Eine Entschädigung kann aufgrund mehrerer Umstände verlangt werden. Bei der Schadensersatzforderung sind die verschiedenen entstandenen Schäden (Ersatzbeschaffungskosten, Fahrtkosten, nutzlos aufgewendete Urlaubszeit/ entgangene Urlaubsfreude, etc.) getrennt zu betrachten und zu bewerten. Wie der geschilderte Fall rechtlich genau zu beurteilen ist, hängt von den einzelnen Gegebenheiten und dem abgeschlossenen Vertrag ab.
1.) Ansprüche infolge einer Gepäckverspätung? Sind Telefonkosten ersatzfähig?
Nach Art. 19 Montrealer Übereinkommen muss der Luftfrachtführer für alle Schäden aufkommen, die dem Reisenden durch eine Gepäckverspätung entstehen. Das sind üblicherweise die Kosten für eine Ersatzgarderobe, aber auch etwa Telefonkosten (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 01.06.2011, Az. 20A C 359/10).
Wichtig ist hier, dass die Telefonkosten auch als Schaden angezeigt werden und der Anspruch auf Ersatz dieser Kosten geltend gemacht wird!
Dabei ist das Montrealer Übereinkommen nur auf die Kompensation materieller Schäden gerichtet, und nicht wie das BGB, auch auf die Wiedergutmachung immaterieller Schäden. Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude kann daher nur gemäß § 651 f Abs. 2 BGB verlangt werden. Ob das BGB zur Anwendung kommt hängt davon ab, ob es sich bei der gebuchten Reise um eine Pauschalreise handelt, oder um eine Individualreise.
Wenn das Pauschalreiserecht (§ 651 a-m BGB) zur Anwendung kommt, und die Reise durch die Gepäckverspätung auch vereitelt wird oder erheblich beeinträchtigt wurde, dann kann der Passagier zudem Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude verlangen. Wann diese Forderung tatsächlich gerechtfertigt ist, entscheidet im Streitfall das Gericht nach Würdigung der jeweiligen Umstände.
Der Ersatz wegen entgangener Urlaubsfreude kann z. B. gerechtfertigt sein, wenn sich das Gepäck um mehrere Tage verspätete, oder durch das fehlende Gepäck an geplanten Ausflügen und Programmpunkten mangels entsprechender Kleidung oder Ausrüstung nicht teilgenommen werden konnte (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 05.06.2007, Az. 2-24 S 44/06).
Anders hingegen kann eine kurze Gepäckverspätung von 1 Tag als bloße Unannehmlichkeit gewertet werden und keine Schadensersatzansprüche begründen (vgl. AG Ludwigsburg, Urteil vom 20.06.1995, Az. 2 C 1368/95). Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude kann auch verneint werden, wenn das fehlende Gepäck leicht ersetzt werden kann, oder auch mit der Ersatzgarderobe an den geplanten Aktivitäten ohne größere Beeinträchtigung teilgenommen werden kann.
2.) Muss das Gepäck nachgeliefert werden, oder können zumindest die infolge der Gepäckabholung entstandenen Kosten zurückverlangt werden?
Grundsätzlich gilt: Mit Vertragsschluss verpflichtet sich die Fluggesellschaft zur mängelfreuen Personen- und Gepäckbeförderung, der Passagier verpflichtet sich gleichzeitig zur Kaufpreiszahlung. Es wird also zur Aufgabe der Fluggesellschaft, das Gepäck zu transportieren und dem Fluggast am Zielflughafen auch wie geplant auszuhändigen. Kann die Fluggesellschaft dies nicht, so muss sie auch die Folgen davon in Kauf nehmen; der Luftfrachtführer bleibt verpflichtet, das Gepäck dem Passagier zu übergeben und muss ihm dieses daher nachschicken. Aus einer Pflichtverletzung der Fluglinie kann sich keine Verpflichtung des Reisenden ergeben, das Gepäck selbst abzuholen.
Für den Fall, dass dies dennoch vom Reisenden (unberechtigter Weise) erwartet wird (vgl. AG Rüsselsheim, Urteil vom 27.07.2010, Az. 3 C 1433/08 (32)), kann nicht verlangt werden, dass er auch noch die Kosten für die Gepäckabholung zahlt. Der Reisende kann also die Fahrkosten zum Flughafen zurückverlangen. Darüber hinaus verschieben sich in diesem Fall auch die Fristen für eine Schadensanzeige, da von dem Vertragspartner nicht verlangt werden kann, das Gepäck umgehend abzuholen, wenn dieser etwa berufstätig ist.