Guten Tag,
Ansprüche sind sowohl aus dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) als auch aus der EU-Fluggastrechteverordnung denkbar.
Gemäß Art. 19 des MÜ sind durch die verantwortliche Airline alle Schäden zu ersetzen, die durch die Verspätung von Passagieren entstehen. Das ist erst recht dann der Fall, wenn der eigentlich gebuchte Flug nicht nur verspätet, sondern überhaupt nicht mehr stattfindet. Sofern also bei einer Annullierung Schäden entstehen, können diese ersetzt werden.
Ein Schadensersatzanspruch ist dann ausgeschlossen, wenn es für die Airline unmöglich war, trotz aller zumutbaren Maßnahmen die Annullierung zu verhindern. Die Airline behauptet zwar, dass es keinen Schadensersatz gibt, scheint aber die Annullierung nicht näher zu begründen. Damit gehe ich zunächst einmal davon aus, dass derartig außergewöhnliche Umstände nicht vorliegen.
Schwieriger ist jedoch, den genauen Schaden zu benennen. Denn dies ist erforderlich, um einen Schadensersatz zu erhalten, es reicht nicht aus, einen generellen Schaden anzugeben. Zudem müsste Ihre Freundin begründen, warum die Annullierung zwangsläufig zu einem Schaden führt: Wenn ein früherer Flug einen Arbeitsausfall bedeutet, könnte es stattdessen möglich sein, einen späteren Flug zu nehmen, bei dem keine Arbeitszeit verloren geht – dann entstünde auch kein Schaden. Die Annullierung führt also nicht zwangsläufig zu einem Schaden, es ist daher schwierig, hier Schadensersatz zu erhalten.
Für Ihre Freundin besteht jedoch die Möglichkeit, stattdessen eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu verlangen. Dies ist möglich, da es sich bei Air Berlin um eine europäische Airline handelt, die unabhängig von Start- und Zielflughafen an die Verordnung gebunden ist. Die Höhe der Ausgleichszahlung richtet sich hierbei nach der zurückgelegten Flugstrecke – Ihre Freundin erhält bei einem Rückflug von Los Angeles nach Deutschland den Maximalbetrag von 600€.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Annullierung verhältnismäßig kurzfristig bekannt gegeben wurde. Sollte der Flug erst in mindestens zwei Wochen nach Bekanntgabe der Annullierung stattfinden, so besteht dieser Anspruch nicht.
Auch hier gilt zudem, dass die Airline nicht zahlen muss, wenn sie belegen kann, dass die Annullierung durch außergewöhnliche Umstände entstanden war. Dies ist bisher noch nicht geschehen. Sofern die Airline dies tut (wovon auszugehen ist), sollten Sie beachten, dass dabei pauschale Angaben wie „unerwarteter Flugsicherheitsmangel“ für die Airline nicht ausreichen. Air Berlin muss den genauen Grund darlegen sowie den Beweis erbringen, dass die Annullierung gerade deswegen unvermeidlich war.
Sofern Ihre Freundin dennoch sowohl Schadensersatz als auch die Ausgleichszahlung erhält, werden beide Ansprüche miteinander verrechnet – de facto kann sie also nicht beide Beträge gleichzeitig erhalten.
Urteile:
AG Bad Homburg, Urteil vom 18.09.2008, Az 2 C 918/08
(zu finden über die Google-Suche „2 C 918/08 reise-recht-wiki“)
Neben den Ansprüchen aus der EU-Fluggastrechteverordnung können bei einer Flugverspätung oder -annullierung auch Ansprüche auf Schadensersatz bestehen. Hierzu muss jedoch ein konkreter Schaden benannt werden können, zudem muss der Passagier darlegen, dass der Schaden unvermeidbar aus der Annullierung entstand.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 31.08.2006, Az 30 C 1370/06-25
(zu finden über die Google-Suche „30 C 1370/06-25 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung berechtigt Passagiere generell dazu, eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu fordern. Will die Airline sich von dieser Zahlungspflicht befreien, muss sie darlegen können, dass außergewöhnliche Umstände vorgelegen haben, die zwingend zu der Flugannullierung führen mussten.