Hallo zusammen,
bevor die Ansprüche festgelegt werden muss erstmal geklärt werden, wer überhaupt (A) Ansprechpartner ist: Die Fluggesellschaft, oder der Reiseveranstalter? Da ihr weiter als Familie recht viele Ausgaben hattet stellt sich nicht nur die Frage, welche (B) Ansprüche ihr infolge der Gepäckverspätung habt, sondern auch, ob es (C) Haftungsgrenzen gibt.
(A) Der richtige Ansprechpartner
Wer Anspruchsgegner, oder auch „Passivlegitimierter“ ist, hängt davon ab, ob ein Pauschalreisevertag, oder ein Nur-Flug-Vertrag (Individualreise) abgeschlossen wurde.
Bei einer Pauschalreise wird ein ganzes Paket an Reiseleistungen (Flugbeförderung, Unterkunft, Verpflegung, etc.) bei einem Reiseveranstalter gebucht. Dieser ist dann auch der richtige Anspruchsgegner bei Mängeln jeder Art, darunter auch bei Problemen mit dem Gepäck. Anspruchsgrundlage ist das Pauschalreiserecht der §§ 651 a-m BGB.
Bei einem Nur-Flug-Vertrag (Individualreise) bucht der Passagier die Flugbeförderung unabhängig von anderen Reiseleistungen. Anspruchsgegner: Die Fluggesellschaft. Bei Gepäckschäden jeder Art (Beschädigung, Verlust, Verspätung) kann sich der Betroffene auf seine Rechte aus dem Montrealer Übereinkommen berufen.
(B) Ansprüche bei einer Gepäckverspätung
Die bestehenden Ansprüche sind abhängig von der vorliegenden Vertragsart. Zusammengefasst bestehen folgende Ansprüche:
1.) Pauschalreise
- Schadensersatz für Kosten für die Ersatzeinkäufe gem. § 651f Abs. 1 BGB
- prozentuale Reisepreisminderung für jeden Tag, an dem das Gepäck nicht zur Verfügung stand gem. § 651 d BGB
- Schadensersatz für vergangene Urlaubsfreude ab einer Gepäckverspätung von 6 Tagen bei tatsächlich erheblicher Beeinträchtigung gem. § 651f Abs. 2 BGB
2. Nur-Flug-Vertrag
- Schadensersatz für Schaden, der durch Verspätung entstand (notwendige Ersatzeinkäufe) gem. Art. 19 Montrealer Übereinkommen
Anmerkung: Das Montrealer Übereinkommen ist nur auf den Ersatz materieller Schäden gerichtet und kennt keinen Schadensersatz infolge vergangener Urlaubsfreude oder nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Pauschalreisende sind in diesem Aspekt bessergestellt.
Ersatzfähig sind grundsätzlich nur solche Einkäufe, die auch notwendig waren - übermäßige, unangemessene Ausgaben müssen nicht ersetzt werden. Vgl. hierzu AG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2013, Az. 29 C 2518/12 (19) (zu finden als erstes in der Ergebnisliste nach der google-Sucheingabe „29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki“): Der Klägerin wurde u. a. der Kostenersatz für Abendschuhe und eine Strandtasche verwehrt.
(C) Haftungsgrenzen
Die jeweilige Anspruchsgrundlage bestimmt auch die Haftungsgrenze
1.) Pauschalreise
Bei Pauschalreiseverträgen ist die Haftungsgrenze des § 651h BGB zu beachten: Möglich ist eine vereinbarte Haftungsbeschränkung auf das Dreifache des Reisepreises. Darüber hinaus kann sich der Reiseveranstalter auch auf die Haftungsbeschränkungsregeln des Montrealer Übereinkommens (siehe als nächstes) berufen.
2.) Nur-Flug-Vertrag
Hier gilt die Haftungsgrenze des Art. 22 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen von 1.131 Sonderziehungsrechten je Reisender (!) – Es sind die jeweils erlittenen Schäden also getrennt je Reisenden zu betrachten, und für jeden Betroffenen eine einzelne Haftungsgrenze anzusetzen, auch wenn die Reisenden sich ein Gepäck teilten.