Hallo lieber Fragesteller,
in Ihrem Fall liegt eindeutig eine Annullierung des Fluges dar.
Bei einer Annullierung stehen dem Fluggas in der Regel Ausgleichsansprüche zu. Diese erwachsen in folgender Staffelung:
- Bei einer Strecke von bis zu 1500km und einer Verspätung ab 2 Stunden: 250€
- Bei einer Strecke von 1500km bis 3500km und einer Verspätung ab 3 Stunden: 400€
- Bei einer Strecke von 3500km oder mehr und einer Verspätung ab 4 Stunden: 600€
Die Höhe der Ausgleichszahlung nach der europäischen Fluggastrechteverordnung richtet sich nach der Strecke der Reise bzw. der Entfernung und der Verspätung.
Zur Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Passagier später als zur planmäßigen Ankunftszeit eintrifft (vgl. AG Hannover, Urt. v. 06.12.2012, 452 C 5686/12).
Diese Ausgleichsansprüche stehen einem Fluggast im Falle einer Annullierung nicht zu, wenn:
- die Annullierung aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes aufgetreten ist
- der Fluggast zwei Wochen vor dem geplanten Abflug über die Annullierung benachrichtigt wurde
- dem Fluggast ein alternativer Flug auf der gleichen Route in einem ähnlichen Zeitraum angeboten wird.
In Ihrem Fall wird auf einen „außergewöhnlichen Umstand“ abgestellt.
Bei solchen ist die Beurteilung schwer zu bestimmen. So muss auch hier danach gefragt werden, ob ein Defekt von der Fluggesellschaft vorhersehbar und vermeidbar war oder nicht.
Der EuGH hat klargestellt, dass die meisten technischen Defekte nicht als außergewöhnliche Umstände zu werten sind und damit das Luftfahrtunternehmen nicht von ihrer Ausgleichszahlungspflicht entbindet. Das Unternehmen hat bei einem technischen Defekt kein flugtaugliches Flugzeug bereitgestellt.
Keine technischen Defekte die einen außergewöhnlichen Umstand begründen sind z.B.: → Unreines Kerosin (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 18.04.2013, 3 C 2265/12 (39)) → Defekte Türelektronik (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 08.11.2006, 3 C 821/06 (31)) → Triebwerkprobleme (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 07.11.2006, 3 C 717/06 (32)) → Defekt am Funkgerät (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 17.04.2013, 3 C 3319/12 (36)) → Verstopfte Toilette (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 12.09.2011, 3 C 1047/11)
Ein technischer Defekt führt unterdessen zu einem außergewöhnlichen Umstand, wenn der Defekt nicht im Einflussbereich des Flugunternehmens steht. Treten also Defekte ein, die für das Luftfahrtunternehmen nicht beherrschbar oder vorhersehbar sind, so liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor und das Unternehmen ist nicht zur Ausgleichszahlung verpflichtet.
→ Vogelschlag (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.2013, X ZR 160/12)
→ Biene im Staurohr, die eine Fehlermeldung verursacht (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 24.07.2013, 3 C 2159/12 (36); AG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2013, 36 C 6837/13).
Technische Defekte die nur gelegentlich bei Flugzeugen auftreten, wie z.B. ein Triebwerkschaden, können auch als außergewöhnliche Umstände gewertet werden (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.10.2013, 30 C 1848/12 (47)).
→ Defekter Generator des Flugzeuges (vgl. AG Frankfurt a.M., Beschluss v. 2. 3. 2007, 31 C 3337/06)
→ Radarausfall (vgl. AG Erding, Urt. v. 18.04.2011, 2 C 1053/11)