Liebe Familie Hartmann,
Sie haben auf Ihrem Rückflug von Teneriffa nach Frankfurt eine Flugverspätung von insgesamt 51 Stunden erlitten. Eine solche enorme Verspätung wird bereits als eine Annullierung des ursprünglichen Fluges angesehen. Vergleichen Sie dazu bitte die folgenden Urteile:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden unter: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
BGH, X ZR 34/14, (einfach zu finden bei Goggle unter "reise-recht-wiki")
Der BGH hatte entschieden, dass auch eine zeitliche Flug-Verlegung nach hinten einer Nichtbeförderung gleichkomme und dem Kunden dann Ausgleichszahlungen zustehen könnten.
Bei einer Annullierung wie sie im vorliegenden Fall gegeben ist, können Sie grundsätzlich einen Anspruch auf Ausgleichzahlungen aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung geltend machen. Beachten Sie jedoch, dass die Fluggesellschaft keine Ausgleichszahlungen leisten muss, wenn außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004/EG Ursache der Verspätung waren. Ein außergewöhnlicher Umstand kann zum Beispiel bei Streik des Bodenpersonals oder bei schlechten Wetterbedingungen vorliegen.
In Ihrem Fall wurde Ihnen als Grund für die Annullierung Ihres Fluges ein technischer Defekt genannt. Ein technischer Defekt ist aber in der Regel kein außergewöhnlicher Umstand, der die Fluggesellschaft von Ausgleichszahlungen freistellt. Dies gilt selbst dann, wenn die Fluggesellschaft alle Wartungsarbeiten am Flugzeug frist- und ordnungsgemäß durchgeführt hat. Vergleichen Sie dazu die folgenden Urteile:
EuGH vom 22.12.2008 - C 549/07 -(einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Ein bei einem Flugzeug aufgetretenes technisches Problem, das zur Annullierung eines Fluges führt, fällt nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne der VO 261/2004, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.
Allein der Umstand, dass ein Luftfahrtunternehmen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindesterfordernisse an Wartungsarbeiten an einem Flugzeug durchgeführt hat, reicht nicht für den Nachweis, dass dieses Unternehmen „alle zumutbaren Maßnahmen“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 ergriffen hat
AG Köln, Urteil vom 5.4.2006 - 118 C 595/05 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Auch wenn ein technisches Problem als ein „außerordentlicher Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 angesehen wird, muss das Luftfahrtunternehmen substantiiert vortragen, woraus sich ergeben könnte, dass der angegebene technische Defekt unerwartet und unvermeidbar gewesen ist. Die Behauptung, das streitbefangene Flugzeug sei regelmäßig gewartet worden, ist ersichtlich zu pauschal gehalten, um die gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 erforderliche Exkulpation bewirken zu können. (Leitsatz der RRa)
AG Rüsselsheim, Urteil vom 7.11.2006 – 3 C 717/06 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Ein technischer Defekt mag zwar ungewöhnlich sein, ist aber nicht außergewöhnlich im Sinne der EU-Verordnung und ist auf jeden Fall in der Sphäre des Luftfahrtunternehmens angesiedelt und daher nicht unbeeinflussbar auf höhere Gewalt bzw. Einwirkung durch Dritte zurückzuführen.
Wie Sie diesen Urteilen entnehmen können, stellt ein technsicher Defekt keinen außergewöhnlichen Zustand dar. Weiterhin reicht der pauschale Hinweis, dass ein solcher vorlag alleine nicht aus. Condor müsste somit auch Beweise diesbezüglich erbringen.
Bei Ihrer Flugstrecke zwischen Teneriffa Süd und Frankfurt handelt es sich um eine Entfernung von ca. 3.250,30 km. Damit stehen Ihnen nach der europäischen Fluggastrechte Verordnung je Fluggast 400 Euro zu.
Am besten wenden Sie sich schriftlich an Condor und machen Ihren Anspruch geltend. Sollte Condor jedoch nicht bereit sein auf Ihren Anspruch einzugehen, kann es durchaus hilfreich sein, einen Anwalt einzuschalten.