Lieber Clemens,
in einem Fall wie deinem ist es zunächst entscheidend, ob es sich bei den betreffenden Flügen um Nur-Flüge oder um einen Teil einer Pauschalreise handelt, denn hiernach bestimmt sich das anwendbare Recht in ihrem Fall. Die betreffenden Flüge wären dann ein Teil einer Pauschalreise, wenn du sie bei einem Reiseveranstalter als Teil einer Gesamtheit von Reiseleistungen gebucht hätten. Buchtest du die Flüge hingegen separat und direkt bei Germanwings, handelt es sich bei diesen um sogenannte Nur-Flüge.
Nur-Flüge
Handelt es sich bei den betreffenden Flügen um sogenannte Nur-Flüge, dann richten sich deine möglichen Ansprüche grundsätzlich nach der EU-Fluggastrechteverordnung VO (EG) 261/04, insbesondere den Artikeln 5 und 7-9 VO, da in einem Fall wie deinem, indem einseitig die Flugzeiten von der Airline geändert werden, von einer Annullierung der Flüge gem. Artikel 5 VO ausgegangen werden kann. Eine solche Annullierung des Fluges im Vorfeld berechtigt den Reisenden grundsätzlich zu der Geltendmachung zwei verschiedener Ansprüche:
-
Ausgleichsanspruch gem. Artikel 5 i.V.m. Artikel 7 VO
-
Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung gem. Artikel 5 i.V.m. Artikel 8 VO
Da du jedoch bereits ausgeführt hast, dass für dich ein Nichtantritt dieser Flüge nicht in Betracht kommt, ist für dich der Ausgleichsanspruch gem. Artikel 5 und 7 VO interessant. Hiernach muss die Airline dem Reisenden grundsätzlich einen pauschalisierten Ausgleich für die Annullieung von Flügen zahlen, wenn nicht einer der in Artikel 5 Abs. 1 lit. c) VO genannten Ausschlussgründe einschlägig ist. In deinem Fall gehe ich jedoch leider davon aus, dass dies so ist, da ich deiner Frage entnehme, dass es sich um Flüge handelt, die erst im Oktober durchgeführt werden sollen. Einer der Ausschlussgründe besagt nämlich, dass dem Reisenden dann kein Anspruch auf Ausgleichleistungen zu stehet, wenn er mind. 2 Wochen vor dem planmäßigen Abflug über die Annullierung des Fluges informiert wurde. Folglich hättest du nach dieser VO nur die Möglichkeit gem. Artikel 5 und 8 Abs. 1 lit. a) VO den Flug nicht anzutreten und die Flugscheinkosten zurück zu verlangen, was du aber nicht möchtest.
Pauschalreise
Ein möglicher Anspruch auf Ersatz könnte in deinem Fall daher nur dann gegeben sein, wenn es sich bei den Flügen um einen Teil einer Pauschalreise handelt. Denn in einem solchen Fall können sich deine Ansprüche auch nach allgemeinen Reisevertragsrecht des BGBs (§§ 651a- 651m BGB) richten. Insbesondere kommt in einem Fall wie deinem hier ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises gem. § 651d BGB in Betracht. Voraussetzung für einen solchen Anspruch wäre jedoch zunächst, dass die Änderungen der Flugzeiten einen Reisemangel im Sinne des § 651c Abs. 1 BGB darstellen. Um festzustellen, ob dies in deinem Fall gegeben ist, ist zunächst wieder zwischen zwei möglichen Situationen zu unterscheiden:
Situation 1: Der Reiseveranstalter hat sich ausdrücklich eine Änderung der Flugzeiten vorbehalten (zumeist in AGBs). In einem solchen Fall kann nur dann vom Vorliegen eines Reisemangels ausgegangen werden, wenn die konkret vorgenommenen Änderungen für den Reisenden nicht zumutbar sind. Zumutbar sind solche Änderungen dann, wenn sie notwendig und unvorhersehbar sind und den Gesamtzuschnitt der Reise nicht beeinträchtigen. Dies ist vor allem dann gegeben, wenn die Änderung der Flugzeiten z.B. dazu führen, dass die Nachtruhe erheblich beeinträchtigt wird oder die Flüge nicht mehr am geplanten An- oder Abreisetag stattfinden. Daher wäre in deinem Fall wichtig zu wissen, um wie viel Uhr nun die neuen Flüge stattfinden.
Situation 2: Der Reiseveranstalter hat sich Änderungen nicht ausdrücklich vorbehalten. In einem solchen Fall ist dann ein Reisemangel gegeben, wenn Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit erheblich abweicht. Dabei stellt die Ist-Beschaffenheit die tatsächliche Situation dar und die Soll-Beschaffenheit die Situation, die vertraglich vereinbart wurde. In deinem Fall wurde ein vertraglicher Hinflug für 2,5 h eher vereinbart und ein Rückflug für 5,25 h Stunden später. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Verschiebung dazu führte, dass die Flüge nicht mehr am geplanten An- oder Abreisetag stattfinden. Ist dies trotz Verlegung noch der Fall, wird es in deinem Fall wohl schwierig einen Reisemangel festzustellen, da die zeitliche Änderung der Flüge noch relativ gering ist.
So entschied z.B. des AG Bad Homburg, dass eine Vorverlegung der Flugzeiten um 8,5 h keinen Reisemangel darstellt. (zu finden bei Google durch Eingabe "AG Bad Homburg 2 C 3320/00 reise-recht-wiki.de") Auch das AG Bonn entschied in einem ähnlichen Fall mit Urteil vom 27.06.1996 (AZ: 18 C 14/96), dass eine Verschiebung des Abflugs um lediglich 5 Stunden keinen Reisemangel darstellt. Auch eine Verschiebung von 15:25 Uhr auf 06:00 stellt nach Ansicht des AG Düsseldorf keinen Reisemangel dar, da es sich beim An- und Abreisetag grundsätzlich um keinen Urlaubstag handelt. (vergl. Urteil v. 03.06.1998, AZ: 232 C 1482/98)
Daher ist wohl auch für den Fall, dass die Flüge Teil einer Pauschalreise sind, davon auszugehen, dass du keinen Anspruch auf Reisepreisminderung hast, da die Flugzeitenänderungen zu gering sind, um einen Reisemangel darzustellen.