Guten Tag,
Ihr Flug mit KLM von Berlin über Amsterdam in die Karibik hatte bei Ihrer Ankunft 27 Stunden Verspätung.
KLM weist die von Ihnen geforderte Entschädigung über 4200 Euro mit der Begründung zurück, dass widrige Wetterverhältnisse vorlagen, und sie daher nicht zu einer Entschädigung verpflichtet wären.
Sie stellen dazu Fragen, auf die im Folgenden eingegangen werden soll.
> Flugannulierung
Wie KLM in dem Schreiben an Sie bereits festhielt wurde Ihr Flug von Berlin nach Amsterdam annuliert, ebenso wie Ihr Weiterflug von Amsterdam zum Zielort.
Dazu für Sie folgendes Urteil:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung. (bei Google einfach zu finden, indem Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
> Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung
Im Falle einer Flugannulierung könnten Ihnen, wie von Ihnen bereits angemerkt, Ausgleichszahlungen nach der EU-VO Nr. 261/2004 zustehen.
Sie stellen sich wie folgt dar:
a) Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger > 250€
b) Bei einer Verspätung von 3 Stunden bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km > 300 €
c) Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen > 600 €
Ihren Zielort nennen Sie nicht konkret. Doch ist davon auszugehen, dass zwischen Berlin und der Karibik eine Entfernung von mehr als 3.500 km besteht. Ihre Verspätung am Zielort betrug außerdem mehr als 4 Stunden. Ihnen könnten deshalb 600 Euro pro Fluggast zustehen.
Von diesem Anspruch auf Ausgleichsleistung kann sich die Fluggesellschaft außerdem nach Artikel 5 Absatz 3 der EU-Fluggastrechteverordnung befreien, wenn sich die Fluggesellschaft beispielsweise auf außergewöhnliche Umstände beruft. KLM nennt diesbezüglich "widrige Wetterverhältnisse". Leider ist dies relativ vage.
Dazu deshalb für Sie folgende Urteile:
1. OLG Koblenz, Urteil vom 11. Januar 2008, Az. 10 U 385/50 (für Sie zu finden unter diesem Link im ReiseRechtWiki: Urteil OLG Koblenz)
Annulierung wegen Nebel, in diesem Fall ein außergewöhnlicher Umstand.
2. AG Rüsselsheim, Urteil vom 21.05.2012, Az. 3 C 491/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google "Az. 3 C 491/12 ReiseRechtWiki" eingeben)
Annulierung wegen schwerem Regenfall, in diesem Fall ein außergewöhnlicher Umstand.
3. AG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.05.2013, Az. 29 C 1954/11 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google "Az. 29 C 1954/11 ReiseRechtWiki" eingeben)
Annulierung wegen Wetterbedingungen. Für außergewöhnliche Wetterbedingungen spricht, wenn der Luftverkehr ganz oder teilweise zum Erliegen kommt.
Es existieren bezüglich schlechten Wetterverhältnissen als außergewöhnliche Umstände eine Vielzahl von Urteilen. Daher ist es nötig, dass KLM eine weitere Abgrenzung vornimmt, was sie mit "widrigen Wetterbedingungen" meint.
> Beweislast im Falle der außergewöhnlichen Umstände
Aus Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastrechteverordnung geht hervor, dass das Luftfahrtunternehmen nachweisen muss, dass die Annulierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht. Einem Reisenden ist es unter Umständen nicht möglich die außergewöhnlichen Umstände detailliert nachvollziehen zu können.
Welche Wetterverhältnisse zum Zeitpunkt Ihrer Reise herrschten, können Sie aber möglicherweise noch aus Ihrer Erinnerung abrufen. Ansonsten können Sie im Internet Seiten finden, die Ihnen die an diesem Tag herrschenden Wetterverhältnisse anzeigen können.
> Anspruch auf Betreuungsleistungen nach Artikel 9 EU-VO
Gemäß Artikel 9 EU-VO sind Ihnen von der Fluggesellschaft außerdem folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls — ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder — ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
KLM stellt in dem Schreiben an Sie fest, dass sie Betreuungsleisten für Sie nicht übernehmen würden, da eine Verspätung von 2 Stunden nicht gegeben wäre. In Ihrem Fall liegt nach Ihren Angaben aber eine Verspätung von 27 Stunden am Zielort vor. Wieso Ihnen also eine Übernahme der Kosten für Betreuungsleisten verwehrt bleiben soll ist nicht nachzuvollziehen. Diese Kostenübernahme steht Ihnen deshalb wahrscheinlich zu.
Abschließend ist Ihnen zu raten genaueres über den von KLM angegebenen außergewöhnlichen Umstand zu erfahren und, angesichts der geringen Kooperation seitens der Fluggesellschaft, möglicherweise einen Anwalt aufzusuchen.