Sehr geehrter Fragesteller,
Zuerst möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die nachstehenden Ausführungen keine verbindliche Beurteilung darstellen.
Ich habe die Informationen darüber rausgesucht, welche Reisedokumente Sie als Familienangehöriger eines EU-Bürgers und ein Nicht-EU-Bürger selbst zu Reisen innerhalb der EU bräuchten (Quelle: europa.eu) und stelle sie hier für Sie zusammenfassend dar.
Sie brauchen kein zusätzliches Visum für ein EU-Land, wenn Sie eine Aufenthaltsgenehmigung oder ein Visum eines Schengen-Staates haben und das Land, in das Sie einreisen wollen, ist ebenfalls ein Schengen-Land. Nicht zum Schengen-Raum gehören eben Großbritannien, Irland und Zypern. Mit einem Visum oder einer Aufenthaltserlaubnis für Deutschland können Sie als Familienangehöriger eines EU-Bürgers visumfrei folgende Länder besuchen:
Deutschland, Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Ungarn. Island, Norwegen, Schweiz und Liechtenstein sind keine EU-Staaten, gehören aber dennoch zum Schengen-Raum.
In Bulgarien, Rumänien und Kroatien werden Schengen-Vorschriften nur teilweise angewandt.
(Quelle: Auswärtiges Amt, steht aber auch auf der Europa.eu-Seite)
Für die Einreise nach London hätten Sie ein „EEA Family Permit“ – eine „Einreiseerlaubnis für Familienangehörige von Staatsangehörigen der Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums“ benötigt. Alternativ genügt auch eine „Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers“.
Die Passkontrollbeamten des Londoner Flughafens haben da insofern absolut richtig gehandelt. Ich zitiere weiterhin die Seite Europa.eu:
„Falls Ihre Familienangehörigen an der Grenze jedoch nicht das erforderliche Einreisevisum besitzen, sollten die Grenzbehörden ihnen die Gelegenheit geben, auf andere Weise nachzuweisen, dass sie Ihre Familienangehörigen sind. Wenn dieser Nachweis gelingt, sollten die Grenzbehörden ihnen unverzüglich ein Einreisevisum ausstellen.“
Es lässt sich natürlich jetzt nicht mehr beurteilen, inwiefern Ihnen diese Möglichkeit gegeben wurde, sofern es welche gab, geschweige denn die rechtlichen Konsequenzen einschätzen, wenn Ihnen die Möglichkeit nicht gewährt wurde.
Ob die Beamten der Grenzkontrolle in Deutschland Sie hätten darauf hinweisen müssen, weiß ich leider auch nicht genau, ich tendiere aber eher dazu, diese Frage zu verneinen. Ich glaube, sie müssen primär die Rechtmäßigkeit Ihres Aufenthaltes in Deutschland überprüfen. Ich kann dies auch aus meiner Erfahrung bestätigen – ich besitze neben deutscher auch die russische Staatsbürgerschaft und reise mehrmals im Jahr nach Russland. Wenn ich meinen deutschen Reisepass zur Kontrolle vorlege (in dem natürlich kein Visum für Russland steht, da ich russische Pässe habe und daher keins benötige), hat mich in Deutschland auch noch keiner gefragt, mit welchem Recht ich denn nach Russland einreise.
Darüber hinaus erwies es sich leider als unmöglich, als ein Nicht-Jurist (sprich: ein Mensch ohne viel Ahnung auf dem Gebiet) im Internet die rechtlichen Grundlagen zu finden, nach welchen eine Fluggesellschaft verpflichtet ist, die Einhaltung der Einreisebestimmungen beim Check-in zu überprüfen. Dass sie es tun müssen, ist schon ziemlich sicher (das steht auch überall im Internet, ohne auf mögliche Gesetze bzw. internationale Richtlinien zu verweisen). Ich habe mir aber die allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Beförderungsbedingungen einiger deutscher Fluggesellschaften angeschaut. Jede Fluggesellschaft hat in den AGBs in der einen oder anderen Form den Hinweis, dass Fluggäste beim Check-in ihre Reisedokumente zur Überprüfung hinsichtlich der Einreisebestimmungen des Ziellandes vorweisen müssen. Im Umkehrschluss würde das heißen, dass die Mitarbeiter des Abfertigungsschalters diese auch auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen müssen. Tun sie das nicht – so verletzen sie eine Pflicht aus dem Vertrag, da AGBs ein Bestandteil des Flugvertrages ist. Vielleicht wäre auf diesem Wege etwas heraus zu holen (Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, Nichterfüllung, Schlechterfüllung)? Es könnten dann die finanziellen Schäden geltend gemacht werden, die Sie durch den Fehler der Mitarbeiter der Fluggesellschaft zu tragen hatten – zum Beispiel die Kosten des zusätzlichen Flugtickets, oder Erstattung des entfallenen Flugtickets, Hotelstornokosten und dergleichen. Ich bin nicht wirklich in der Interpretation von Gesetzestexten im Kontext konkreter Fälle erfahren, aber das war eben eine Idee, die mir beim Recherchieren in den Sinn gekommen war.
Würde es in Ihrem Fall um eine Pauschalreise gehen (also einen Bündel mehrerer Reiseleistungen), wäre die Sache womöglich einfacher gewesen. Bei Pauschalreisen sind nämlich sowohl Reiseveranstalter, als auch Reisevermittler (Reisebüros) verpflichtet, ihre Kunden auf die möglichen abweichenden Einreisebestimmungen hinzuweisen (BGB-Informationspflichtverordnung).
Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass in Ihrem Fall keine der Richtlinien, auf die wir hier im Forum am häufigsten eingehen – Fluggastrechte-Verordnung, Montrealer Übereinkommen oder Reiserecht-Teil des BGB, zur Anwendung kommt, da weder eine Annullierung oder eine Verspätung, noch eine Nichtbeförderung vorliegt und auch scheinen Sie laut Ihrer Beschreibung keinen Reisevertrag abgeschlossen zu haben.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg in Ihren weiteren Schritten!