Sie haben Hin- und Rückflug gebucht. Nun wurde der Hinflug annulliert und Sie fragen nun, ob Sie daher auch vom Rückflug zurücktreten können.
Grundsätzlich ist es so, dass der Hin- und der Rückflug als zwei gesonderte Beförderungsleistungen angesehen werden, für welche die Anwendbarkeit der Fluggastrechte-Verordnung Nr. 261/2004 jeweils getrennt zu prüfen ist. Dazu folgende Urteile:
EuGH, Urt. v. 10.07.2008, Az: C‑173/07 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: C‑173/07 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Der Begriff „Flug“ im Sinne der Verordnung Nr. 261/2004 ist so auszulegen, dass eine Hin- und Rückreise nicht als ein und derselbe Flug angesehen werden können.
AG München, Urt. v. 10.11.2016, Az: 261 C 13238/16 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 261 C 13238/16 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Der Begriff des Fluges i.S.d. Fluggastrechte-VO (EG) Nr. 261/2004 meint Hin- und Rückflug jeweils getrennt voneinander. Auch wenn alle Flüge von der gleichen Fluggesellschaft durchgeführt und gemeinsam gebucht werden.
Insofern wirkt sich die Verschiebung des Hinfluges nicht auf Ihren Rückflug aus. Damit Sie den Rückflug stornieren lassen und die Erstattung der Kosten nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) VO 261/2004 erhalten können, muss daher eigentlich auch der Rückflug annulliert werden.
Auf der anderen Seite hat die EU-Kommission in den Auslegungsleitlinien zu den EU-Verordnungen vor dem Hintergrund der sich entwickelnden Situation im Zusammenhang mit Covid-19 vom 18.03.2020 darauf hingewiesen, dass Fluggästen die Stornierung der Gesamtbuchung (also Hin- und Rückflug) ermöglicht werden soll, wenn z.B. nur der Hinflug annulliert wurde. Die Auslegungsleitlinien sind jedoch für Staaten und Gerichte nicht verbindlich, die Gerichte dürfen weiterhin ihre eigene Ansicht vertreten.
Am besten lassen Sie sich von einem Anwalt für Flugrecht verbindlich beraten, da die aktuelle Situation rund um Flugannullierungen und Stornierungen nicht einfach ist.