen Seite habe ebenfalls schon Meinungen von Rechtsanwälten und Gerichtsentscheidungen mit der gegenteiligen Ansicht gesehen. Eine Ausgleichszahlung bzw. weitere Ansprüche aus der Verordnung Nr. 261/2004 sollen bereits dann möglich sein, wenn schon das Check-in ohne wichtigen Grund verweigert wird. So entschied zum Beispiel das Amtsgericht Frankfurt, dass Fluggästen, die aufgrund der Verspätung des Zubringerfluges etwas später zum Check-in des Anschlussfluges erschienen sind, eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung zusteht (AG Frankfurt, Urt. v. 12.04.2007, Az: 30 C 1462/06). Der Fluggesellschaft war es noch möglich gewesen, die Fluggäste mitzunehmen, deswegen gab es keinen triftigen Grund, das Check-in und somit die Beförderung zu verweigern.

Ein weiteres Gerichtsurteil, das diese Ansicht bestätigt - AG Hannover, Urt. v. 07.11.2014, Az: 541 C 4432/14.

Analog würde ich in Ihrem Fall argumentieren. Sollte mit den Reiseunterlagen Ihrer Schwiegermutter doch alles gestimmt haben, dann war die Check-in-Verweigerung unzulässig.

Aus diesem Grund könnte Ihre Schwiegermutter einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung sowie Unterstützungsleistungen gem. Art. 4 Abs. 3 VO 261/2004 i. V. m. Art. 7 VO 261/2004 und Art. 8 VO 261/2004 haben. Je nach der Flugdistanz könnte eine Ausgleichszahlung in Höhe von bis zu 600 Euro möglich sein. Eine weitere Pflicht nach Art. 8 VO 261/2007 ist die Gewährung einer kostenlosen Ersatzbeförderung zum gewünschten Zeitpunkt oder die vollständige Erstattung des Ticketpreises.

(2)      Beweislast

Ich würde mich an Ihrer Stelle von der pauschalen Aussage eines Hotline-Mitarbeiters oder wen auch immer, dass Ihre Schwiegermutter nicht erschienen sei, nicht beeindrucken lassen. Möglicherweise kann sie schon ausreichend Beweis für ihr Erscheinen erbringen, indem sie die Geschehnisse schlüssig und glaubhaft darlegt. In einem ähnlichen Fall, das vor AG Frankfurt verhandelt wurde, konnte ein Fluggast sein pünktliches Erscheinen fürs Check-in beweisen, indem er eben den Verlauf sicher geschildert und sich wichtige Uhrzeiten gemerkt hat, sodass das Gericht keinen Grund hatte, an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln (AG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2015, Az: 31 C 857/14 (17)).

Wie Sie sehen, ist die Lage gar nicht so aussichtslos und die Beweiserbringung gar nicht so schwer. Setzen Sie einfach der KLM ein Schreiben auf, in dem Sie Ihre Ansprüche geltend machen (bzw. das sollte Ihre Schwiegermutter machen, wenn sie den Flug für sich gebucht hat). Sollte dies nichts bringen, steht es Ihnen zu, einen Anwalt für Flugrecht mit der Durchsetzung Ihrer Ansprüche zu beauftragen.

Beantwortet von (5,020 Punkte)
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Ihre Schwiegermutter wurde am Flughafen von der Fluggesellschaft nach Hause geschickt und dadurch nicht befördert. Sie fragen nun nach ihren Ansprüchen. 

Diese Ansprüche könnten sich wegen einer Nichtbeförderung aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung ergeben. 

Liegt eine Nichtbeförderung vor, haben Fluggäste nämlich gem. Art. 4 Abs. 3 VO Nr. 261/2004 einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 und einen Anspruch auf eine Rückerstattung der Flugscheinkosten gem. Art. 8 VO Nr. 261/2004. 

(3) Wird Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert, so erbringt das ausführende Luftfahrtunternehmen diesen unverzüglich die Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 und die Unterstützungsleistungen gemäß den Artikeln 8 und 9.

Es müsste also eine Nichtbeförderung vorliegen. Gem. Art. 2 Abs.1 lit. j ist die „Nichtbeförderung“ die Weigerung, Fluggäste zu befördern, obwohl sie sich unter den in Artikel 3 Absatz 2 genannten Bedingungen am Flugsteig eingefunden haben, sofern keine vertretbaren Gründe für die Nichtbeförderung gegeben sind, z.B. im Zusammenhang mit der Gesundheit oder der allgemeinen oder betrieblichen Sicherheit oder unzureichenden Reiseunterlagen.

Dazu sagt Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 261/2004 folgendes: 

(2) Absatz 1 gilt unter der Bedingung, dass die Fluggäste

a) über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen und (...) sich

– wie vorgegeben und zu der zuvor schriftlich (einschließlich auf elektronischem Wege) von dem Luftfahrtunternehmen, dem Reiseunternehmen oder einem zugelassenen Reisevermittler angegebenen Zeit zur Abfertigung einfinden

oder, falls keine Zeit angegeben wurde,

– spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfinden oder

b) von einem Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen von einem Flug, für den sie eine Buchung besaßen, auf einen anderen Flug verlegt wurden, ungeachtet des Grundes hierfür.

Es müsste sich also im Falle Ihrer Schwiegermutter um eine Nichtbeförderung im Sinne der Verordnung handeln. Eine Nichtbeförderung liegt dann vor, wenn der Fluggast eine bestätigte Buchung für den Flug hat und sich rechtzeitig zum Abflug einfindet und trotzdem nicht von der Fluggesellschaft befördert wird. Das gilt dann nicht, wenn vertretbare Gründe für die Verweigerung der Beförderung vorliegen. 

Ihre Schwiegermutter hat sich rechtzeitig und mit einem Ticket am Flughafen eingefunden, wo ihr die Beförderung verweigert wurde, da angeblich etwas mit ihrem Ticket nicht stimme. Nun wird im Nachhinein jedoch darauf verwiesen, dass sich niemand am Flughafen eingefunden hat. Fraglich ist nun jedoch, wer die Beweislast trägt, da es für Sie sehr schwer sein wird, Ihre Angaben zu beweisen. Hierzu konnte ich ein Urteil zu einem ähnlichen Fall finden: 

AG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2015, Az: 31 C 857/14 (17) (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 31 C 857/14 (17) reise-recht-wiki" bei Google eingeben)

Die glaubhafte Aussage eines wegen Nichtbeförderung klagenden Passagiers, bei Ankunft am Check-In-Schalter mit dem Smartphone die Uhrzeit überprüft zu haben, genügt als Beweis der Pünktlichkeit.

Ein ansprüchsberechtigter, geschädigter Fluggast hat des Weiteren Anspruch auf die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die ihm zur Wahrnehmung seiner Rechte im komplexen und ambivalenten Feld der Fluggastrechte entstanden sind, sofern keine überzogenen Anforderungen gestellt wurden.

Auch in diesem Fall geht es um die Beweislast bei einer Nichtbeförderung. Zwar wurde hier die Beförderung aufgrund einer angeblichen Verspätung des Fluggastes verweigert, jedoch ist der Fall vergleichbar. Grundsätzlich trägt zwar der Fluggast die Beweislast, allerdings sind an diesen Beweis keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Vorliegend war für den Beweis des Fluggastes dessen glaubhafte Aussage ausreichend. 

Ich könnte mir daher vorstellen, dass Ihre Schwiegermutter gute Chancen auf einen Anspruch wegen Nichtbeförderung aus Art. 4 Abs. 3 VO Nr. 261/2004 hat. 

Beantwortet von (11,600 Punkte)
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