Hallo,
du hast mit Condor einen Flug mit der Flugnummer DE 2291 von CPT nach FRA gebucht. Planmäßig sollte das Flugzeug um 18:10 Uhr den Flughafen in Capetown verlassen und um 05:25 Uhr in Frankfurt landen. Leider kam es jedoch wegen einer defekten Bremse zu einer enormen Verzögerung. Zuerst musstest du das Flugzeug mit deiner Familie wieder verlassen und am nächsten Tag wieder am Flughafen anreisen und dann kam noch eine zusätzliche Verspätung hinzu. Insgesamt seid ihr dann erst mit einer Verspätung von 30 Stunden in Frankfurt gelandet.
Ich möchte nun auf deine jeweiligen Fragen eingehen. Dies ist natürlich nur meine persönliche Ansicht und stellt keinen Rechtsrat dar.
(1) Muss Condor die Flugentschädigung zahlen, auch wenn eine defekte Bremse am Flugzeug Schuld an der Verspätung war?
Wie bereits korrekt festgestellt wurde, könnte ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 VO bestehen. Die Haftung der Fluggesellschaft kann jedoch ausgeschlossen sein, wenn eine Exkulpation nach Art.5 Abs. 3 VO möglich ist. Art. 5 Abs. 3 VO verlangt, dass die Flugverspätung/ Annullierung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführen ist, welcher auch dann nicht vermeidbar gewesen wäre, wenn die Fluggesellschaft alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätte.
Ich stimme dir dahingehend zu, dass ich eine defekte Bremse unter die Thematik des technischen Defekts subsumieren würde. Bezüglich dieser Thematik gibt es eine Vielzahl an Rechtsprechungen. Die meisten kommen zu dem Schluss, dass ein technischer Defekt nur in äußerst seltenen Fällen einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Dies ist schon allein auf den Fakt zurückzuführen, dass der Flugbetrieb technische Probleme mit sich bringt. Daher sehen sich Luftfahrtunternehmen im Rahmen ihrer Tätigkeit gewöhnlich solchen Problemen gegenübergestellt. Ein außergewöhnlicher Umstand könnte sich höchstens bejahen lassen, wenn durch Sabotageakte oder terroristische Handlungen ein Schaden an einem Flugzeug verursacht wird oder ein unerwarteter Fabrikationsfehler seitens des Herstellers auftritt.
EuGH, Urteil vom 17.09.2015 Az. C-257/14 (Das ist ein äußerst aktuelles und interessantes Thema im Bereich der Fluggastrechte. Ganz einfach zu finden, wenn du „EuGH C 257/14 bei reise-recht-wiki“ eingibst)
In dem Urteil geht es genau um die beschriebene Problematik. Falls du nähere Informationen dazu sammeln willst, kann ich es nur empfehlen.
Meiner Ansicht nach stellt eine defekte Bremse keinen solchen außergewöhnlichen Umstand dar, sodass sich Condor meiner Meinung nach nicht auf Art. 5 Abs. 3 VO berufen kann. Folglich müsste die Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 Abs. 1 VO gezahlt werden.
(2) Müssen auch die 310 €, die ihr selbst für Taxi, Essen und Hotel bezahlt habt von Condor erstattet werden?
Diesen Punkt sehe ich persönlich etwas kritisch. Sicherlich bestehen grundsätzlich Ansprüche aus § 9 VO.
Art. 9 Anspruch auf Betreuungsleistungen.
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls
– ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
– ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
(2) Außerdem wird den Fluggästen angeboten, unentgeltlich zwei Telefongespräche zu führen oder zwei Telexe oder Telefaxe oder E-Mails zu versenden.
(3) Bei der Anwendung dieses Artikels hat das ausführende Luftfahrtunternehmen besonders auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen sowie auf die Bedürfnisse von Kindern ohne Begleitung zu achten.
Hier werden alle von euch genannten Punkte aufgezählt. Mahlzeiten, Hotelunterkunft und der entsprechende Transport sind von der Fluggesellschaft bereitzustellen. Es liegt jedoch in der Aufgabe der Fluggesellschaft den Transport und das Hotel zu organisieren. Würde man rein hypothetisch annehmen, dass jeder Gast eigenhändig ein Hotel auswählt und selbstständig mit dem Taxi dorthin fährt, wäre dies meiner Ansicht nach mit unzumutbaren Kosten für die Fluggesellschaft verbunden. Anders wäre es natürlich, wenn die Airline keine Unterkunft und keinen Transport als Betreuungsleistung angeboten hätte. Darauf wolltet ihr aber nicht warten. Ihr habt euch selbstständig entschieden ein Hotel zu buchen und dorthin zu fahren. Ich nehme daher an, dass Condor nicht verpflichtet ist, auch diese Kosten zu erstatten.
(3) Darf Condor einen Gutschein geben?
Grundsätzlich darf die Condor die Ausgleichszahlung mittels eines Gutscheines vornehmen. Die möglichen Zahlungsarten sind in Art. 7 Abs. 3 VO aufgelistet. Darin heißt es:
„(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen“
Mithin ist der Fluggast nicht verpflichtet die Ausgleichszahlung in Form eines Reisegutscheins anzunehmen.
Dies bestätigt auch folgendes Urteil beispielhaft:
AG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.10.2010, Az. 29 C 1352/10 (zu finden nach der google-Sucheingabe „reise-recht-wiki AG Frankfurt 29 C 1352/10“)
Hier hat das Gericht entschieden, dass ein Fluggutschein nicht angenommen werden muss. Als Kommentar zu dem von der Fluggesellschaft angebotenen Fluggutschein hieß es, dass „Außergerichtliche Vergleichsversuche, die unter anderem eine Entschädigung in Form von Fluggutscheinen beinhalteten, scheiterten, da die Flugreisenden Barzahlung begehrten.“
Demnach könnt ihr den Gutschein annehmen, müsst es aber nicht.
(4) Kann die Entschädigung als Überweisung gefordert werden?
Ja, gemäß Art. 7 Abs. 3 VO ist es möglich die Ausgleichszahlung in Form einer Überweisung zu erhalten. Aufgrund vorheriger Ausführung denke ich, dass ihr eine Überweisung in Höhe von 2400 Euro fordern könnt.