Lieber Fluggast,
dem vorliegenden Fall liegt tatsächlich eine erhebliche Gepäckverspätung zugrunde. Bei einer Gepäckverspätung können Sie einen Anspruch aus dem Montrealer Übereinkommen geltend machen. Relevant ist dabei der Art. 19 des Montrealer Übereinkommens.
(1) Anspruchsgrundlage
Art. 19 Montrealer Übereinkommen
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder Ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
In dem von Ihnen geschilderten Fall würde Ihnen somit Schadensersatz für die Gepäckverspätung zustehen, solange der Luftfrachtführer diesen nicht vermeiden konnte oder es ihm nicht möglich war.
AG Bremen, Abt. 4, Urteil v. 08.05.2007, 4 C 7/07 (einfach zu finden bein Google unter "reise-recht-wiki")
Anspruchsgrundlage ist insoweit Art. 19 S. 1 des Montrealer Übereinkommens vom 28. Mai 1999. Danach hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisegepäck entsteht.
Die Höhe des Schadensersatzes ist in Art. 22 Absatz 2 des Montrealer Übereinkommens geregelt. Danach haftet der Luftfrachtführer bis zu einer Obergrenze von 1.131 Sonderziehungsrechten. Das entspricht in etwa 1.300,00 Euro.
(2) Schadensanzeige
Um einen solchen Anspruch jedoch geltend zu machen, müssen Sie eine fristgerechte Schadensanzeige nach Art. 31 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen machen. Im Fall einer Verspätung muss die Anzeige binnen einundzwanzig Tagen, nachdem das Reisegepäck oder die Güter dem Empfänger zur Verfügung gestellt worden sind, erfolgen.
Ihren Ausführungen ist jedoch zu entnehmen, dass Sie eine sofortige Meldung am Lost & Found Schalter gemacht haben. Des Weiteren haben SIe versucht telefonisch eine Auskunft über das verloren gegangene Gepäckstück in Erfahrung zu bringen.
AG Bremen, Urteil vom 05.12.2013, Az. 9 C 244/13 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Eine Gepäckverspätung muss gemäß Art. 31 MÜ innerhalb von 21 Tagen nach Erhalt des Gepäcks angezeigt werden. Die Anzeige muss hierbei gegenüber dem Unternehmen geschehen, welches Ihr Gepäck transportiert hatte. Erst nach der Anzeige können eventuelle Ansprüche geltend gemacht werden.
(3) Zuständige Fluggesellschaft
Um Ihre zweite Frage zu beantworten. Sie müssen sich stets an die Fluggesellschaft wenden, die für den Transport verantwortlich war, als der Koffer verschwunden ist.
OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.06.2012, Az. 16 U 66/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Ein Gepäckschaden oder ein Gepäckverlust muss bei der verantwortlichen Airline angezeigt werden. Hierbei muss nicht nur dargelegt werden, dass Gepäck verloren oder verspätet ist, sondern auch der Inhalt des verlorenen Gepäcks bzw. bei einer Gepäckverspätung der finanzielle Aufwand, den der Passagier zum Ausgleich betreiben musste. Dies dient dazu, mögliche Zahlungspflichten für die Airline nachvollziehbar werden zu lassen.
AG Frankfurt, Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen. Es spielt dabei keine Rolle, zwischen welchen Staaten der Flug stattfand, solange beide Staaten Vertragspartner des Montrealer Übereinkommens sind.
(4) Nachkaufen von notwendigen Sachen
Auch das Sie die wichtigsten Dinge zunächst nachkaufen mussten ist selbstverständlich. Auch diese Kosten können Sie sich erstatten lassen, wenn Sie alle Belege dazu haben.
AG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2013, Az 29 C 2518/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Bei einer Gepäckverspätung ist es als angemessen einzustufen, dass die betroffenen Passagiere einen (oder bei längerer Verspätung mehrere) Komplettsätze an Kleidungsstücke vor Ort nachkaufen. Die Kosten hierfür muss daher die Airline nachträglich ersetzen, sofern die Ausgaben von den Passagieren belegt werden können.
Der Schaden, den die Airline nach dem Montrealer Übereinkommen zu ersetzen hat, umfasst alle dadurch erlittenen finanziellen Einbußen. Die bloße Wartezeit stellt keinen Schaden dar. Zudem müssen Passagiere jeweils begründen können, dass die finanziellen Aufwendungen notwendig waren, damit die Airline sie zu ersetzen hat.